Wenn wir uns in der Linguistik mit Kommunikation beschäftigen, steht meistens Sprache im Mittelpunkt. Der Mensch hat daneben aber noch jede Menge andere Möglichkeiten, sich mitzuteilen: mit Gesten, Mimik oder Geräuschen. Ein Räuspern oder Husten kann die Dinge manchmal hervorragend auf den Punkt bringen. Kein Wunder also, dass das Husten auch innerhalb der Sprache eine große Rolle spielt.
Abgesehen vom wohlplatzierten Hinweishusten möchte man unbequeme Lungenkrämpfe eigentlich lieber vermeiden. Wenn sie doch kommen, dann zumeist unfreiwillig. Und so haben die germanischen Sprachen eine Redewendung daraus gemacht. Beispielsweise heißt es in der Debatte um die skandalöse Umfinanzierung im niederländischen Wissenschaftssystem:
Er moet 100 miljoen euro geïnvesteerd worden in bètawetenschappen en techniek; de alfa-, gamma- en medische wetenschappen moeten het ophoesten. (Het Parool)
Wortwörtlich kann man den Satz nicht ins Deutsche übersetzen. Dass die Geistes- und Sozialwissenschaften 100 Millionen ‚aufhusten‘ sollen, versteht man vielleicht intuitiv, ein etablierter Ausdruck ist das aber nicht. Ganz im Gegenteil zum Englischen, zum Norwegischen und Schwedischen:
Walmart Will Cough Up $282 Million To Put Years-Long Bribery Investigation Behind It (Forbes)
Resultatet var åtte fartssyndere som må hoste opp kroner til statskassa. (Altaposten)
Das Ergebnis [der Verkehrskontrolle] waren acht Geschwindigkeitssünder, die jetzt Geld für die Staatskasse aufhusten müssen.
Juventus på jakt – behöver hosta upp 440 miljoner kronor (Aftonbladet)
Juventus ist auf Jagd – und muss 440 Millionen Kronen aufhusten
Friesisch macht auch mit (wobei ich nicht beurteilen kann, ob das eine neuere Lehnübersetzung aus dem Niederländischen ist – aber eigentlich spielt das ja auch keine Rolle, Friesisch ist es trotzdem):
Dat jild kinne de hjoeddeiske mediabedriuwen net mear ophoastje. (Blog)
Das Geld können die heutigen Medienunternehmen nicht mehr aufhusten.
Zur Abwechslung setzt das Dänische noch eine Präposition dazu:
Bilister skal hoste op med 1.100 kroner for 36 kilometer (Politiken)
Autofahrer sollen mit 1.100 Kronen für 36 Kilometer aufhusten.
Dass eine solche Redewendung sprachübergreifend funktioniert, ist nicht ungewöhnlich. Die Metapher ist schließlich relativ einfach und unabhängig von der Sprache zu erschließen. Soweit ich das beurteilen kann – die Nuancen können durchaus abweichen – scheint der Ausdruck überall eher salopp zu sein, vielleicht auch etwas ironisierend oder polemisch. Deshalb erstaunt es ein wenig, dass die verwandten Sprachen rundherum dieselbe Formel kennen, nur das Deutsche nicht.
Verweigert man sich einer Forderung, greift aber auch auf Deutsch eine passende Redewendung – die es auch auf Niederländisch gibt: Was, wenn die Geistes- und Sozialwissenschaften der niederländischen Regierung was husten?
Tags: Auf Deutsch, der menschliche Körper