Studierende online motivieren und begleiten – Gedanken zu einem Webinar

Nachdem ich gut in das kreative Sommersemester 2020 gestartet bin, wollte ich mich intensiver damit beschäftigen, wie im virtuellen Raum eine positive Lernatmosphäre gestaltet werden kann und wie Studierende auch in asynchronen Lehr- und Lernformaten aktiviert und begleitet werden können. Hierzu besuchte ich ein Webinar, das vom SUPPORT für die Lehre der Freien Universität angeboten wurde, zum Thema ‚Studierende online motivieren und begleiten‘.

Die Frage, die sich mir hier natürlich zunächst stellte, war, was überhaupt aus der On-Campus-Lehre in den virtuellen Raum übertragbar ist. Dabei stellte ich für mich fest, dass ich Live-Sitzungen zwar durchaus in ähnlicher Weise für Austausch und Diskussion nutzte, aber dass ich diesen Live-Sitzungen viel mehr ‚Sinn‘ geben wollte.

Ich wollte nicht einfach jede Woche eine synchrone Sitzung durchführen, in der ich Impulsvorträge gebe und wir dann in der Runde mit den Studierenden zum Austausch über Texte übergehen, die zuvor durchzuarbeiten waren. Überhaupt ist das eine Form des Lehrens, die mir selbst gar nicht so zusagt. Natürlich sehe ich den Nutzen im mündlichen Austausch über Primär- oder Sekundärtexte; und ich halte dies sogar für einen Kernaspekt des Studiums. Dies aber eins-zu-eins in den virtuellen Raum übertragen zu wollen, halte ich für eine Verschwendung des Potenzials, das Lehre und Lernen im virtuellen Raum bietet.

Das Potenzial des Lehrens und Lernens im virtuellen Raum sollte nicht verschwendet werden, indem man auf Biegen und Brechen versucht, das übliche oder ’normale‘ Präsenzstudium auf dem Campus einer Universität durch wöchentliche 90-minütige Live-Sitzungen zu übertragen.

Meine Meinung

Also versuchte ich, den synchronen Live-Sitzungen jeweils einen ‚Sinn‘ zu geben, und – zugegeben – bei manchen Lehrveranstaltungen empfand ich es als überhaupt nicht notwenig, eine Live-Session zu durchzuführen, wie ich es sonst in einem Unterrichtsraum tun würde. Dies war schlichtweg nicht der Ansatz, den ich in diesem Semester verfolgte – wie ich überhaupt meinen Unterricht selten so gestalte, dass ich wie ein Theaterschauspieler auf einer Bühne etwas präsentiere und die Studierenden nur zuschauen und konsumieren. Ich sehe Studierende nicht als bloße Konsumenten.

Studierende sind für mich nicht bloße Konsumierende, denen man Inhalte präsentiert als wäre man ein Schauspieler auf einer Theaterbühne.

Meine Meinung

Ich finde, Studierende sollten die Möglichkeit haben, ihr Studium mitzugestalten, das heißt in Lehrveranstaltungen nicht nur ‚aktiv‘ Arbeitsaufträge vollführen, um im Campus Management die aktive Teilnahme bestätigt zu bekommen und später die Modulprüfung erfolgreich zu absolvieren; nein, es bedeutet, die Lehrveranstaltung mit ihnen zu designen, sich auf die Studierenden einzulassen und mit der Erfahrung, die man als Lehrender hat, Kurse zu schaffen, die verschiedene Denkansätze eröffnen und kritisches Reflektieren ermöglichen, ohne auf eine bestimmte ‚Wahrheit‘ oder eine Reihe von Fakten hinzuarbeiten.

Aus diesem Grund tat ich mich mit den Methoden, die uns im Webinar ‚Studierende online motivieren und begleiten‘ geboten wurden, schwer, auch weil sie vor allem auf das Motivieren in synchronen Live-Sitzungen abzielten. Ich empfand meine eigenen Live-Sitzungen aber als purposeful genug, auch weil ich eher zu wenige als zu viele angesetzt hatte – jeweils mit konkreten Arbeitsaufträgen verbunden und eingebettet in den Ablauf der jeweiligen Lehrveranstaltung. Dies war vor allem in der sprachpraktischen Übung ‚Übersetzen aus dem Arabischen und ins Arabische‘ im Masterstudiengang Arabistik der Fall, wo die Live-Sessions jeweils dazu dienten, die Übersetzungen zu diskutieren. Die Frage der Motivation stellte sich aus meiner Perspektive hier gar nicht; Tools wie Mentimeter konnte ich hier nicht anwenden.

In andere Kursen, zum Beispiel im Seminar ‚Araber und Orient in Hollywood‘ im Bachelorstudiengang ‚Geschichte und Kultur des Vorderen Orients, Schwerpunkt Arabistik‘, waren eher sprechstundenartige Live-Sitzungen nötig; der Austausch fand intensiv und ausführlich in schriftlicher Form im Diskussionsforum in Blackboard statt. Auch hier stellte sich die Frage der Motivation nicht.

Dennoch denke ich, dass Tools wie Mentimeter oder Pingo eine gute Möglichkeit sein könne, überhaupt eine Session – egal ob on-campus oder online – abwechslungsreicher zu gestalten. Gerade bei Einführungskursen kann ich mir gut vorstellen, dass das Erstellen einer Word-Cloud mit hilfe von Mentimeter praktisch sein kann, um Vorwissen zu sammeln. Ich denke, dass ich dies einmal im nächsten Semester testen werde.

Sessions kleinteilig zu designen, hilft dabei, sich den Mehrwert von Formen der aktiven Teilnahme für die Studierenden zu vergegenwärtigen.

Meine Meinung

Abgesehen davon kann es durchaus sinnvoll sein, eine Session kleinteilig zu sezieren und zu designen – fast schon wie ein Drehbuch, wobei natürlich Spielraum für Spontaneität gelassen werden sollte. Sich mehr Gedanken über den Ablauf einer einzelnen Session zu machen, hilft aber auch, den Sitzungen und ihren Einzelteilen einen Sinn zu geben, etwa was das Erlangen von Kompetenzen oder das Vermitteln von Inhalten angeht.

Meiner Meinung nach muss es einem als Lehrender gelingen, den Studierenden den Mehrwert in Formen der aktiven Teilnahme, Aufgaben oder überhaupt in der Teilnahme an Live-Sitzungen zu vermitteln. Wenn einem dieser Mehrwert selbst nicht klar ist, sollte man überlegen, ob bestimmte Arten des Lehrens oder bestimmten Aufgaben überhaupt sinnvoll sind oder ob sie nur dazu dienen, dass man für sich selbst behaupten kann, man würde ‚lehren‘.

Ich für meinen Teil werde mich in Zukunft noch intensiver damit beschäftigen, wie ich Studierenden in meinen Kursen begreifbar machen kann, was ‚Studieren‘ überhaupt bedeutet und was aus den verschiedenen Aufgaben für sich mitnehmen. Das sind durchaus ’simple‘ Erkenntnisse wie dass es eine schier unschätzbare Kompetenz ist, ein Thema in einem eng abgesteckten Rahmen von 3000 oder 6000 Wörtern reflektiert zu betrachten und überzeugend zu argumentieren; ähnlich verhält es sich mit Wissens- oder Zeitmanagement.


Diskutieren in Studierendenrunde

Manche Ideen für die Online-Lehre im Kreativsemester erweisen sich dann doch nicht als so zündend wie gedacht – so zum Beispiel das schriftliche Diskutieren von Übersetzungsvarianten in der sprachpraktischen Übung Übersetzen aus dem Arabischen und ins Arabische im Masterstudiengang Arabistik.

Ursprünglich plante ich, die Argumentations- und Reflexionskompetenz hinsichtlich Übersetzungen, die für gewöhnlich in  in-class discussions stattfinden würde, ausschließlich in schriftlicher Form erproben zu lassen, nämlich im Diskussionsforum im Blackboard. Hinzu sollten monatliche Live-Sessions von ca. 60 Minuten kommen, in denen die Forenkommentare aufgegriffen und noch einmal mündlich reflektiert werden sollten.

Schriftliches Diskutieren in einem Forum funktioniert nicht in allen Lehrveranstaltungskontexten

Allerdings fällt es gar nicht so leicht, schriftlich über die eigene Übersetzung sowie die Vorschläge von Mitstudierenden zu diskutieren, sodass im Prinzip nur einmal jede/r Teilnehmende auf meine Initialfragen zu den Übersetzungsvorschlägen antwortete – und dann verstummten die Diskussionen. Das mag daran liegen, dass wir Übersetzungen – sowohl die eigenen als auch die von anderen – für gewöhnlich nicht ‚reviewen‘, und schon gar nicht in schriftlicher Form. Sich mündlich zu einem Übersetzungsvorschlag zu äußern, fällt vergleichsweise leicht; es zu verschriftlichen erfordert andere Kompetenzen. Möglicherweise hat man das Gefühl, logischer argumentieren zu müssen, einen reißfesten roten Faden im geschriebenen Übersetzungskommentar weben zu müssen. Zumindest hat die zurückhaltende Beteiligung im Diskussionsforum in dieser Lehrveranstaltung gezeigt, dass sich die sonst mündlich und synchron in face-to-face-Veranstaltungen doch rege Beteiligung nicht einfach in den schriftlichen und asynchronen Raum eines Diskussionsforums in Blackboard übertragen lässt.

Schriftlich Kollaborieren – eine Herausforderung

Auch das Kollaborieren an einer Übersetzung mit Hilfe eines Wikis in Blackboard ist eher ungewohnt. Was vielleicht in der Arbeitsgruppe im face-to-face-Unterricht noch gut funktioniert, stößt in schriftlicher Form schlicht an seine Grenzen:

Übersetzungsvarianten vorschlagen, kommentieren, redigieren, Vokabeln nachschlagen und deren Bedeutungen besprechen, das ‚richtige‘ Wort auswählen, andere Wörter ausschließen, Wortstellungen umformen, … das alles zu verschriftlichen ist ein hoch gestecktes Lernziel, das ohne nötige Vorbereitung eigentlich nicht zu erreichen ist.

Aus diesem Grund entschied ich mich, die mündliche Diskussion in anderer Form zu ermöglichen.

Live-Diskussionsrunden ja, aber zunächst ohne mich!

Ich wollte aber den ursprünglichen Gedanken, dass die Studierenden untereinander diskutieren und gemeinsam an einer Übersetzung arbeiten, beibehalten; und so hatte ich die Idee, dass sich die Studierenden zunächst eine Woche vor unserer gemeinsamen Live-Sessions in einer rein studentischen Sitzung – also ohne mich!* – zusammenfinden, um gemeinsam ihre Übersetzungen zu besprechen und sich auf eine Variante zu einigen, die wir dann in der gemeinsamen Sitzung diskutieren würden.

So hatte ich in Cisco WebEx einen Raum und eine Sitzung angelegt, in der jede Person mit Host-Rechten in Cisco WebEx Host dieser Sitzung sein konnte – und Studierende der Freien Universität haben diese Möglichkeit ja! Die Daten stellte ich entsprechend in Blackboard ein und hoffte schlichtweg, dass sich die Studierenden auch tatsächlich zu dem genannten Termin einfinden würden und zusammen arbeiten würden.

Meine Hoffnungen wurden nicht enttäuscht, wie sich in der gemeinsamen Live-Session diese Woche zeigte. Ich habe in der Arabistik selten so einen spannenden Austausch über Übersetzungsvarianten erlebt. Es war unglaublich bereichernd, die Gedanken der Studierenden zu Übersetzungsvarianten zu hören. Auch wenn die ursprüngliche Idee war, diese Reflexion zu verschriftlichen, so zeigte mir die Live-Session doch, dass Übersetzungskurse auch in Online-Form funktionieren können, wenn man einen entsprechenden asynchronen Rahmen schafft und ggf. auch Flexibilität hinsichtlich der Austauschmöglichkeiten von Studierenden.

Der neue Ablaufplan für diesen Kurs

Natürlich erforderte das Einschieben einer studentischen Diskussionsrunde ein Umbauen des Semesterplans, sodass dieser für die zweite und dritte Runde an Texten nun wie folgt aussieht:

  • bis 26.5.2020 – Texte zur Übersetzung im Wiki einstellen (oder an Dozentin übermitteln, die sie dann anonym einstellt) – II (Arabisch–Deutsch)
  • bis zum 1.6. – Texte zur Übersetzung im Wiki einstellen (oder an Dozentin übermitteln, die sie dann anonym einstellt) – II (Englisch/Deutsch–Arabisch)
  • 2.6.2020 – 2. Diskussion in Studierendenrunde (= 4. Live-Session)
  • bis 8.6.2020 – Einstellen der kollaborativ erarbeiteten Übersetzung im Wiki
  • 9.6.2020 – 5. Live-Session zur Besprechung der Übersetzungsvorschläge II; 2. Evaluation des Prozederes
  • bis 16.6.2020 – Texte zur Übersetzung im Wiki einstellen (oder an Dozentin übermitteln, die sie dann anonym einstellt) – III
  • bis 22.6.2020 – Einstellen der kollaborativ erarbeiteten Übersetzung im Wiki
  • 23.6.2020 – 3. Diskussion in Studierendenrunde (= 6. Live-Session)
  • bis 29.6.2020 – Einstellen der kollaborativ erarbeiteten Übersetzung im Wiki
  • 30.6.2020 – 7. Live-Session zur Besprechung der Übersetzungsvorschläge III; 2. Evaluation des Prozederes; Vorbereitung auf mündliche Prüfung
  • bis 14.7.2020 eigenständige Vorbereitung der Texte mit eigenständiger Diskussion im Forum und ggf. in studentischen Diskussionsrunden
  • 14.7.2020 mündliche Prüfung/Fachgespräch*: Übersetzen von 2 zufällig ausgewählten Texten (je einer pro Richtung), Gespräch über die Übersetzung, Gespräch über Methoden des Übersetzens allgemein

Insgesamt nehmen die Studierenden in dieser Lehrveranstaltung also an 7 synchronen Sessions teil; der Rest ist intensives, eigenständiges Arbeiten an den Übersetzungen.**


*Dem Gedanken, dass ‚weniger Dozent‘ dem Lern- und Erkenntniserfolg unter Umständen – wie solchen eines Online- und Kreativsemesters – ganz zuträglich ist, widme ich in den kommenden Tagen oder Wochen einen eigenen Beitrag.

**Warum mir dieses intensive und eigenständige Arbeiten – damit also die Erhöhung des Selbststudienanteils in dieser Lehrveranstaltung im Vergleich zur face-to-face-Variante desgleichen Kurses – sinnvoll erscheint unter den gegebenen Umständen und was das alles mit der Idee von ‚Gegenübersetzungen‘ zu tun hat, reflektiere ich in einem nächsten Beitrag.

Kolloquium online – zwischen Assassin’s Creed und Scheherazade

Im gestrigen Beitrag legte ich kurz dar, wie ich mir das Online-Kolloquium zum Modul Forschungsperspektiven der Arabistik vorstellte, nämlich als Mosaik aus Blog-Beitragen und Blog-Kommentaren Studierender zu verschiedenen ‚Gegenständen‘ der Arabistik (was auch immer man unter diesem Fach verstehen mag).

Die Idee dahinter ist unter anderem, den Studierenden mit diesem Kolloquium eine Lehrveranstaltung zu bieten, die asynchron und mit niedriger Bandbreite funktioniert. Es soll nur eine einzige Live-Session geben, einfach um die Studierenden in den Kurs einzuführen. Aber da selbst bei Veranstaltungen mit physischer Präsenz im Unterrichtsraum nie alle Studierenden zur ersten Sitzung kommen (können), werden die Informationen aus dieser Live-Session im Nachhinein ebenfalls asynchron präsentiert, als kurzes Skript oder in Form von FAQs.

Heute möchte ich einige Gegenstände präsentieren, die mir so einfielen, als ich mich mit der Umsetzung des Kolloquiums im virtuellen Raum beschäftigte. Ziel ist es, bis zum Ende der Vorlesungszeit jeweils wöchentlich 10 Gegenstände zu präsentieren, denen sich die Studierenden in Form von kurzen, essayistischen Blog-Beiträgen und/oder Kommentaren (nicht länger als 500 Wörter) nähern. Die Studierenden sollen unter Einbezug literatur-, sprach- oder kulturwissenschaftlicher Theorien und Methoden erste Ideen für die wissenschaftliche Bearbeitung ausgehend vom jeweiligen Gegenstand entwickeln. Dabei müssen sie nicht jeden der 10 Gegenstände selbst in einem Blog-Beitrag erkunden; sie können sich auch konstruktiv zu den Ideen anderer in Form von Blog-Kommentaren äußern und üben damit das kritische Reflektieren anderer Denkansätze.

Die Nummerierung der folgenden Gegenstände deutet weder auf eine Bevorzugung meinerseits noch auf die Reihenfolge, in der sie im Kolloquium zur Sprache kommen werden.

1. Gegenstand

Dieses Video: „Arabic always sounds the same! – Guess my dialect #1“.

2. Gegenstand

Die Regenhymne des irakischen Dichters Badr Šākir as-Sayyāb (eng. Übersetzung).

3. Gegenstand

Was auf diesem Bild zu sehen ist, nämlich Bögen des Alcázar von Sevilla:

Photo by Clark Van Der Beken on Unsplash

 

 

 

 

 

 

 

 

4. Gegenstand

Dieser Auszug aus Assassin’s Creek.

5. Gegenstand

Dieser Auszug aus Rimsky Korsakovs symphonischer Suite Scheherazade.


Diese Gegenständen sollen nur als Inspiration dienen – für mich und für die Studierenden. Unter Umständen kommen sie im Kolloquium dann letztendlich gar nicht vor.

Folgende Stichwörter fallen mir bei den präsentieren Gegenständen ein (in unbestimmter Reihenfolge):

  • Diglossie;
  • Mythos;
  • Arabeske;
  • Was ist Arabisch?
  • T.S. Eliots The Waste Land;
  • Hochsprache;
  • al-Andalus;
  • Intertextualität;
  • freie Verse;
  • Übersetzung;
  • Rahmengeschichte;
  • Orientalismus;
  • Standardsprache;
  • 1001 Nacht;
  • Phonologie;
  • Gérard Genette;
  • arabische Folklore;
  • ein Artikel von Otto Jastrow: „Das Spannungsfeld von Hochsprache und Dialekt im arabischen Raum“;
  • erzählen um zu überleben;
  • Narratologie;
  • oral poetry;
  • Transtextualität;
  • Charles A. Ferguson;
  • Phonetik;
  • othering;
  • Mudéjar-Architektur;
  • Adaption;
  • Mosaik;
  • social media;
  • Wer ist ‚Araber‘?
  • Kalligraphie;
  • Frauen in arabischer Literatur;
  • Bilderverbot;
  • gender;
  • Soziolinguistik;

Die Liste könnte endlos weitergehen und soll nur einen Einblick darin geben, was sich alles mit einzelnen Gegenständen verknüpfen lässt und in welche Richtungen sich wissenschaftliche Bearbeitungen bewegen können.

Bestenfalls produzieren die Studierenden kurze schriftliche Umkreisungen solcher Gegenstände und erlernen oder üben dabei, auf ihre im Studium bereits erworbenen Kenntnisse verschiedener Theorien und Methoden, die in der Arabistik Anwendung finden können, zurückzugreifen und damit erste Ideen zu entwickeln, wie mit solchen Gegenständen wissenschaftlich umgegangen werden kann und wie daraus vielleicht eine Fragestellung kondensiert werden kann.

Im Prinzip sind Gedankenausflüge in jegliche Richtungen erlaubt und ich lasse mich gern von den Studierenden überraschen!

Kommentare sind jetzt schon willkommen.

Kolloquium online als mosaikartiges Blog – erste Ideen

Meinen Beitrag zu unaufgeregten Online-Lehrformen aufgreifend möchte ich kurz erste Ideen für die Lehr- und Lernform „Kolloquium“ präsentieren.

Es geht um folgenden Kurs:

  • Kurstitel: Arabistik als Literatur-, Sprach- und Kulturwissenschaft
  • Lehr- und Lernform: Kolloquium
  • zugehörig zum Modul: Forschungsperspektiven der Arabistik
  • Studiengang: MA Arabistik
  • Fachsemester: 3

Qualifikationsziele und Kursinhalte

Laut Studien- und Prüfungsordnung dienen Kolloquien der Präsentation und Diskussion selbstständig erarbeiteter Fachkenntnisse insbesondere zur Vorbereitung auf die Masterarbeit sowie der Vertiefung methodischer und theoretischer Zugänge für eigene Fragestellungen.

Meiner Meinung nach sollten Kolloquien fester Bestandteil von Vertiefungsphasen sowohl in Bachelor- als auch in Masterstudiengängen sein; bestenfalls dienen sie dabei nicht nur der Vorbereitung auf die Abschlussarbeit, sondern trainieren allgemein die Kompetenz, eigene und fremde Ansätze zu reflektieren, in Austausch über Ideen zu treten und diese verständlich zu präsentieren.

Aus diesem Grund habe ich im Vorlesungsverzeichnis explizit darauf hingewiesen, dass sich das Kolloquium, wie ich es angedacht habe, auch für Bachelorstudierende in der Vertiefungsphase eignet. Außerdem sind Arabischkenntnisse nicht unbedingt nötig, um die Qualifikationsziele für diese Lehrveranstaltung zu erreichen. Diese habe ich wie folgt gefasst:

  • Die Studierenden sind in der Lage, sich in Blog-Beiträgen in essayistischer Form verschiedenen Gegenständen der Arabistik als literatur-, sprach- und kulturwissenschaftliche Disziplin zu nähern;
  • sie können verschiedene Theorien und Methoden der Arabistik in ihrer disziplinären Breite anwenden, um erste Ideen für die wissenschaftliche Bearbeitung verschiedener Gegenstände zu entwickeln;
  • sie haben die Fähigkeit, sich in Blog-Kommentaren kritisch mit den Ideen anderer auseinanderzusetzen und diese knapp und konstruktiv in schriftlicher Form zu kommentieren;
  • sie haben ein Bewusstsein für die Etikette bei der Kommunikation in wissenschaftlichen Blogs.

Ich möchte versuchen, das in der Wissenschaftskommunikation durchaus verbreitete Bloggen für die Umsetzung dieser Lehrveranstaltungsform im  virtuellen Raum nutzbar zu machen und die Studierenden damit in Kontakt zu bringen. Inhaltlich liegt der Fokus dabei auf der Frage, wie theoretische und methodische Ansätze für die Arbeit mit Primärtexten und anderen kulturellen Zeugnissen fruchtbar gemacht werden können.

Die Kursinhalte lassen sich dementsprechend formulieren:

  • Die Studierenden entwerfen eigene Ideen zur wissenschaftlichen Bearbeitung von verschiedenen ‚arabistischen‘ Untersuchungsgegenständen in Form von Blog-Beiträgen;
  • sie üben die schriftliche Darstellung und Diskussion von Ideen und Ansätzen anderer in Form von Blog-Kommentaren;

Ich stelle mir den Ablauf der Lehrveranstaltung so vor, dass in regelmäßigen Abständen ein ‚Gegenstand‘ präsentiert wird, zu dem die Studierenden überlegen, wie dieser Gegenstand in einer schriftlichen Arbeit bearbeitet werden könnte:

  • Welche Fragestellungen ergeben sich?
  • Welche theoretischen und methodischen Ansätze eigenen sich?
  • Was für Sekundärliteratur findet sich?

Die Gegenstände werden variieren: vom Romantext, Manuskriptfolio oder Koranvers über Musikvideoclips, Hollywood-Filme oder Videogames, bis hin zu Inschriften, Architektur oder oral poetry. Die Studierenden werden ermuntert, selbst Vorschläge zu machen, die dann im Blog kommentiert werden und gegebenenfalls in einem Forum in Blackboard weiter diskutiert werden können.

Die Blog-Beiträge zur essayistischen Annäherung an die jeweiligen Gegenstände sollen eine Länge von 500 Wörtern* nicht überschreiten; es geht darum, eine gewisse Spontaneität und Bündigkeit im Umkreisen der Gegenstände zu bewahren, den Studierenden aber auch genug Raum zu einer gewissen methodischen und/oder theoretischen Entfaltung zu lassen. Blog-Beiträge sind keine wissenschaftlichen Hausarbeiten; als Dozentin möchte ich hier sehen, dass die Studierenden ihren Ideen verständlich verschriftlichen können und Reflexionsvermögen hinsichtlich der Ideen anderer zeigen. Dabei muss nicht jeder Gegenstand jede Woche von den Studierenden in Form eines Essay-Blog-Beitrags verarbeitet werden; die Fähigkeit zur Ideenentwicklung und konstruktiven Kritik kann sich ebenso in Blog-Kommentaren zeigen.

Was noch offen ist …

Länge der Blogbeiträge

Aktuell stelle ich mir vor, dass jede Woche ein neuer Gegenstand präsentiert wird. Allerdings möchte ich es den Studierenden überlassen, welche Gegenstände sie bearbeiten oder kommentieren.

Momentan gehe ich von 10 Gegenständen bis zum Ende des Semesters aus. Für die aktive Teilnehme sollen die Studierenden eine Anzahl (mindestens) x von diesen Gegenständen als essayistischen Blog-Beitrag bearbeitet.

Des Weiteren sollen sie in Form von Blog-Beiträgen Rückmeldung zu den Ideen anderer geben; auch hier habe ich mich noch nicht für eine Mindestanzahl von Kommentaren entschieden.

Live-Sessions

Aktuell habe ich nur eine Videokonferenz angesetzt, nämlich für die allererste Sitzung; aber auch das muss nicht unbedingt sein; weitere Sessions dieser Art sind aus meiner Sicht nicht geplant; ich stehe den Studierenden aber wie gewohnt in Video- und Chat-Sprechstunden während des Semesters zur Verfügung.

Im Prinzip teste ich mit diesem Szenario eine zurückhaltende Form der Online-Lehre, die gänzlich in einem asynchronen Format mit wenig Unmittelbarkeit und niedriger Bandbreite aufgeht. Ich hoffe, dass das Blog-Format genügend Anreize zur Kollaboration und zum Austausch bietet.

Öffentlichkeit des Blogs

Eigentlich plädiere ich für das direkte, spontane und jederzeit zugängliche Kommunizieren von Wissenschaft. Aus diesem Grund möchte ich für die Lehrveranstaltung ein öffentliches Blog anlegen, in dem ich die Studierenden als „Autoren“ hinzufüge, sodass sie ihre eigenen Blog-Beiträge und Kommentare selbst bearbeiten, veröffentlichen und löschen können.

Gleichzeitig möchte ich aber meine Studierenden nicht zur Öffentlichkeit zwingen. Daher habe ich überlegt, den Studierenden anzubieten, dass sie mir ihre Blog-Beiträge, sofern sie sie nicht selbst veröffentlichen, im Voraus schicken können (z. B. über die Tagebuchfunktion in Blackboard) und ich sie dann mit dem Hinweis ‚anonymer Blog-Beitrag‘ o. Ä. veröffentliche.

Gleiches gilt für Kommentare. Zwar könnte ich hier in den Diskussionseinstellungen der FU-(WordPress-)Blogs durchaus zulassen, dass Benutzer zum Kommentieren keinen Namen und keine E-Mail-Adresse angeben müssen; dies würde allerdings die Quantifizierung und Qualifizierung der aktiven Teilnahme der Studierenden beeinträchtigen.

In der ersten Sitzung werde ich mit den Studierenden die Frage nach öffentlicher Wissenschaftskommunikation und Themen wie open access und code of conduct beim Bloggen diskutieren.

Abschließend

Photo by Michael Humphries on Unsplash

Ich hoffe, dass sich möglichst viele Studierende in diesem Sommersemester an diesem Blog beteiligen; vielleicht hat es ja sogar darüber hinaus Bestand

Auch werde ich den Eröffnungsbeitrag derart offen gestalten, dass auch Gastkommentare (oder sogar Beiträge) von Studierenden anderer Fächer  willkommen sind, obwohl das Blog den Masterstudierenden der Arabistik explizit dazu dient, die aktive Teilnahme in einem Teil des Moduls Forschungsperspektiven der Arabistik zu erbringen. Den Austausch mit Studierenden anderer Fächer stelle ich nicht an erste Stelle, denke aber, dass dieser belebend wirken kann.

Am Ende des Semesters wird sich das Blog vermutlich als Mosaik von Ideen und Gedankengängen zu verschiedenen Themenfeldern der Arabistik und darüberhinaus zeigen – zumindest würde ich mich darüber freuen.

Ideen? Kommentare?

Liebe Mitlesende – ob Ihr nun Lehrende, Studierende, Wissen-Schaffende oder Wissen-Kommunizierende, Menschen in Leitungspositionen im Bereich Studium und Lehre, oder einfach nur Interessierte seid,

kommentiert gern meine Ideen hier!

Noch ist der Beginn der Vorlesungszeit wenige Wochen hin und da ich mich stets in Flexibilität übe, bin ich offen, inspiriert von frischen Ideen meine Kurspläne weiter zu verfeinern.


*Zum Vergleich: Dieser Beitrag hier hat knapp 1000 Wörter.

Das virtuelle Semester zum Thema machen

Heute möchte ich nur kurz ansprechen, warum ich mich dazu entschieden habe, nicht alle meine für den Präsenzunterricht im Sommersemester geplanten Themen in den virtuellen Raum zu übertragen, sondern die aktuelle Situation rund um online lernen und lehren tatsächlich auch zum Thema einer Lehrveranstaltung zu machen.

Eigentlich wollte ich in einer sprachpraktischen Übung im Masterstudiengang Arabistik einen Kurs zu literaturwissenschaftlichen Fachsprache im Arabischen geben – einen Kurs, den ich schon seit längerer Zeit unterrichten wollte. Allerdings habe ich diesen Kurs zugunsten eines Hauptseminars im Modul Forschungsperspektiven der Arabistik aufgegeben. Die Gründe dafür waren (mindestens) dreierlei:

  1. Die aktuelle Situation thematisieren: Nachdem spätestens am 24. März das „digitale“ Sommersemester ausgerufen wurde, war mir klar, dass ich diese besondere Situation in irgendeiner Weise mit den Studierenden thematisieren und diskutieren wollte. Im Modul Erweiterte und angewandte Sprachkompetenz Arabisch, in dem ich meinen Kurs zur literaturwissenschaftlichen Fachsprache im Arabischen eigentlich anbieten wollte und in dem ich im Sommersemester 2020 einen weiteren Kurs (Übersetzen aus dem Arabischen und ins Arabische) unterrichten werde, schien mir das nicht möglich. Also strich ich diesen Kurs gänzlich aus dem Curriculum und überlegte mir, ob es nicht spannend und erhellend – sowohl für die Studierenden als auch für mich – sein könnte, gemeinsam darüber nachzudenken, wie Arabistik online oder digital eigentlich funktionieren kann. So entstand das Hauptseminar Arabistik online – Wie geht das?, das diesem Blog auch seinen Titel gab – oder war es andersherum? Ich weiß es nicht mehr.
  2. Unterschiedliche Prüfer in einem Modul ermöglichen: Das Modul Erweiterte und angewandte Sprachkompetenz Arabisch besteht aus zwei von einander unabhängigen sprachpraktischen Übungen, die ich im Sommersemester 2020 beide unterrichtet hätte. Während ich bei Modulen mit Lehrveranstaltungskombinationen wie „Seminar“ plus „Lektürekurs“ oder „Grundkurs“ plus „Übung“ sehr wohl didaktisch Sinn darin sehe, dass sich die beiden Kurse im Sinne der Inhalte und Qualifikationsziele der Module aufeinander beziehen und dass es dementsprechend zuträglich sein kann, wenn beide Modulteile von ein und derselben Lehrkraft angeboten werden, liegt der Fall beim Modul Erweiterte und angewandte Sprachkompetenz Arabisch für mich anders: Meines Erachtens nach gebietet das Modul eine inhaltliche Diversität in den beiden Lehrveranstaltungen, die sich sehr gut verwirklichen lässt, wenn die beiden sprachpraktischen Übungen von unterschiedlichen Lehrkräften angeboten werden. Damit erhalten die Studierenden dann auch die Möglichkeit, sich für die mündliche Prüfung, mit der das Modul abgeschlossen wird, zwischen zwei Prüfern zu entscheiden – eine Wahlmöglichkeit, die ich als Mehrwert erachte.
  3. Ein Modul in Gänze anbietenMit dem Kurs Arabistik online – Wie geht das? vervollständige ich das Modul Forschungsperspektiven der Arabistik, wozu noch ein Kolloquium gehört. Zwar ist dieses Modul eigentlich für das dritte Fachsemester vorgesehen und müsste im Sommersemester gar nicht angeboten werden; da seit der Novellierung der Studien- und Prüfungsordnung des Masterstudienganges Arabistik im Jahr 2016 dieses Modul nur ein einziges Mal vollständig von der Arabistik angeboten wurde und Studierende des Masterstudienganges nachdrücklich Interesse an diesem Modul (inkl. des zugehörigen Kolloquiums) bekundet haben, sehe ich das kommende Sommersemester als eine gute Gelegenheit, dieser Nachfrage nachzukommen.

In einem Beitrag in den nächsten Tagen werde ich davon berichten, wie genau ich mir vorstelle, das „Digitale“ im Zusammenhang mit dem Studium der Arabistik in einem Kurs zu thematisieren, was die Lernziele dabei, und warum das Thema Arabistik online – Wie geht das? in ein Modul namens Forschungsperspektiven der Arabistik passt.

Übersetzungskurs als sprachpraktische Übung – Kursplan

Im Folgenden stelle ich nur kurz meinen ersten Entwurf für die Planung der Live-Sessions und Aufgaben über das Semester vor; es ist letztlich aktuell nur einfacher Ablaufplan.

„Online“ ist keine Maske

Vorweg sei gesagt, dass ich der Meinung bin, dass es bei der Umsetzung von Lehre und Lernen in den virtuellen Raum momentan nicht darum gehen kann, online das zu imitieren, was sonst in einer Präsenzsitzung in Lehrräumen eines Hochschulgebäudes passiert. Ich verstehe „online“ nicht als Maske, die einfach auf das Gesicht eines Kurses gelegt wird und alles läuft sonst weiter wie gewohnt, also etwa in den üblichen 14 Sessions eines Sommersemesters. Von den Lernzielen der jeweiligen Kurse (und Module) ausgehend sind die Lehr- und Lernformen sowie die Formen der aktiven Teilnahme neu zu denken.

Kursmaterial und Aufgaben habe ich in meinen Kursen bisher immer über Blackboard zur Verfügung gestellt; auch die Kurskommunikation funktionierte stets darüber. Was jedoch eher im Präsenzunterricht stattfand, war das Präsentieren von Inhalten, Gruppenarbeit, Diskussionsrunden, Feedback zum Lernprozess, und so weiter. Eben für diese Aktivitäten galt es für mich zu reflektieren, welche Ziele ich damit überhaupt verfolge und wie sie im Verhältnis zu den Gesamtlernzielen stehen.

Wofür wird Unterrichtszeit überhaupt aufgewendet?

Ein Übersetzungskurs lief bei mir bisher so ab, dass die Studierenden zunächst bis zu einem Datum x Übersetzungen einzureichen hatten. Anschließend habe ich die Übersetzungen anonymisiert zusammengestellt oder interessante Varianten herausgegriffen, die dann in der folgenden Sitzung diskutiert wurden. Alternativ habe ich die anonymisierten Übersetzungen am Anfang einer Sitzung verteilt, sodass die Studierenden sich einmal eine andere Übersetzung anschauen konnte. Meiner Erfahrung nach fällt es Studierenden durchaus leichter, wenn sie nicht unbedingt von vornherein ihre eigene Übersetzung vortragen müssen. Oft genug kamen sie während des Vortragens der Fremdübersetzung schon zu Erkenntnissen hinsichtlich ihrer eigenen Übersetzung und brachten diese dann auch in die Diskussion ein.

(Das „Einschmuggeln“ von meinen eigenen Übersetzungen oder aber von bereits veröffentlichten Übersetzungen führte zu spannenden Beobachtungen; etwa einerseits, dass die Übersetzungen der Studierenden sprachlich so exzellent waren, dass sie solche von professionellen Übersetzern übertrafen; oder andererseits, dass das Diskutieren anonymisierter Übersetzungen generell die Hemmschwelle absenkt, sich konstruktiv-kritisch zu einer Übersetzung zu äußern, egal, wer der Urheber ist. Dazu an in einem späteren Beitrag mehr.)

Bei der Diskussion im Unterricht ging es vor allem um Fragen zu Übersetzungsvarianten, komplexe Phänomene der Grammatik, Beschreibungsmöglichkeiten für den Übersetzungsvergleich, Maßstäbe zur qualitativen Beurteilung von Übersetzungen sowie das kritische Hinterfragen solcher Beurteilungen. Dementsprechend diente diese Form der aktiven Teilnahme dazu, Argumentations- und Reflexionskompetenz zu entwickeln: Die Studierenden beschäftigen sich mit einer fremden Übersetzungen, vergleichen diese mit ihrer eigenen, äußern sich in mündlichen Redebeiträgen zu gezielten Fragen der Grammatik oder Varianz, und sie argumentieren mittels eines Begriffsrepertoires  der Translationswissenschaft und der Literaturkritik für oder wider bestimmte Übersetzungsentscheidungen.

Diskussionsforum und monatliche Live-Sessions

Für meinen Kurs Übersetzen aus dem Arabischen und ins Arabische gilt es nun,  diese Argumentations- und Reflexionskompetenz anders zu ermöglichen als über in-class discussions. Als virtuellen Raum nutze ich dafür eine Komponente in Blackboard, die es erlaubt, ein Diskussionsforum zu erstellen. In diesem sollen Studierende schriftlich die Übersetzungen kommentieren und diskutieren. In monatlichen Live-Sessions, für die ich zunächst 60 Minuten angesetzt habe, sollen die Kommentare aus dem Forum aufgegriffen und noch einmal mündlich reflektiert werden.

Mein Semesterplan für diesen Kurs gestaltet sich dementsprechend:

  • 21.4.2020 – 1. Live-Session: Einführung, 1. Textauswahl (je ein Text Arabisch-Deutsch/Englisch und Deutsch/Englisch-Arabisch)
  • bis 28.4.2020 – Deadline zur Einreichung der 1. Übersetzungsaufgabe
  • bis 5.5.2020 – Diskussion im Forum: bestenfalls kommentiert jeder jede Übersetzung!
  • 12.5.2020 – 2. Live-Session: Zusammenfassung der Forumsdiskussion, 2. Textauswahl, 1. Evaluation des Prozederes
  • bis 19.5.2020 – Deadline zur Einreichung der 2. Übersetzungsaufgabe
  • bis 26.5.2020 – Diskussion im Forum: bestenfalls kommentiert jeder jede Übersetzung!
  • 2.6.2020 – 3. Live-Session: Zusammenfassung der Forumsdiskussion, 3. Textauswahl
  • bis 9.6.2020 – Deadline zur Einreichung der 3. Übersetzungsaufgabe
  • bis 16.6.2020 – Diskussion im Forum: bestenfalls kommentiert jeder jede Übersetzung!
  • 23.6.2020 – 4. Live-session: Zusammenfassung der Forumsdiskussion, 2. Evaluation des Prozedere; Hinweise zur mündlichen Prüfung (6 Texte, je 3 pro Richtung)
  • bis 14.7.2020 eigenständige Übersetzung der Texte mit eigenständiger Diskussion im Forum
  • 14.7.2020 mündliche Prüfung/Fachgespräch*: Übersetzen von 2 zufällig ausgewählten Texten (je einer pro Richtung), Gespräch über die Übersetzung, Gespräch über Methoden des Übersetzens allgemein.

*Wie bereits im vorherigen Beitrag angedeutet, ist aktuell noch nicht klar, ob und – wenn ja – wie mündliche Prüfungen/Fachgespräche im Sommersemester 2020 absolviert werden können. Meines Erachtens nach ließe sich die Prüfung, wie ich sie fürs Erste erdacht habe, auch remote umsetzen; sobald Informationen zu diesem Thema vorliegen, werde ich die Prüfungsleistung entsprechend anpassen und die Vorbereitung dazu gezielt in die Live-Sessions einbauen.

Punktuelles synchrones Lernen

Wie der Semesterplan zeigt, streue ich regelmäßig Live-Sessions in die sonst ausschließlich asynchron stattfindende Lernsituation ein. Die Studierenden können innerhalb der Woche die Aufgabe (Übersetzung, Kommentar) in ihrem eigenen Tempo und zu einem selbstgewählten Zeitpunkt erledigen. Der Lernerfolg wird dadurch abgefragt, dass die Übersetzungen jeweils zu einem bestimmten Datum eingereicht sein müssen, denn sie bilden die Grundlage für die Aufgabe der jeweils nächsten Woche, das Kommentieren im Forum. Die Forumsaktivität wiederum bildet die Basis für die Diskussion in den Live-Sessions. In diesem Sinne sind asynchrones und synchrones Lernen in diesem Kurs verwobene Interaktionen.

So viel zunächst zur Planung meiner sprachpraktischen Übung Übersetzen aus dem Arabischen und ins Arabische.

Kommentare und Anmerkungen sind willkommen!

Übersetzungskurs als sprachpraktische Übung – erste Ideen

Bevor ich noch eine Ermunterung zum Austausch verfasse, wozu sich die Kommentarfunktion eines solchen Blogs natürlich wunderbar eignet, möchte ich einige erste Ideen für die Online-Umsetzung einer sprachpraktischen Übung vorstellen.

Es geht um folgenden Kurs:

  • Kurstitel: Übersetzen aus dem Arabischen und ins Arabische
  • Lehr- und Lernform: sprachpraktische Übung
  • zugehörig zum Modul: erweiterte und angewandte Sprachkompetenz Arabisch
  • Studiengang: MA Arabistik
  • Fachsemester: 2

Backward design

Es ist ganz wahr, was die Philosophie sagt, daß das Leben rückwärts verstanden werden muß. Aber darüber vergißt man den andern Satz, daß vorwärts gelebt werden muß.

∼ Søren Kierkegaard , aus den Tagebüchern

Fast in diesem Sinne versuche ich in der Entwurfsphase meine Kurse zuerst ‚von hinten‘ zu verstehen, das heißt von den Kurszielen her, bevor ich meinen Semesterplan gestalte. Dieser Ansatz ist natürlich weder neu noch stammt er von mir; 1998 haben Grant Wiggins und Jay McTighe in Understanding by Design skizziert, wie man „backward design“ einsetzen kann, um sicherzustellen, dass alle verschiedenen Elemente eines Kurses aufeinander abgestimmt sind. Man arbeitet sich also von hinten nach vorne durch, definiert zuerst messbare Ziele, entwickelt anschließend Aufgaben, anhand derer man beurteilt, ob die Studierenden die Ziele erfüllen, um schließlich die regelmäßigen Aktivitäten für den Unterricht zu planen, die Studierenden helfen, das Material zu verstehe und verschiedene Aufgaben erfolgreich zu absolvieren.

Qualifikationsziele und Kursinhalte

Dementsprechend habe ich für den Kurs Übersetzen aus dem Arabischen und ins Arabische bisher folgende Qualifikationsziele formuliert:

  • Die Studierenden haben ein Verständnis für unterschiedliche Textarten und ihre sprachlichen Charakteristika und wie sich diese auf den Übersetzungsprozess auswirken;
  • sie entwickeln Übersetzungskompetenzen durch aktive Teilnahme in Übersetzungsaufträgen und deren Kommentierung;
  • sie kennen deutsch- bzw. englischsprachige Terminologien zur Beschreibung von Übersetzungsphänomenen;
  • sie können Übersetzungen vergleichen und kritisch diskutieren;
  • sie verstehen den Aspekt der kulturellen Diversität beim Übersetzen und verfügen über Kategorien zur qualitativen Analyse von Übersetzungen;
  • sie haben ein Bewusstsein für die Etikette bei der Kommunikation in Diskussionsforen.

Aus diesen Stichpunkten ist ersichtlich, dass ich mich bereits vor der Formulierung der Qualifikationsziele für ein vorrangig asynchrones Lehrformat entschieden hatte, dass auf geringe Unmittelbarkeit setzt und keiner hohen Bandwidth bedarf. Hauptmedium der Interaktion zwischen Studierenden untereinander sowie zwischen den Studierenden und mir soll ein Diskussionsforum in Blackboard sein.

Meine Vorstellung ist, dass die Studierenden im Abstand von drei Wochen jeweils (mindestens) zwei Texte übersetzen, einen aus dem Arabischen und einen ins Arabische. Für das Einreichen der Übersetzungen erstelle ich Aufgaben in Blackboard; hier laden die Studierenden bis zu einem zuvor festgelegten Zeitpunkt ihre Übersetzungen hoch.

Anschließend übertrage ich diese Übersetzungen anonymisiert in das Diskussionsforum in Blackboard. Die Studierenden haben dann die Aufgabe, die eingereichten Übersetzungen in Beiträgen zu kommentieren und zu diskutieren. Dafür haben sie eine Woche Zeit.

Die nächste Woche dient dann Überarbeitung der eigenen Übersetzungen sowie der Vorbereitung auf eine Live-Session, also eine Videokonferenz, bei der die Studierenden und ich gleichzeitig – also synchron – zusammenkommen und in „Echtzeit“ interagieren. Hier soll noch einmal mündlich über die Übersetzungen diskutiert werden. Hierfür setze ich zunächst eine Stunde an. In der Videokonferenz werden auch die Texte für die nächste Übersetzungsaufgabe festgelegt, ggf. auf Vorschlag der Studierenden. In der ersten Live-Session soll diese Struktur auch schon ein erstes Mal evaluiert werden, wobei auch das Diskussionsforum Möglichkeit zur Zwischenevaluation bietet.

Sofern sich dieser Rhythmus aus erstens Übersetzungsaufgabe, zweitens schriftlichem Kommentieren, drittens mündlichem Diskutieren beim ersten Mal bewährt, wiederholt er sich bis zum Ende der Vorlesungszeit noch zweimal. Damit übersetzen die Studierenden insgesamt mindestens 6 Texte im Kursverlauf.

Da im Mittelpunkt dieses Kurse das Übersetzen steht, habe ich die Kursinhalte entsprechend knapp gehalten:

  • Die Studierenden üben das Übersetzen von Texten unterschiedlicher Art aus dem Arabischen und ins Arabische;
  • sie erarbeiten sich selbstständig einen Einblick in moderne Übersetzungstheorien und wenden entsprechende Analysekategorien der Translationswissenschaft für die Diskussion verschiedener Übersetzungsmöglichkeiten an;
  • die Diskussion der Übersetzungen findet vorrangig im Forum in Blackboard statt und wird in drei Live-Sessions zusammengefasst.

Was noch offen ist …

Welche Primärtexte?

Ich habe mich noch nicht entschieden, welche Texte ich mit den Studierenden übersetze, obwohl ich meist sofort zu Gedichten neige. Allerdings möchte ich in der ersten Live-Session mit den Studierenden über verschiedene Gattungen, Arten, Sorten von Texten sprechen, sodass wir uns vielleicht gemeinsam auf zwei Texte für die erste Übersetzungsaufgabe einigen.

Auch für die weiteren Übersetzungsaufgaben möchte ich eigentlich Input der Studierenden einholen. Es geht in dem Kurs nicht darum, Texte zu einem bestimmten Thema oder von einem bestimmten Autor oder aus einer bestimmten Zeit zu übersetzen, sondern sich eben genau vor Augen zu führen, inwiefern unterschiedliche Texte unterschiedliche Übersetzungsmethoden verlangen, vielleicht aber auch Gemeinsamkeiten in den Übersetzungsergebnissen aufweisen.

Welche Sekundärtexte?

Für die Diskussion der eingereichten Übersetzungen müssen sich die Studierenden eigenständig ein angemessenes Analysevokabular aus dem Bereich der Translationswissenschaften aneignen. Entsprechende Literaturhinweise stelle ich in Blackboard bereit, gebe jedoch nicht vor, welche Texte davon durchzuarbeiten sind. Selbst wenn ich alle diese Texte als sinnvoll und für die Diskussion zuträglich erachte, gehe ich davon aus, dass manche Studierende auch ohne die Bearbeitung theoretischer Texte konstruktive Kommentare zu Übersetzungsvarianten und Übersetzungsmöglichkeiten verfassen können. Vielleicht stoßen die Studierenden bei ihren Recherchen auch auf Sekundärtexte, die ihnen als noch besser geeignet oder verständlicher erscheinen als diejenigen, die ich vorausgewählt habe. Auch für die Diskussion um Sekundärtexte bietet sich das Forum an.

Etikette bei der Kommunikation in Online-Foren

Ich habe noch keine Ausschau nach Blogbeiträgen oder gar Sekundärliteratur zum Verhalten in Online-Foren gehalten, denke aber, dass es durchaus sinnvoll ist, eine Art Code of Conduct zu präsentieren. Vorschläge willkommen!

Prüfungsleistung

Das Modul sieht eine mündliche Prüfung bzw. ein Fachgespräch (ca. 20 Minuten) als Prüfungsleistung vor. Ob und – wenn ja – wie diese im Sommersemester 2020 kontaktlos umgesetzt werden kann, ist noch nicht klar.

Meine Vorstellung ist, dass die Studierenden nach der letzten Live-Session die im Kurs behandelten Texte intensiv vorbereiten. In der mündlichen Prüfungen wählen die Studierenden blind jeweils einen arabischen und einen nicht-arabischen Text. Aus diesen beiden Texten übersetzen sie dann jeweils einen angemessen Teil während der mündlichen Prüfung, bevor wir über verschiedene Übersetzungsmöglichkeiten und Terminologien, mit deren Hilfe sich Übersetzungen beschreiben lassen, ins Gespräch kommen.

Abschließend …

Diese Ideen zur sprachpraktischen Übung Übersetzen aus dem Arabischen und ins Arabische sind noch nicht in Gänze ausgearbeitet; sehr wahrscheinlich habe ich noch nicht alles bedacht, was es zu bedenken gibt. Auch gibt es sicherlich andere Möglichkeiten, einen solchen Übersetzungskurs als distant learning course aufzuziehen. Über entsprechende Ideen und Vorschläge oder einfach Gedanken in den Kommentaren zu diesem Beitrag freue ich mich!

Selbst bei einem zu Anfang eines Semesters relativ feststehenden Lehrplan habe ich mir immer erlaubt, flexibel auf Rückmeldungen von Studierenden zu reagieren, den Arbeitsaufwand anzupassen oder Literatur- und Themenwünsche unterzubringen. Auch dieser Kurs wird da keine Ausnahme bilden; eher setze ich auf eine aktive Rückmeldung durch die Studierenden nach dem ersten Durchlauf der von mir konzipierten Struktur, sodass ich die Lernerfolgskontrollen der dann folgenden Wochen ggf. anpasse und entsprechend der Qualifikationsziele weiterentwickle.

Im nächsten Beitrag folgt wahrscheinlich ein zeitlicher Überblick zu diesem Kurs.

Bis auf Weiteres …