Flandern und die Niederlande sind gemeinsam die diesjährigen Ehrengäste der 68. Frankfurter Buchmesse.
Wir stellen unsere Favoriten vor.
Reynaerts historie | Reynaerts historie (zwischen 1373 und 1470)
Unbekannt, in der Übersetzung von Rita Schlusemann u. Paul Wackers
Seit vielen Jahrhunderten fasziniert Erwachsene wie Kinder Goethes Geschichte vom listigen, heuchlerischen und wortgewandten Fuchs. Goethes Reineke Fuchs bildet die Grundlage für zahlreiche Theaterinszenierungen, so in diesem Jahr in Dresden und Tübingen. Aber nicht nur Goethes Werk, sondern die ganze europäische Überlieferung des Tierepos vom 15. Jahrhundert bis heute geht über den Lübecker Druck Reynke de Vos (1498) direkt auf die niederländische Tradition zurück: auf Reynaerts historie.
Das in Südflandern geschriebene Werk (ca. 8000 Verse) erzählt die Geschichte von einer Gerichtsverhandlung am Hof des Löwenkönigs. Verschiedene Tiere wie der Wolf oder der Kater beschuldigen den Fuchs Reynaert zahlreicher Verbrechen. Reynaert aber kann sich durch geschicktes Reden und Handeln aus allen brenzligen Situationen befreien, indem er mit Sprache die Wirklichkeit so manipuliert, dass niemand mehr Wahrheit von Lüge unterscheiden kann. Er besiegt den Wolf als stärksten Widersacher in einem Zweikampf und erhält am Ende vom König die ranghohe Position eines Landvogts.
Schon 1479 druckte Gheraert Leeu in Gouda, als einen der ersten weltlichen Erzähltexte, diese bis heute ebenso lebendige wie faszinierende Geschichte, von der seitdem viele Neuerzählungen, Übersetzungen, Theaterstücke, Hörbücher und sogar Rapversionen in vielen Sprachen entstehen.
Rita Schlusemann
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