Was wird nicht alles gespeichert dieser Tage. Kaum hat man auf der einen Webseite im Onlineshop etwas bestellt, bekommt man ganz zufällig auf einer völlig anderen Webseite Werbeanzeigen für ähnliche Produkte zu sehen.
Manche stört das nicht, andere versuchen es durch Browsereinstellungen zu verhindern, wirklich gewünscht ist es von den wenigsten. Schon allein vor diesem Hintergrund ist es kurios, wenn es Möglichkeiten zum Abspeichern von Daten gibt, die wahrscheinlich tatsächlich einigen Menschen willkommen wäre. Für kuriose Fälle ist bekanntlich Belgien zuständig.
Dort haben einige der Brüsseler Randgemeinden sich eine kleine Maßnahme einfallen lassen, die den Bürgerinnen und Bürgern ein wenig Aufwand ersparen sollte. Diese Gemeinden liegen in Flandern, direkt um Brüssel herum und sind Teil des heiß umstrittenen Gebiets, in dem viele Französischsprachige leben. Genau genommen handelt es sich um Fazilitätengemeinden, in denen man trotz der Zugehörigkeit zu Flandern einzelne Dienstleistungen auf expliziten Wunsch auch auf Französisch erhalten kann.
Nun haben die Verwaltungen angeboten, man könne sich in ein Register eintragen lassen, mit dem dieser Wunsch für vier Jahre festgeschrieben wird. Wer registriert ist, bekäme für den Zeitraum automatisch seine Behördenangelegenheiten auf Französisch und müsste nicht jedes Mal nachfragen. Geht aber nicht, ist verboten – das sagt die flämische Regierung, vertreten durch Innenministerin Liesbeth Homans von der rechtsseparatistischen N-VA.* Die Gründe dafür liegen nicht unbedingt beim Datenschutz, wie man vermuten könnte. Vielmehr geht es um das immer noch höchst heikle Thema, ob nicht am Ende offizielle Zahlen gesammelt werden könnten, in denen die Zusammensetzung der Bevölkerung nach Sprachgruppen erkennbar würde. Dazu gibt es zwar jede Menge Indizien und auch handfeste Forschungsergebnisse, aber keine vom Staat oder seinen Gliedern festgestellten Daten. Den Anteil der Frankophonen an der Bevölkerung der Randgemeinden möchte man lieber nicht zu genau wissen, bevor wieder eine Diskussion losbricht, welche Rechte man ihnen zugestehen müsste. Die Illusion der Einsprachigkeit der Landesteile geriete sonst ins Wanken.
Ob das Register tatsächlich gesetzeswidrig ist, liegt wohl in erster Linie an der Auslegung der Gesetze. Schließlich weiß niemand, wie vollständig es wäre. Vielleicht würden sich viele gar nicht eintragen lassen und man könnte am Ende daraus doch keine Rückschlüsse über die Sprachverhältnisse in der Bevölkerung ziehen.
Homans ist jedenfalls der Meinung, der Wunsch nach französischen Dokumenten oder Auskünften müsse bei jedem einzelnen Anliegen wieder erneut geltend gemacht werden. Möglicherweise ist das tatsächlich juristisch wasserdicht, es drängt sich aber der Verdacht auf, dass der N-VA die Regel auch prinzipiell gut zupass kommt. Ein bisschen Gängelung der Frankophonen im Brüsseler Umland hat dem politischen Erfolg der Partei im Zweifelsfall noch nie geschadet. Die Fazilitäten, also die Erleichterungen, sollen bitteschön allzu erleichternd auch nicht werden.
Das kostet die Betroffenen nicht nur Nerven und Zeit, sondern auch ein wenig Papier. Also Bäume. Ob das in Flandern eine gute Idee ist, da könnte Frau Homans mal bei ihrer christdemokratischen Kollegin Schauvliege nachfragen.
*) Wer etwas mehr Zeit hat: Die offizielle Amtsbezeichnung von Liesbeth Homans ist laut Webseite der flämischen Regierung minister van Binnenlands Bestuur, Inburgering, Wonen, Gelijke Kansen en armoedebestrijding.
Warum ausgerechnet die Armutsbekämpfung im Unterschied zu den anderen Schlagwörtern so arm an Großschreibung geblieben ist, könnte man Frau Homans mal fragen – aber bitte nur auf Niederländisch.
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