Es ist Sommer. Man sieht es nicht auf den ersten Blick, jedenfalls nicht in Berlin, wenn man in den überschwemmten Straßen kurz den Kopf über den Wasserspiegel hebt. Trotzdem wird es Zeit zum Durchatmen nach dem akademischen Jahr.
Deshalb nehmen jetzt verlof. Keine Sorge, bei allen Zweideutigkeiten des Begriffs: Wir meinen damit nur die vorwiegend belgisch-niederländische Bedeutung als Synonym für vakantie, als Urlaub. Denn verlof kann im auch eine längere oder sogar dauerhafte Freistellung vom Dienst sein, beispielsweise beim Militär. Politische Institutionen haben dagegen reces. Wer gerne amerikanische Anwaltsserien schaut, kennt den Begriff. Dort wird der Prozess oft durch einen recess unterbrochen, wenn man sich beraten muss oder die Strategie neu geordnet werden muss. Die Pause kann ein paar Minuten dauern oder auch ein paar Tage – der reces der Parlamente geht dagegen eher in die Monate. (Übrigens: nl. reces wird auf der zweiten Silbe betont, engl. recess kann auf beiden Silben betont werden.)
So gesehen nehmen wir also auch reces, wenn wir die Universität oder sogar unser Blog als Institution auffassen wollen. Erlauben muss uns die Erholungszeit unser Vorgesetzter, daher auch der Begriff. Verlof geven bedeutet auch: einwilligen, zustimmen, erlauben. Urlaub ist morphologisch exakt dasselbe wie Verlaub, bei dem das Präfix mit dem er- von erlauben wieder einmal durcheinander geraten ist (nicht zum ersten Mal).
Und wem das noch immer nicht genug Vorsilben sind, der kann sich im Niederländischen noch eine weitere veroorloven.
Für Fans der Entlehnung ist natürlich vakantie das Wort der Wahl, das auch im romanischen Sprachraum gut verstanden wird. Aber Vorsicht: Luxemburger haben zwar auch im Sommer Vakanz, ansonsten verbindet man damit im Deutschen aber eher eine nicht besetzte Stelle – nicht zuletzt die Sedisvakanz, also der Zeitraum zwischen dem Tod eines Papstes und der Wahl des Nachfolgers. Was auf Englisch eine vacancy ist, also eine offene Stelle, auf die man sich bewerben kann, ist auf Niederländisch eine vacature. Genau die gibt es bei uns nicht. Wir haben alle die Absicht, nach dem Sommer unsere Arbeit weiter zu tun.
Mit Verlaub, also der Hoffnung auf gewogene Zustimmung unserer Leserinnen und Leser, verurlauben wir uns jetzt bis zum Beginn des neuen Semesters eine Pause. Falls uns ein aktuelles Thema aus dem Sommerschlaf schreckt, melden wir uns spontan – ansonsten wünschen wir allen eine erholsame Ferienzeit!
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