Nederlands

Beobachtungen zur niederländischen Sprache

Mehr Gesichter in der Zeitung?

Von der Taalunie war längere Zeit in der Öffentlichkeit wenig zu hören. ? Vielleicht ganz gut so, denn die letzte große Debatte drehte sich vor allem um Kürzungen und Sparzwänge bei der Förderung der Niederlandistik im Ausland.

In den letzten Wochen hat nun Hans Bennis, der aktuelle Vorsitzende der Taalunie, wieder Schlagzeilen gemacht, aber mit einem weniger strengen Thema: Warum benutzt man eigentlich Smileys oder Emoticons nur in der informellen Online-Kommunikation? ? Bestimmte Zeitungstexte könnten damit zum Beispiel verständlicher werden, wenn man Ironie besser markieren kann, erklärt er u.a. De Morgen in Belgien und Het Parool in den Niederlanden.

Die Zeitungen, um die es schließlich unmittelbar geht, haben darüber berichtet – und die Artikel dazu erst einmal hinter ihrer betaalmuur versteckt. ? Eine richtig ausgefeilte Diskussion über den Vorschlag hat sich nicht entfaltet. Die beiden oben verlinkten Artikel sind übrigens identisch, von derselben Journalistin, es hätte also endlich wieder einmal eine niederländisch-flämische Sprachdiskussion daraus werden können. Denn man kann den Vorschlag durchaus ernsthaft diskutieren. Es haben sich im informellen Sprachgebrauch praktische Möglichkeiten für gelungene Kommunikation herausgebildet, bei der das Risiko für Missverständnisse abgemildert wird. Es wäre also eine Überlegung wert, ob man diese Möglichkeiten nicht auch woanders produktiv einsetzen kann.

In den Zeitungen waren die Beiträge aber leider nicht unbedingt tiefgreifend. Der Vorschlag wurde als Kuriosität dargestellt, nicht als ernstzunehmende Überlegung. Es werden munter Emoticons und Emojis durcheinander gebracht ?, die Taalunie reduziert auf „de organisatie achter het Groene Boekje“ (De Morgen) und die Frage gestellt: „Wat als we in officiële teksten voortaan een knipoog zouden gebruiken om aan te duiden dat we wat we schrijven niet letterlijk menen?”

Ja, was wenn? Dann, liebe Redaktion von De Morgen, dann wäre es höchstwahrscheinlich kein offizieller Text mehr. ? Denn in welchem Behördenbescheid, in welchem Bußgeldzettel oder welchem Schulzeugnis kommt Ironie vor? Oder die Notwendigkeit, Gefühlsregungen zu übermitteln? Das Charakteristikum offizieller Texte liegt gerade darin, dass sie unzweideutig sein sollen, Informationen nicht zwischen den Zeilen versteckt sind, dass man sie wörtlich und ernst nehmen soll.

Wenn schon in den Zeitungsredaktionen so wenig Verständnis herrscht für die Bandbreite von Textsorten und ihre Stilnuancen ?, dann ist der Vorschlag von Hans Bennis vielleicht nötiger als gedacht. Damit auch der oder die Letzte ohne Rückgriff auf die schwächliche Textkompetenz noch versteht, ob das Geschrieben ernst gemeint ist oder nicht. ?

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Der Beitrag wurde am Mittwoch, den 16. Mai 2018 um 09:00 Uhr von Philipp Krämer veröffentlicht und wurde unter Niederlande, Rechtschreibung, Wortschatz abgelegt. Sie können die Kommentare zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. Kommentare und Pings sind derzeit nicht erlaubt.

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