Nederlands

Beobachtungen zur niederländischen Sprache

Notizen aus Suriname IV

Sehen und Hören

Die Vielsprachigkeit von Suriname ist nicht nur für die Linguistik interessant, sondern vielleicht überhaupt das Spannendste, was das Land zu bieten hat. Um genau zu begreifen, wer wann welche Sprachen benutzt und wie sie konnotiert sind, braucht man auch mit viel sprachwissenschaftlichem Gespür sicher Jahre.

„Lepra ist heilbar“. Awarenesskampagne auf Sranan in Albina. (Foto: PK)

Glücklicherweise gibt es nun den neuen Bericht zur Lage des Niederländischen in Suriname, den ein Forschungsteam mit Unterstützung der Taalunie im Rahmen der Konferenz vorstellte. Darin steht das Niederländische im Mittelpunkt, man kann aber auch über den Stellenwert der anderen Sprachen sehr viel erfahren.

Ein wenig hilft es trotzdem, mit offenen Augen und Ohren durch Suriname zu gehen. In Paramaribo ist das Niederländische ganz klar vorherrschend. Hier und da hört oder liest man Sranan, das aber außerhalb der Stadt und z.B. im Osten des Landes viel prominenter ist, etwa auf zahllosen Werbeplakaten.

Die Sprachen der verschiedenen Bevölkerungsgruppen, etwa Sarnami, Javanisch oder die ‚kleineren‘ Kreolsprachen erlebt man als Außenstehender nicht so leicht, wenn man nicht in die Communities hineinfindet. Am ehesten liest man hier und da eine Zeile etwa an Gebäuden der Religionsgemeinschaften. Die indigenen Sprachen muss man wirklich gezielt suchen.

Aber wenn man im Autoradio von Sender zu Sender springt, geht dem Sprachkontaktforscher das Herz auf: Geburtstagsglückwünsche per Call-in, und zwar auf Sarnami mit viel niederländischem Codeswitching! Auch wenn man den Großteil der Grüße nicht versteht, hoera und gefeliciteerd kann man leicht heraushören.

Strumpfbänder auf dem Teller

Zu den großen Attraktionen von Suriname gehört neben der Mehrsprachigkeit unbedingt die Küche. Sie ist der Beweis, dass Kulturkontakt nur das Beste hervorbringt. Für Reisende bedeutet das aber zuerst einmal: Vokabeln lernen.

Bami met kousenbanden. (Foto: PK)

Einigermaßen erschließen kann man sich noch bakabana: frittierte Kochbananen (nl. bakbanaan), und aus dem bakkeljauw kann man noch den portugiesischen bacalhau herauslesen, den getrockneten Stockfisch. Dass die Passionsfrucht markoesa heißt und auf die Maracuja zurückgeht, sollte man sich ebenfalls merken, so omnipräsent wie das Obst und ihr Saft sind. Aber warum in aller Welt sollte man Strumpfbänder essen? Als kousenband kennt man eine Art Bohnen, die mehrere Dutzend Zentimeter lang sind, auf dem Markt bündelweise etwas schlapp über die Tischkante hängen – aber gekocht in kräftigem Grün eine knackige und aromatische Beilage zu allen Gerichten sind.

Zu welchen Gerichten? Etwa zu moksi alisi (mit zahllosen andere Schreibweisen: für Sranan hat sich eben noch keine allgemeingültige Orthographie durchgesetzt). Wer genau hinschaut, erkennt in dem Begriff den gemischten Reis, lecker gewürzt und mit gebratenem Huhn.

Auf der Kreidetafel an der Wand eines Restaurants konnten wir beobachten, wie die Angestellten mehrmals den Namen eines Angebots wegwischten und neu schrieben. Anfangs stand dort Viadoe. Im Laufe der Zeit wurde daraus zuerst Viado, dann Fiado. Auch der Name dieses Hefekuchens mit kandierten Früchten und Rum geht auf das Portugiesische zurück: fiado bedeutet ‚versponnen‘, eben so wie der faserige Hefeteig aussieht. Das geschriebene <o> klingt im Portugiesischen oft wie ein [u] – kein Wunder also, dass im Niederländischen ein <oe> daraus wurde. Und bei einem hörbaren [f] im Anlaut ist im Niederländischen (wenn man nicht gerade in Flandern ist) nicht ohne Weiteres klar, ob dort ein <f> oder ein <v> stehen muss. Schließlich hört man in Europa wie in Suriname das Wörtchen van nicht selten als [fan] ausgesprochen. Das portugiesische Lehnwort kannten die Angestellten des Lokals wohl vor allem aus der gesprochenen Sprache und die Herkunft war nicht mehr transparent. Nur konsequent, dass dann die Schreibweise nach allen Regeln der Orthographie nederlandisiert wird.

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Der Beitrag wurde am Dienstag, den 10. Dezember 2019 um 09:42 Uhr von Philipp Krämer veröffentlicht und wurde unter Suriname, Wortschatz abgelegt. Sie können die Kommentare zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. Kommentare und Pings sind derzeit nicht erlaubt.

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