Jetzt hat sich auch der niederländische Schriftsteller Arnon Grunberg in die aktuelle Debatte über Sotschi (auf Niederländisch Sotsji) eingemischt. In einer ‚Fußnote‘ für die Volkskrant kritisiert er seinerseits die Kritiker der Teilnahme von Ministerpräsident Rutte und König Willem-Alexander an der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele. Es geht um die Frage, ob es sinnvoll ist, die Olympischen Spiele in Sotschi zu boykottieren.
Boycotten heißt das auf Niederländisch, und Grunberg schreibt: “Iedereen kan zélf de Olympische Spelen boycotten. Kijk niet.”
Das Verb wird also nicht wie im Deutschen durch die Ableitung mit dem Suffix -ier (Niederländisch -eer wie in adviseren) gebildet, sondern durch Konversion: das Substantiv de boycot kann auch als Verb verwendet werden (ik boycot).
Über die vielfältigen Möglichkeiten, dieselbe Wortform in mehr als einer Wortart zu verwenden, habe ich neulich schon in meinen Beitrag zu kritiek hingewiesen. Boycotten ist nun ein weiteres Beispiel für die ‚implizite Transposition‘ (so wird das auch genannt) eines Substantivs zu einem Verb. Die Möglichkeiten dazu scheinen im Niederländischen etwas größer zu sein als im Deutschen. Man denke beispielsweise an die Bildung von Verben zu Sportarten: badmintonnen, tennissen, voetballen – alle durch implizite Transposition der entsprechenden Substantive zu Verben geworden. Auf Deutsch geht das nicht; hier muss man die Aktivität umschreiben, beispielsweise mit spielen: also Badminton/Tennis/Fußball spielen.
Wie dem auch sei, ob mit oder ohne König – in Sotschi wird demnächst Ski gefahren und eisgelaufen bzw. auf Niederländisch: binnenkort wordt er in Sotsji geskied en geschaatst, met of zonder koning.
Tags: Auf Deutsch, implizite Transposition
Am 15. Januar 2014 um 23:16 Uhr
Ich erinnere mich daran, dass meine Großmutter früher oft mit uns „karten“ wollte (Karten spielen) oder manchmal sogar mit uns „fußballen“ ging (vermutlich, um uns einen Gefallen zu tun). Das kann allerdings damit zusammenhängen, dass sie eine aufrechte Aachenerin war, und meine Heimatsprache ist ohnehin vom Niederländischen beeinflusst.
Grüße aus Brüssel (sorry, Brussels)
Torsten Kretschmann
Am 15. Januar 2014 um 23:36 Uhr
‚Fußballen‘ geht für mich nicht, aber – stimmt – ‚karten‘ kenne ich als gebürtiger Münsterländer auch. Danke für den Hinweis.