Nederlands

Beobachtungen zur niederländischen Sprache

Springtag im Springjahr

Das Jahr 2016 ist noch relativ jung. Es tut so, als sei es ein ganz normales Jahr, aber schon morgen wird es sich um 24 Stunden in die Länge ziehen: Es ist nämlich ein schrikkeljaar. Klingt als würde es ein Schreckensjahr, aber trotz aller Krisen und Konflikte können wir das natürlich nicht mit einem Blick auf den Kalender voraussagen. Ein Schreckensjahr wird es höchstens für diejenigen, denen ihre Arbeit keinen Spaß macht. Der Februar hat nämlich im Schaltjahr einen zusätzlichen Werktag. Der Tradition nach dürfte auch für manche Männer das Schaltjahr ein Schreckensjahr gewesen sein. Das Brauchtum in manchen Ländern besagte nämlich, dass im Schaltjahr oder zumindest am 29. Februar ausnahmsweise die Frauen den Männern einen Heiratsantrag machen dürfen anstatt umgekehrt.

Postkarte aus dem Schaltjahr 1908. (Amg37, PD)

Typisch deutsch, dieses „Schalt“-Jahr – als ginge es um eine Korrektur im elektronischen Getriebe der Zeit. Das niederländische schrikkeljaar dagegen ist ein Springjahr. Denn schrikkel- geht zurück auf schrikken und ist tatsächlich dasselbe wie beim Erschrecken: Man macht einen Sprung. Im englischen leap year ist das noch besser erkennbar.

Wo dieser Sprung bei einem Schaltjahr eigentlich liegt, bleibt allerdings geheimnisvoll. Es wird schließlich nichts übersprungen, sondern der Monat sogar noch verlängert. Und zwar um einen schrikkeldag, einen Schalttag. Der lag übrigens in der Geschichte mancher Länder das eine oder andere Mal sogar am 30. Februar. 2015 war auch ein ungewöhnlich langes Jahr, auch wenn es kaum zu spüren war, denn im vergangenen Juni wurde eine schrikkelseconde eingefügt.

Zusätzliche Tage im Kalender sind ab und an astronomisch nötig und sinnvoll. Zusätzliche Buchstaben im Kalender dagegen könnte man getrost für unnütz halten. Warum heißt es auf Niederländisch januari und februari (ebenso auf Schwedisch; und auf Englisch January und February) obwohl das Deutsche mit Januar und Februar auskommt? Weil das Niederländische genauso wie das Englische und Schwedische hier etwas tut, was diese Sprachen sonst nicht so gerne mögen: Sie flektieren. Und zwar ohne es zu wissen, nämlich auf Latein. Diese Monatsnamen tragen noch den lateinischen Genitiv, der besonders bei Datumsangaben auf der Hand liegt (29. Tag des Februars). Bei Juni und Juli ist es auf Deutsch übrigens genauso. Zum Glück geht es nur um ein paar Monatsnamen, die man einfach auswendig lernen kann. Sonst müsste man bei jedem Blick auf den Kalender schrik hebben (wenn man aus Belgien kommt; in den Niederlanden müsste man bang zijn), dass man die lateinische Grammatik nicht im Griff hat.

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Der Beitrag wurde am Sonntag, den 28. Februar 2016 um 11:45 Uhr von Philipp Krämer veröffentlicht und wurde unter Etymologie, Sprachvergleich, Wortschatz abgelegt. Sie können die Kommentare zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. Kommentare und Pings sind derzeit nicht erlaubt.

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