Die Koalitionsverhandlungen in den Niederlanden sind gescheitert. Das ist eigentlich keine Überraschung, denn die beteiligten Parteien haben tatsächlich sehr unterschiedliche Grundüberzeugungen. Vor allem beim Thema Migration konnte man sich nicht einigen. Der niederländische Rundfunk meldet dann auch:
Formatie nieuw kabinet vastgelopen op migratie
Eine Metapher, die in dem Zusammenhang nicht niederländischer sein könnte. Vastlopen können zum Beispiel Schiffe – sie laufen auf Grund. Besonders passend ist der Begriff, weil die Informateurin auch noch Schippers heißt. Mit dem deutschen Hang zum Autoverkehr würde man wohl sagen, die Verhandlungen haben sich festgefahren (was im Niederländischen aber genauso möglich ist: auch Autos können vastlopen).
Die Metaphorik geht noch weiter, nun ohne Seefahrerromantik:
Migratie was het struikelblok
Das wäre auf Deutsch in einer ganz wörtlichen Übersetzung einigermaßen verständlich, auch wenn es den Begriff so nicht gibt: Migration als Strauchelblock. Die gängigere Bezeichnung wäre wohl ein Stolperstein. Das Wort ist aber inzwischen schon sehr eng verbunden mit den Initiativen zur Erinnerung an Holocaust-Opfer, nämlich den Stolpersteine in den Straßen vor den früheren Wohnorten von ermordeten Jüdinnen und Juden. Dazu gibt es demnächst mehr zu berichten, mit FU-Bezug.
Wenn man diese Assoziation umgehen will, bliebe noch der Stein des Anstoßes. Der kann aber manchmal eine etwas zu starke moralische Bedeutung haben und passt dann nicht unbedingt. Der Van Dale schlägt noch den Stolperdraht vor. Allerdings weckt der wiederum den Gedanken an ein absichtlich errichtetes Hindernis, was beim struikelblok nicht unbedingt der Fall sein muss.
Nun sagen einige politische Kommentatoren: Diese „gescheiterten“ Koalitionsverhandlungen waren schon immer eingeplant. Die Parteien müssen ihrer Anhängerschaft signalisieren, dass man sich schwer getan hat und wichtige Positionen nicht zu leichtfertig aufgibt. Deshalb müssen die Verhandlungen zuerst scheitern, man verhandelt probeweise mit anderen Parteien und kehrt am Ende „schweren Herzens“ zur ursprünglichen Kombination zurück. Ob das tatsächlich so kommen wird, weiß niemand. Wenn das die Taktik wäre, dann wäre der struikelblok aber tatsächlich mit Absicht ausgelegt worden. Dafür gibt es wiederum ein wunderbares deutsches Wort: Sollbruchstelle. Die niederländische Entsprechung breukveiligheid kommt an die poetische Kraft der Sollbruchstelle nicht einmal annähernd heran. Warum? Weil sollen als Stufe zwischen können und müssen im niederländischen Verbsystem nicht mehr in dieser Form vorkommt. Das Modalverb zullen hat sich inzwischen als Tempusverb für das Futur festgefahren. Das Futur einer fertigen Koalition für die Niederlande kann jedenfalls noch sehr, sehr weit entfernt sein.
Tags: Auf Deutsch, Politik
Am 17. Mai 2017 um 21:19 Uhr
Terug naar af? (term uit het monopolyspel) – wieder bei null anfangen?