Stiftungspraktikum in Beirut, Libanon

Durch das Praktikum bei einer deutschen politischen Stiftung habe ich mir einen guten Einblick in das Arbeitsumfeld einer Stiftung im Ausland erhalten und die Möglichkeit gehabt, Erlerntes aus dem Studium anzuwenden und meine Kenntnisse weiter zu vertiefen. Nach meiner Ankunft in Beirut habe ich mit dem Büroleiter und der Programmanagerin für Umweltgovernance meine Aufgaben besprochen. Die Idee zu „waste management“ zu arbeiten wurde ergänzt durch verschiedene Aufgaben in weiteren Projekten. Dazu zählten Rechereaufgaben zu zwei Publikationen, dem Meeresatlas und dem Plastikatlas der Stiftung . Hier habe ich recherchiert, welche Beiträge libanesische Autor_innen schreiben könnten, um eine lokale Perspektive zu ergänzen. Des Weiteren habe ich die Erstellung von Projektbeschreibungen unterstützt, wie beispielsweise für ein Projekt zu mehr Transparenz im Ölsektor im Libanon. Die Zusammenarbeit vor Ort verlief unkompliziert und hat sich durch flache Hierarchien ausgezeichnet. Ich stand in direktem Austausch mit meiner Betreuurin und ab und zu mit dem Büroleiter. Da sich während meines Praktikums die politische Lage im Libanon verändert hat und landesweit große Proteste stattgefunden haben, habe ich auch zu den aktuellen Ereignissen recherchiert und einen Artikel zu der Nutzung von öffentlichem Raum während der Proteste geschrieben. Für mein Forschungsprojekt zu waste management und zur Rolle von zivilgesellschaftlichen Akteuren habe ich Interviews durchgeführt. Die  Interviewpartner habe ich durch das Netzwerk der Stiftung sowie durch eigene Recherche identifiziert. Durch die aktuelle Lage im Land, die sich teilweise auch auf die Arbeit im Büro und die Mobilität in der Stadt,  ausgewirkt hat, habe ich es nicht geschafft, das Projekt vollständig abzuschließen und werde daher noch mit dem Büroleiter überlegen, in welcher Form ich eine Publikation erstellen kann. Die Recherche und die  Ergebnisse meiner Arbeit vor Ort möchte ich jedoch auch für den Abschluss meines Studiums nutzen, da ich beschlossen habe, meine Masterarbeit über die gegenwärtigen Proteste im Land zu schreiben.

Ich bin allgemein mit dem Praktikum sehr zufrieden. Ich konnte meine  Kenntnisse im internationalen Projektmanagement vertiefen und habe viel über die Zusammenarbeit mit lokalen Projektpartner_innen gelernt. Durch  die gegenwärtigen Proteste konnte ich zudem eine Art Krisenmanagement  der Stiftung miterleben. Es wurde viel diskutiert, welche Positionen die Stiftung einnimmt und inwiefern sich die Proteste auf aktuelle Projekte auswirken. Dies waren sehr spannende Prozesse. Durch die aktuellen Ereignisse im Libanon habe ich auch sehr viel über das politische und  ökonomische System des Landes und der gesamten Region gelernt. Besonders interessant war es auch mehr über die Rolle internationaler Akteure zu erfahren und geopolitische Interessen nachvollziehen zu können und welchen EInfluss diese auch auf die lokale Bevölkerung haben. Meine Eindrücke konnte ich direkt vor Ort mit Expert_innen diskutieren und reflektieren. Die Kolleg_innen der Stiftung waren hier auch sehr hilfsbereit
sowie interessante Gesprächspartner_innen.

Die politischen Umstände der Region machen Beirut zu einem spannenden Arbeitsumfeld, in welchem man sich in besonderem Maße an lokale  Gegebenheiten anpassen muss. Dies war nicht immer einfach. Die  ökonomische Krise hat sich auch auf den Alltag der Menschen ausgewirkt. Ich wurde mir in vielen Situationen wieder klar darüber, welche Privilegien  ich habe und dass nicht alle jungen Menschen dieselben Chancen haben.  Das war teilweise sehr frustierend. Es ist daher wichtig, ab und zu die  comfort-Zone zu verlassen und sich auf andere Perspektiven und  Herangehensweisen einzulassen. Ich denke, dass ich durch das Praktikum meine interkulturelle Kompetenzen erweitern und mein Verständnis für sensible politische Kontexte weiterentwickeln konnte.

Für mich war die Zeit und das Praktikum eine sehr wertvolle Erfahrung. Gerne würde ich auch zukünftig zu der Region und den Themen arbeiten und kann mir gut vorstellen nochmal in der Region zu leben und auch meine Sprachkenntnisse zu verbessern.

Tipps für andere Praktikanten
Vorbereitung
Im Zuge der ökonomischen Situation im Land, sollte ausreichend Bargeld in Form von Dollar mitgenommen werden. Ebenso wichtige Medikamente und einzelne Lebensmittel, die einem persönlich wichtig sind. Über Twitter lassen sich aktuelle Ereignisse sehr gut mitverfolgen. Arabischkenntnisse sind auf jeden Fall von Vorteil, z.B. um Preise zu verhandeln. Es gibt sehr
viel Literatur über den Libanon. Ich empfehle das Buch „Lebanon: A Country in Fragments“ von Andrew Arsan. Es gibt kaum öffentliche Verkehrsmittel, daher empfiehlt es sich, die App „Uber“ vorher  herunterzuladen, um beispielsweise eine Fahrt vom Flughafen zum Zentrum zu buchen, die ca. 15$ kostet.

Praktikumssuche
Die deutschen politischen Stiftungen bieten alle Praktikumsplätze an. Man sollte einfach per Mail nachfragen, ob es Kapazitäten für den gewünschten Zeitraum gibt. Des Weiteren gibt es viele UN-Einrichtungen oder  internationale NGOs, die Plätze vergeben, wo die Verfahren allerdings
manchmal länger dauern oder aufwendiger sind. Hier werden meist auch bessere Arabischkenntnisse vorausgesetzt, da mehr Arbeit im Feld stattfindet.

Wohnungssuche
Generell empfiehlt es sich den Wohnort nahe am Praktikumsort zu suchen, damit man nicht jeden Tag auf Uber oder Sammeltaxis angewiesen ist. Ich habe eine WG in Geitawi über eine der zahlreichen Facebookgruppen  gefunden. Man sollte vereinbaren, dass man erst vor Ort die Miete bezahlt. Wer erst vor Ort suchen möchte, kann beispielweise zunächst im Hostel
Beirut in Geitawi wohnen, wo man auch gut erste Kontakte knüpfen kann. Das Hostel ist auch behilflich für Taxifahrten zu/vom Flughafen.

Versicherung
Ich habe die Gruppenversicherung über den DAAD genutzt, die Krankenversicherung, Haftpflichtversicherung und Unfallversicherung einschließt.

Sonstiges
Telefon-/Internetanschluss
Leider ist Telekommunikation nicht günstig. Für eine SIM-Karte und mobile Daten (1,5GB) für einen Monat zahlt man ca. 25$. Es gibt jedoch  verschiedene Pakete. Eine SIM-Karte kann man z.B. in einem Shop in der ABC Mall in Achrafieh kaufen.

Bank/Kontoeröffnung
Je nach Kreditkarte kann man am Geldautomaten libanesische Lira abheben. Dollar bekommt man mit einer ausländischen Karte nur schwierig. Meist fallen Gebühren von 4$ Dollar an. Bei der Fransabank habe ich mit meiner Mastercard keine Gebühren gezahlt.

Sonstiges
Ausgehmöglichkeiten
Es gibt zahlreiche Bars und Restaurants. Z.b. in der Armenia Street, Badaro oder Hamra. Die Preise für Getränke sind leider meist teuer. Auch für Essen muss man mehr Geld einplanen, jedoch gibt es hier auch günstige Möglichkeiten. Es gibt einige Museen, Festivals und weitere Kulturangebote, die über Social Media beworben werden.

Sonstiges
Bei lokalen Obst- und Gemüsehändlern kann man günstig einkaufen. Große Supermärkte sind etwas teurer als in Deutschland, man bekommt aber alles. Es gibt auch lokal viele Mini-Märkte, Apotheken etc.

Leider sind die Wohnungen nicht gut isoliert und werden nicht gut beheizt. Dafür empfehle ich für die Wintermonate warme Wollsachen und eine Wärmflasche sowie gute Schuhe (Wanderschuhe) und Regenjacke, da Regengüsse sehr stark sein können und es viele Gewitter gibt.
Für die Sommermonate sollte man Mückenspray einpacken.

Bildquelle: privat

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Captcha
Refresh
Hilfe
Hinweis / Hint
Das Captcha kann Kleinbuchstaben, Ziffern und die Sonderzeichzeichen »?!#%&« enthalten.
The captcha could contain lower case, numeric characters and special characters as »!#%&«.