Mein Praktikum an der Deutschen Schule in Guadalajara war eine intensive und prägende Erfahrung, die ich jedem ans Herz legen kann. Ein Auslandsaufenthalt – sei es zum Studieren oder Arbeiten – bietet die Möglichkeit, sich sowohl fachlich als auch persönlich weiterzuentwickeln. Dennoch habe ich festgestellt, dass knapp drei Monate für mich zu kurz waren. Erst nach etwa zwei Monaten hatte ich das Gefühl, mich wirklich eingelebt zu haben. Besonders in einer Großstadt braucht es Zeit, um sich zurechtzufinden, sei es im alltäglichen Leben oder im schulischen Umfeld.
Durch die intensive Erfahrung des Auslandsaufenthalts rückte das Praktikum selbst manchmal in den Hintergrund. Die Kombination aus Schule, neuer Lebensrealität und Online-Uni stellte eine organisatorische Herausforderung für mich dar. Besonders der fehlende Realitätsbezug zwischen Universität und Schule fiel mir auf. Zudem bedeutete das Unterrichten an einer deutschen Auslandsschule, dass ich im Grunde als DaZ-Lehrerin tätig war – ein bedeutender Unterschied zum Deutschunterricht in Deutschland. Die fehlende Kontinuität des Unterrichtens erschwerte es zudem, eine tiefere Beziehung zu den Schüler*innen aufzubauen, was durch die Sprachbarrieren zusätzlich verstärkt wurde.
Das Unterrichten stellte für mich eine besondere Herausforderung dar, da ich keine ausgebildete DaZ-Lehrerin bin und zudem zum ersten Mal in der Mittelstufe unterrichtet habe. Mein Fazit ist, dass ich mich durch das Praktikum nochmals kritisch sowohl mit dem Schulsystem als auch mit dem Lehrerberuf auseinandergesetzt habe. Da ich meine Priorität darauf gelegt habe, möglichst viele Lehrerpersönlichkeiten und verschiedene Methoden kennenzulernen, war ich in keiner Klasse kontinuierlich, sondern entweder nur einmalig oder jede Woche nur ein paar Stunden. Dadurch konnte ich mit keiner Klasse wirklich zusammenwachsen, was das Unterrichten zusätzlich erschwerte.
Besonders herausfordernd war für mich auch die Auseinandersetzung mit dem privilegierten Klientel der Schule. Viele Schüler*innen kamen aus sehr wohlhabenden Familien, was sich in ihrem Verhalten sowie den schulischen Erwartungen widerspiegelte. Der Umgang mit dieser Realität war neu für mich und hat mir nochmals eine andere Perspektive auf Bildung und soziale Ungleichheiten eröffnet. Ein weiteres prägendes Erlebnis war meine Wohnsituation: Ich habe die ersten zwei Monate bei einer Gastfamilie der Schule gelebt und war sehr froh, als ich schließlich eine eigene Wohnung gefunden habe und wieder selbstständig leben konnte.
Neben diesen Herausforderungen empfand ich es als besonders bereichernd, meine Komfortzone zu verlassen. Ich wurde mit Themen konfrontiert, die mir im gewohnten Umfeld kaum begegnen: das Aufbauen eines sozialen Netzwerks, die Orientierung in einer riesigen Stadt, das Zurechtfinden in meiner Rolle als Praktikantin und das Vereinbaren der Anforderungen von Uni und Schule. Auch das privilegierte Klientel der Privatschule brachte eine neue Perspektive mit sich, die mich zum Nachdenken angeregt hat.
Dennoch überwiegen für mich die positiven Erfahrungen. Die Möglichkeit, Arbeit und Reisen zu verbinden, neue Menschen kennenzulernen und tiefere Einblicke in eine andere Kultur zu gewinnen, haben mich nachhaltig bereichert. Ich habe erfahren, dass ich mit Zeit und Geduld selbstständig ein Leben auf der anderen Seite der Welt aufbauen kann. Zudem hat mich diese Zeit darin bestärkt, dass eine Tätigkeit als Lehrerin im Ausland eine echte Option für mich sein könnte.
Insgesamt bin ich sehr dankbar für diese Erfahrung und würde sie jederzeit wiederholen. Trotz aller Herausforderungen hat mir dieser Aufenthalt einen neuen Blickwinkel eröffnet und mich in meiner persönlichen Entwicklung enorm vorangebracht.
Tipps für andere Praktikant:innen
Vorbereitung
Bewerbung an der Schule, Ausfüllen und Einreichen aller Unterlagen an der Uni, überlegen, ob man in einer Gastfamilie unterkommen möchte oder privat wohnen möchte → mit Schule kommunizieren
Beantragung Visum
Bis zu 80 Tagen braucht man nicht extra ein Visum beantragen
Praktikumssuche
alle möglichen deutschen Auslandschulen frühzeitig anschreiben und rausfinden, ob es möglich ist, ein Praktikum zu absolvieren
Wohnungssuche
Am einfachsten vor Ort über Kontakte oder über airbnb
Versicherung
Ich war über Daad versichert
Formalitäten vor Ort
Telefon-/Internetanschluss
Ich habe mir eine mexikanische Simkarte geholt und diese immer wieder aufgeladen. Das hat ganz wunderbar und problemlos geklappt
Bank/Kontoeröffnung
War für mich nicht notwendig
Alltag/Freizeit
Ausgehmöglichkeiten
Guadalajara ist eine extrem große Stadt. Man sollte die Wege anfangs nicht unterschätzen. Man kommt ganz gut mit dem öffentlichen Transport voran, allerdings muss man sich etwas an den Verkehr gewöhnen. Außerdem gibt es auch immer die Möglichkeit, Uber zu fahren zu recht günstigen Preisen. Es gibt klassische Ausgehbezirke mit Bars, Museen, Restaurants, Clubs, aber es gibt auch ein wunderschönes Umland, in dem man Ausflüge unternehmen kann. Außerdem ist man in 3h am Meer, was sich super für Wochenendtrips eignet.
Sonstiges
Die Schule ist nicht ohne Auto zu erreichen. Es fährt kein Bus dorthin. Die Schule hat eine Whatsappgruppe, in der man sich nach Mitfahrgelegenheiten umschauen kann. Anfangs hat mir das etwas Sorge bereitet, aber im Endeffekt hat es ganz gut geklappt. Man muss sich nur etwas daran gewöhnen, dass man nicht unabhängig