FrauenFörderPlan – wofür?

Am 16. Dezember 2021 hat unser Fachbereichsrat den Frauenförderplan 2022/23 beschlossen. Eigentlich sollte er dann in der letzten Sitzung des Akademischen Senates am 16. Februar gemeinsam mit den anderen Frauenförderplänen der FU beschlossen werden; das wurde dann auf den 2. März und nun erneut auf Ende April verschoben … Naja, scheint nicht als so dringend eingeschätzt zu werden, so dass sich die Frage aufdrängt: Brauchen wir das eigentlich (oder kann das weg …)?

In der Wochenendausgabe der Süddeutschen Zeitung vom 19./20 Februar 2022 forderte Nele Pollatschek in einem überaus lesenswerten Artikel: „Schafft die Frauen ab“, eine Forderung, die auf der Erkenntnis basiert, dass die Kategorie „Frau“ gar nicht so leicht, wenn nicht sogar unmöglich zu definieren ist. Da hat Pollatschek natürlich recht. Und – frei nach Pollatschek -:

eine gesellschaft,
in der jobs und anderes unabhängig vom geschlecht vergeben werden,
in der schuhe nach schuhgröße und stil und nicht nach geschlecht sortiert werden,
in der schwimmwettbewerbe sortiert nach körpergröße und nicht nach geschlecht ausgetragen werden,
so eine gesellschaft braucht keine frauenförderung

Für eine solche Gesellschaft setzen wir uns ein; aber um tatsächlich sicherzugehen, dass z.B. Stellen unabhängig vom Geschlecht vergeben werden, dafür wollen wir schon noch Zahlen sehen. Und deswegen ist ein Frauenförderplan zwar nicht perfekt, aber immer noch besser als gar keine Zahlen!

Kommen wir daher abschließend auf eine Erkenntnis zu sprechen, die eben nur deswegen möglich ist, weil seit Jahren bestimmte Zahlen regelhaft bereitgestellt werden. Was wir im gesamten Fachbereich sehen, ist etwa, dass der Frauenanteil unter den Studierenden nicht nur anhaltend hoch ist, sondern auch, dass ihr Anteil an den Studienabschlüssen durchgängig höher ist als die Studentinnenquote. Auch der Anteil an den Promotionen war in den letzten Jahren gestiegen. Dennoch – also obwohl Frauen offenbar zu einem höheren Anteil ihr Studium abschließen und in ausreichendem Ausmaß promovieren – stagniert ihr Anteil im wissenschaftlichen Mittelbau auf einem erstaunlich niedrigen Niveau.

Frauenanteile im Fachbereich: Studierende, Absolvent*innen, Promovend*innen, wissenschaftliche Mitarbeitende

Daher: Sobald Frauen unabhängig von ihrem Geschlecht als Wissenschaftlerinnen anerkannt und eingestellt werden, können wir die Kategorie gern abschaffen und nach geeigneteren suchen. Vorher nicht.

Quellen

Pollatschek, Nele (19./20.02.2022). Schafft die Frauen ab. Süddeutsche Zeitung, 41, 15.

Psychologie: Frauen unterrepräsentiert

Am 12. Dezember 2019 hat unser Fachbereichsrat (FBR)  den neuen Frauenförderplan 2019/2020 beschlossen (inzwischen, am 13.05.2020, auch vom Akademischen Senat beschlossen). Wer einen Blick hineinwirft, stellt fest, dass 2018 acht von zehn Studierenden im Fachbereich (FB) Frauen waren und fast fünf von zehn Professor*innen weiblich. Gar nicht so schlecht, oder? Stimmt. Darauf können wir aufbauen.

Gleichzeitig  zeigt sich aber auch, dass die Lage in den einzelnen Fächern unterschiedlich zu beurteilen ist. So kommen im Wissenschaftsbereich (WB) Psychologie nur drei Frauen auf zehn Professuren, trotz vergleichbarer Geschlechterverhältnisse bei den Studierenden. Auf der Mitarbeiter*innen-Ebene sieht es etwas besser aus, aber keineswegs zufriedenstellend: Während ihr Frauenanteil im FB bei 59% liegt, beträgt der Anteil im Fach Psychologie nur 49%. Vor dem Hintergrund, dass die Abschlussquoten der Frauen bei 80% und die Promovendinnenquote bei 75% liegen, bleibt noch einiges zu tun!
Was hat sich der FB vorgenommen?

Der FB hat zum einen (1) Zielquoten nach dem Kaskadenmodell festgelegt und zum anderen (2) Maßnahmen beschlossen, um diese Quoten zu erreichen.

1. Zielquoten nach dem Kaskadenmodell

Bei den Zielquoten gilt es, gewissermaßen einen Spagat hinzulegen:
Einerseits strebt der FB grundsätzlich die Gleichstellung der Geschlechter an; Menschen sollten unabhängig von ihrem Geschlecht Psychologie oder Erziehungswissenschaft incl. Grundschulpädagogik studieren.
Das hieße, wir wollen „fifty-fifty“ der Stellen für Frauen.

Andererseits soll berücksichtigt werden, dass mehr als drei Viertel der Studierenden in unseren Fächern weiblich sind; wenn alle die gleichen Chancen haben, dann sollte sich diese Verteilung auch in der Stellenbesetzung bei den wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen und Professuren spiegeln. Daher sind die Zielquoten künftig an die Verhältnisse in der jeweils vorherigen Qualifikationsstufe gebunden (dieses Vorgehen wird als Kaskadenmodell bezeichnet; siehe etwa auch die Forschungsorientierten Gleichstellungsstandards der DFG*).
Das heißt in unserem FB ganz konkret: Eine Frauenquote von mindestens 80% bei den Mitarbeiter*innenstellen  und von mindestens 76% bei den Professuren würde für Chancengleichheit sprechen!
Und: Solange sich Frauen in diesem Ausmaß mehrheitlich qualifizieren, streben wir diese Quoten an.

 

2. Maßnahmen

Was werden wir tun?

  1. Öffentlichkeitsarbeit im FB. Wir machen auf diese konkrete Ungleichstellung aufmerksam – etwa in diesem Blog – und sensibilisieren für das Thema.
  2. Ursachensuche. Wir werden in einem Bericht zur Studien- und Berufsmotivation versuchen herauszufinden, welche beruflichen Chancen  und Perspektiven Absolvent*innen in unseren Fächern an der FU sehen.
  3. Förderung von Nachwuchswissenschaftlerinnen. Die Veranstaltung „Planung einer wissenschaftlichen Laufbahn“ wird von uns fortgeführt.
  4. Frauenförderung bei der Stellenbesetzung. Wir achten im Rahmen unserer täglichen Zusammenarbeit mit allen Kolleg*innen im FB auf Folgendes:
    – Stellenausschreibungen sind genderbewusst zu formulieren.
    – Frauen werden aktiv (ggf. auch durch Talent-Scouting) zur Bewerbung ermutigt.
    – Bei gleicher Qualifikation ist einer Frau bei der Stellenbesetzung der Vorzug zu geben, bis die Zielquoten erreicht sind.

Diese Maßnahmen werden wir im Laufe des Jahres gemeinsam mit der Kommission des Frauenförderplans fortlaufend evaluieren sowie ggf. anpassen und ergänzen.

 

* DFG = Deutsche Forschungsgemeinschaft