Kleine Dinge?

Die kleinen Dinge

(von Johanna Eid)

Es sind die kleinen Dinge.
Die kleinen Dinge, die machen, dass ich übertrieben klinge.
Die machen, dass selbst ich mit meinen Worten ringe und zweifle.
Schließlich hat er dich ja nur berührt.
Berührt, nicht gestreichelt.
Aus Versehen.
Nein, beabsichtigt, aber nur aus Spaß.
Nein, beabsichtigt
und
das
war’s.

Jeder weiß, was richtig und was falsch ist.
Was „ich will“ und was zu weit ist.
Aber es ist einfach passiert.
Aus Versehen.

Nein, jeder weiß, dass ich mal wieder zu viel hineindenk‘.
Nicht, dass Er
sich noch dafür eine einfängt.
Schließlich hat Er mich ja nur berührt. Nicht mehr.
Aus Versehen.
Nein, beabsichtigt
oder so was.

Ob es unangenehm war?
Ja.
Aber das Schlimmste ist,
Jetzt stehe ich,
Nur für mich,
ganz alleine,
ganz klein
da.

Ich bin nicht klein und auch nicht naiv und auch nicht dumm.
Trotzdem weiß ich nicht, ob diese kleine Berührung eine Grenze überschritten hat oder nicht.
Ich wusste es mal und fragst du mich für meine Freunde, dann ist sie mir ganz klar.
Aber ER weiß es, seine Berührungen zu drehen.
Sie so zu drehen, dass sie die Grenzen verwischen, und ich vor lauter Bäumen den Wald nicht sehen
kann.
Aber natürlich nicht beabsichtigt.
Aus Versehen.

Doch ICH muss jetzt mit deinen Worten und Aktionen weiter gehen.
Mir den Kopf zerbrechen.
Für MICH ist es nämlich nicht ungeschehen.
Und ich stehe hier und verbringe die Zeit,
die mir so kostbar ist,
zu versuchen mit diesen kleinen Dingen,
die du getan hast, umzugehen.
Und versuche gleichzeitig die Bedeutung von
‚beabsichtigt‘
und
‚aus Versehen‘
zu
verstehen.


Hat dich dieser Text angesprochen? Fühlst du dich betroffen?

Der 25. November ist der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen. Auch an der FU lassen wir uns nicht beirren und nehmen Belästigung ernst: FU-Richtlinie zum Umgang mit sexualisierter Belästigung, Diskriminierung und Gewalt.

Hilfe und Beratung gibt es hier (eine Auswahl):

Studie am Fachbereich zu sexualisierter Belästigung

Im Rahmen des aktuellen Frauenförderplans sollte untersucht werden, in welchem Ausmaß sexualisierte Belästigung und Gewalt an unserem Fachbereich eine Rolle spielt. Hier die Ergebnisse der Befragung zur sexualisierten Belästigung und Gewalt am Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie im Juli 2020.

Die Untersuchung führten Karen Ollrogge und Malte Roswag gemeinsam mit Bettina Hannover durch.

Im Zeitraum vom 9.7. – 31.7.2020 haben wir eine Befragung durchgeführt, um das Ausmaß zu erheben, in dem sich Studierende an unserem Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie sexualisiert belästigt fühlen oder sexualisierter Gewalt ausgesetzt waren. An der Befragung nahmen insgesamt 515 Studierende teil, wobei sich 420 (82%) davon als weiblich identifizierten. Weitere 79 Studierende (15%) identifizierten sich als männlich und neun Studierende (2%) gaben an, sich als divers zu identifizieren. Da aufgrund der geringen Anzahl der Studierenden, die sich nicht als männlich oder weiblich identifizierten, eine Rückführung ihrer Angaben auf einzelne Personen unter Umständen möglich sein könnte, wurden diese mit den sieben Studierenden (1%), die keine Angaben zu ihrem Geschlecht machten, für die folgende Ergebnisdarstellung zusammengeschlossen.

Um eine Übersicht über das Ausmaß sexualisierter Belästigung und Gewalt an unserem Fachbereich zu erhalten, haben wir eine Auswahl an 15 Situationen präsentiert, die mögliche Szenarien sexualisierter Belästigung oder Gewalt beschreiben. Eine beispielhafte Situation lautete: „Ich habe schon erlebt und es war mir unangenehm, dass mir Obszönitäten hinterhergerufen wurden“. Diese Situationen wurden uns vom Margherita-von-Brentano Zentrum zur Verfügung gestellt.

Von den 15 Situationen haben Frauen im Durchschnitt 6 Situationen sexualisierter Belästigung und Gewalt erlebt, Männer hingegen 4 Situationen (s. Abb. 1, ganz rechts). Damit erlebten Frauen signifikant mehr Situationen sexualisierter Belästigung und Gewalt als Männer [t(122.197) = -4.56; p < .001]. Menschen, die keine Angaben zum Geschlecht machten oder sich als divers identifizierten, erlebten im Durchschnitt 4 Situationen.

Abb. 1: Situationen erlebter sexualisierter Belästigung und Gewalt bei Studierenden des Fachbereichs Erziehungswissenschaft & Psychologie

Wir haben zudem erfragt, in welchem Kontext die Situation sexualisierter Belästigung und Gewalt erlebt wurde (bei Angabe, dass eine solche Situation erlebt worden war), um den Kontext der FU mit anderen Kontexten vergleichen zu können (s. Abb. 1, links). Es konnte zwischen vier Kontexten ausgewählt werden: Situationen an der FU, in einem anderen akademischen Kontext, im Berufsleben oder im privaten Kontext. Es zeigte sich, dass an der FU signifikant weniger Situationen sexualisierter Belästigung und Gewalt erlebt wurden als in einem anderen akademischen Kontext, im Berufsleben oder im privaten Kontext (p < .001).

Betrachtet man den Geschlechtsunterschied bei den erlebten Situationen sexualisierter Belästigung und Gewalt, fällt auf, dass an der FU Männer signifikant mehr Situationen angegeben haben als Frauen, wohingegen im privaten Kontext Frauen signifikant mehr Situationen berichteten als Männer. Im anderen akademischen Kontext und im Berufsleben fanden wir keinen Geschlechtsunterschied.

Bevor diese umgekehrten Geschlechtsunterschiede im Kontext der FU interpretiert werden kann, sollte beachtet werden, dass sich bei fast allen abgefragten Situationen kein Geschlechtsunterschied gezeigt hat. Dieser zeigte sich ausschließlich bei Situationsbeschreibungen, in denen andere Personen in der eigenen Gegenwart über ihr Sexualleben gesprochen haben oder man selbst von anderen Personen über das eigene Sexualleben ausgefragt wurde.

Weiterführend erfragten wir die eigene Reaktion auf die erlebten Situationen sexualisierter Belästigung und Gewalt. Dabei gaben die meisten Studierenden an, dass sie nicht gegen das Verhalten vorgegangen sind oder mit einer ihr nahestehenden Person darüber gesprochen haben. Nur die wenigsten gaben an, dass sie mit einer oder einem Angehörigen der FU darüber gesprochen haben.


Solltest du Diskriminierung, sexualisierte Belästigung oder Gewalt erlebt haben, kannst du dich jederzeit an folgende Stellen wenden (eine Auswahl):