Hermann Ahlfeld (1892 -1983)

Christoph Paul Hermann Ahlfeld wurde am 10. April 1892 in Magdeburg (Preußen) als Sohn von Christoph und Dorothee Ahlfeld (geb. Stille) geboren. 

Nach dem Besuch der Volksschule in Magdeburg (1898 – 1906), erlernte er den Beruf des Bau-, Möbel- und Modelltischler bei Tischlermeister Ernst Hüttenrauch in Magdeburg (1906 – 1910). Von 1910 -1911 arbeitete er als Modelltischler in Erfurt, Mönchen-Gladbach, Grevenbroich, Einswarden und Oldenburg. Von 1912 – 1927 bei Borsig und Siemens in Berlin. Mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 wurde er zum 2. Garde-Infanterie-Regiment nach Potsdam als Militär-Krankenwärter (Sanitäter) eingezogen, im Oktober 1916 aber bereits zum Einsatz in der Industrie nach Berlin entlassen.

Von 1927 – 1930 ging er zu A. Moldenhauer und Söhne in Berlin, Ackerstr. 50. Ab 1930 war er arbeitslos. 

Parallel zu seiner Anstellung und späteren Arbeitslosigkeit engagierte sich das SPD-Mitglied (seit 1911) von 1927 – 1933 als Lehrer an der Berliner Gewerkschaftsschule und von 1932 – 1933 als Organisator und Leiter der Erwerbslosenwerkstätten in Berlin-Charlottenburg. Er selbst bezeichnete sich als in Berlin bekannter Sozialist.

Am 28. Juni 1933 verließ Hermann Ahlfeld seine Wohnung in der Krummestr. 62 in Berlin-Charlottenburg und floh, nach einer Warnung durch Genossen, nach Paris. 

Seine wirtschaftliche Situation in Frankreich war schwierig. Er arbeitete von 1933 bis 1939 als Meister in der Spielzeugfabrik „Jou-Jou“, in 3 eigenen Betrieben und als Modelltischler.

In Frankreich lernte er seine jüdische Ehefrau Marianne Ahlfeld-Heymann, geborene Heymann (07.02.1905 in Köln – 26.06.2003 Haifa) kennen und heiratete sie am 07.04.1941. Marianne war Holzbildhauerin, Kostümdesignerin, Bühnenbildnerin, Maskenschnitzerin und Marionettenbauerin. 

Das Ehepaar Marianne und Hermann Ahlfeld bekamen drei Kinder – Eva Charlotte geboren am 8. Dezember 1941 in Marseille, Martin Nobert geboren am 8. Oktober 1943 in Ales (Losere) und Jean Marcel geboren am 29. März 1945 in Florac (Lozere).

Im September 1939 begann für Hermann Ahlfeld, wie für viele Ausländer in Frankreich, auf Grundlage des Decret-Loi du Juilett 1939, sein Weg durch die Internierungslager. Vom September 1939 bis Oktober 1939 im Stadion Colombes, Paris, von Oktober 1939 bis April 1940 Camp Villerbon bei Elois (Loire), von April 1940 bis Mai 1940 Camp Chambon (Loire) und von Mai 1940 bis August 1940 Arbeits-Bataillon (Arbeitssoldat/Prestataire) in Montauban (Loire). 

Im September 1940 erfolgte die Demobilisierung nach Toulouse und von Oktober 1940 bis Mai 1941 war er Holzfäller und Köhler in Arques bei Carcassonne.

Er selbst bezeichnet die Zeit von 1941-1945 als permanente Flucht innerhalb Frankreichs. Von Dezember 1941 bis Dezember 1942 war er in Marseille und Aux-en-Provence, ab Dezember 1942 bis zum Juli 1946 in St. Privat de Vallongue und Florac (Lozere).

Die Jahre der Internierung und Flucht hinterließen Spuren. Physisch und psychisch erschöpft, begab er sich im Juli 1946 bis Februar 1947 ins Hospital Psychiatrique de St. Alban (Lozere). Ab dem Juni 1947 bis zum Dezember 1948 arbeitete er wieder als Lehrer und Werksmeister im Jugendheim der Israelischen Jugend-Alija in Pougues-les-Eaux.

Im Januar 1949 entschloss sich die Familie zur Auswanderung nach Israel. Auch hier war der Anfang schwer Hermann Ahlfeld arbeitete als selbstständiger Industrie- und Werklehrer im eigenen Betrieb für Lehrmittel.

In den 1950er Jahren stellte er einen Antrag auf Entschädigung in der Bundesrepublik Deutschland. Nach Jahren der Bearbeitung durch die deutschen Behörden, des Vorlegens von Beweismittel und endlosen Schriftverkehres mit Anwälten erhielt er eine Rentenzahlung.

Hermann Ahlfeld verstarb am 08. Februar 1983 in Haifa, Israel.

Teil der Entschädigungsakte 251.028 (liegt vor im: Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten Abt I – Entschädigungsbehörde Abschnittsleitung Aktenverwahrung- und Auswertung I A 4 Fehrbelliner Platz 1 10707 Berlin) ist der Verlust der Wohnung in der Krummestr. 62 in Berlin-Charlottenburg und der dort vorhandenen Bibliothek mit ca. 3500 Büchern und eines Archivs.

Die Universitätsbibliothek der Freie Universität, Arbeitsstelle Provenienzforschung hat 2020, nach Vermittlung der Kollegen des Projekts „NS-Raubgut in der SLUB (Erwerbungen nach 1945)“ der Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB), Kontakt zu einem Sohn von Hermann Ahlfeld aufgenommen.

Da es sich bei den in der Fachbereichsbibliothek für Sozialwissenschaften und Osteuropastudien der Freien Universität Berlin gefundene 8 Bücher, die eindeutig Hermann Ahlfeld zuzuordnen sind, um spezifische Gewerkschaftsliteratur handelt, bat uns sein Sohn diese doch in der Bibliothek zu belassen und den Lesern weiterhin zugänglich zu machen.

Diesem Wunsch kommen wir sehr gerne nach.

Weitere Informationen finden Sie unter: https://lootedculturalassets.de/index.php/Detail/entities/11710