Ein Buch aus der verschollen geglaubten Bibliothek von Alfred Kerr (1867-1947) findet seinen Platz in der Bibliothek der Akademie der Künste

Im März 2024 fand unser Kollege Ulrich Benkenstein von der Fachbibliothek Sozialwissenschaften und Osteuropastudien ein kleines, unscheinbares, blau eingebundenes Buch mit dem Titel „Russland von Heute. Das Reisetagebuch eines Politikers (1929)“. In dem Buch ist die folgende Widmung niedergeschrieben: „Herrn Alfred Kerr in warmer Verehrung. Berlin, den 4. Februar 1930. Erich Koch-Weser“.

Widmung: Erich Koch-Weser an Alfred Kerr
Quelle: Looted Cultural Assets

Laut Zugangsbuch wurde das Buch 1962 im Reise- und Versandbuchhandel Dr. Hubert Jux erworben. Wie es dorthin gelangte, ist nicht mehr zu klären.

Der Name Kerr versetzte uns in Aufregung, denn es handelte sich um den zu seiner Zeit in Berlin überaus bekannten Theaterkritiker, Journalisten und Schriftsteller Alfred Kerr. Er war eine der einflussreichsten Stimmen im deutschen Kulturbetrieb. Er wurde für seinen bissigen Humor wie für seine Verrisse gleichermaßen geschätzt und gefürchtet.

Portrait Alfred Kerr von Robert Sennecke 1932
Quelle: Bibliothèque nationale de France, département / Wikipedia

Seine Lebensgeschichte ist, wie die vieler deutscher Intellektueller mit jüdischem Familien-Background, geprägt von dem kulturellen und intellektuellen Aufblühen Deutschlands und der Verfolgung ab 1933.

Als Alfred Kempner am 25. Dezember 1867 in Breslau geboren, verbrachte er seine Kindheit und Jugend dort und kam 1887 nach Berlin, um hier sein in Breslau begonnenes Studium der Geschichte, Philosophie und Germanistik fortzusetzen. 1894 schloss er sein Studium in Halle mit einer Promotion zur Jugenddichtung Clemens Brentanos als Dr. phil. ab.

Schon während des Studiums schrieb er, unter dem Namen Alfred Kerr, Theaterkritiken für die Vossische Zeitung, die Neue Rundschau, die Breslauer Zeitung und die Königsberger Allgemeine Zeitung. Ab 1900 für die Berliner Zeitung Der Tag.

1911 wurde er Mit- und Herausgeber der Kunst und Literaturzeitschrift Pan. Er war Förderer von Robert Musil, Henrik Ibsen und Gerhart Hauptmann. Er schrieb ab 1919 für das Berliner Tageblatt und für die Frankfurter Zeitung. Parallel veröffentlichte er seine Werke unter dem Titel Die Welt im Licht, New York, London, O Spanien!, Yankee-Land, den Gedichtband Caprichos und den Band Für Alfred Kerr. Ein Buch der Freundschaft von seiner Kindheit und Jugend.

In zweiter Ehe heiratete er 1920 die Komponistin Julia Weismann (1898–1965). Das Paar hatte zwei Kinder: Michael Kerr (1921–2002) und Judith Kerr (1923–2019). Er wurde später Richter am High Court in Großbritannien, sie Schriftstellerin und Künstlerin.

Neben seiner schriftstellerischen Arbeit bezog er ab 1920 bis zum Sommer 1932 in seinen pointierten Glossen für den Berliner Rundfunk Stellung gegen die Nazis, ihren Größenwahn, ihre Brutalität und die Kriegstreiberei.

Staatsfeinde verlieren die Staats-angehörigkeit aus: Tagblatt, Graz, Samstag, den 26.08.1933

Nicht zuletzt dies hatte fatale Folgen. Am 10. Mai 1933 wurden seine Werke von den Nationalsozialisten verbrannt; drei Tage später setzte der Vorstand des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler ihn auf die Liste der Autoren, deren Werke „für das deutsche Ansehen als schädigend zu erachten seien“. Seine Bücher wurden umgehend aus den öffentlichen Bibliotheken ausgesondert.

Er ahnte, was ihm bevorstehen würde und floh bereits im Februar 1933 über Prag in die Schweiz. Seine Familie folgte ihm im März. Nach Stationen in Zürich und Paris, gelangte die Familie 1935 nach London. Kerr arbeitete für verschiedene Zeitungen, u.a. für  das Pariser Tageblatt, Le Figaro, Le Temps und Les Nouvelles Littéraires und die jüdische Wochenzeitung Aufbau in New York.  Er war Präsident des Deutschen P.E.N.-Club im Exil in London (1941-1946). Ab 1945 arbeitete Kerr für die deutschen Tageszeitungen Die Welt und Die Neue Zeitung. 1947 wurde er britischer Staatsbürger. Alfred Kerr starb während einer Vortragsreise durch Deutschland am 12. Oktober 1948 in Hamburg.

Unsere ersten Recherchen zur Bibliothek von Alfred Kerr ließen uns vermuten, dass es sich hier um einen Notverkauf gehandelt haben muss. Für viele ExilantInnen war das der einzige Weg, um ein wenig Geld für die Emigration flüssig zu machen. In den meisten Fällen wurden Bibliotheken, Kunst, Immobilien und andere wertvolle Besitztümer weit unter dem tatsächlichen Wert und unter ökonomischem Zwang veräußert.

Foto: Regal mit Büchern aus der Privatbibliothek von Alfred Kerr in der Bibliothek der Akademie der Künste, Pariser Platz in Berlin (2007 von der Staatsbibliothek zu Berlin, Unter den Linden, restituiert)
Quelle: privat

Bereits 2007 wurden in der Staatsbibliothek zu Berlin 166 Bände identifiziert, die aus Kerrs Besitz stammten und im Jahrbuch der Staatsbibliothek für 1933 als Erwerb „aus der Bücherei eines Berliner Theaterkritikers“ ausgewiesen waren. Heute sind davon nur noch 88 Bände vorhanden, 78 sind in den Wirren des Zweiten Weltkriegs verloren gegangen. In Übereinkunft mit Kerrs Tochter Judith wurden die 88 Bücher an das Archiv der Akademie der Künste übergeben, das den künstlerischen Nachlass von Alfred Kerr verwahrt.

2024 konnten wir Judith Kerr, die in der Zwischenzeit verstorben war, leider nicht mehr kontaktieren. Stattdessen traten wir mit Alfred Kerrs Enkel Matthew Kneale, selbst Autor, in Kontakt. Mit ihm haben wir vereinbart, das Buch zu den bereits vorhandenen Büchern im Archiv zu geben.

von links: Susanne Thier (Leiterin der Bibliothek in der Akademie der Künste), Ulrich Benkenstein, (Bibliothek für Sozialwissenschaften und Osteuropastudien, der FU Berlin), Doris Kachel (Provenienzforscherin im Archiv der Akademie der Künste)
Quelle: privat

Am 20. Juni war es dann soweit, zusammen mit meinem Kollegen Ulrich Benkenstein haben wir das Buch an Susanne Thier, die Leiterin der Bibliothek der Akademie der Künste, und die Provenienzforscherin der Akademie der Künste, Doris Kachel, übergeben.

Wir sind froh, dass wir das Buch in den Teilbestand von Alfred Kerrs ehemaliger Bibliothek einreihen konnten, obwohl die Bibliothek vermutlich nicht mehr vollständig rekonstruierbar ist und viele der Bücher nicht mehr existieren. In der Bibliothek der Akademie der Künste ist sichergestellt, dass die Bücher für die Nachwelt bewahrt und der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Rückkehr nach Riga: Die Kriegsbeute des Hygiene-Instituts der Waffen-SS

Während des Zweiten Weltkriegs rivalisierten deutsche NS-Institutionen in den besetzten Ostgebieten um wertvolle Beutestücke. Ab 1942 beauftragte das Oberkommando der Wehrmacht (OKW) Beschlagnahmungen von Kulturgütern, bei dem das Sonderkommando Künsberg eine zentrale Rolle spielte. Dieses SS-Sonderkommando, das dem Auswärtigen Amt und später der Waffen-SS unterstellt war, richtete Depots von Baltikum bis zur Krim ein, um die Kriegsbeute für den Abtransport nach Deutschland vorzubereiten. Inmitten dieser Machenschaften wurden im August 1944 Tausende Bücher der Universität Lettlands (lettisch Latvijas Universitāte) unter dem Vorwand der Evakuierung als Kriegsbeute nach Deutschland gebracht und galten als unwiederbringlich verloren.

Eines dieser Beutebücher wurde in der Fachbibliothek Biologie am Botanischen Garten, eine der Fachbibliotheken der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin entdeckt: das Buch „Handbuch von Polen“, versehen mit einem Stempel des Hygiene-Instituts der Waffen-SS. Es ist eines von mehreren Büchern mit Herkunftsspuren aus dem Hygiene-Institut der Waffen-SS, die kurz nach dem Zweiten Weltkrieg in die Bibliothek des Botanischen Gartens gelangten. Dieses Exemplar ist jedoch bisher das einzige, bei dem ein eindeutiger NS-Beutegut-Hintergrund aus Riga, Lettland, nachgewiesen werden konnte.


Provenienz: Hygiene-Institut der Waffen-SS
Copyright: Looted Cultural Assets (LCA)

Während des Zweiten Weltkriegs führten Mitarbeiter des berüchtigten Hygiene-Instituts der Waffen-SS menschenverachtende Experimente in Konzentrationslagern und anderen Einrichtungen durch. Der Institutsleiter Joachim Mrugowsky und weitere Mitglieder wurden nach dem Krieg im Nürnberger Ärzteprozess für ihre Verbrechen verurteilt und hingerichtet. Joachim Mrugowsky hatte Ludwig Diels, dem Direktor des Botanischen Gartens Berlin (1921-1945), bereits 1943 angeboten, für den Wiederaufbau von dessen kriegszerstörter Bibliothek Bücher „aus russischen Antiquariaten“ zu beschaffen. Damit war sicherlich NS-Beutegut aus besetzten Ostgebieten gemeint.
Das Buch trägt zwei Eigentumsstempel der Bibliothek der Universität Lettlands in Riga, was eindeutig auf seine Herkunft als Kriegsbeute hinweist.

Provenienz 1: Universitates Fizikās Geografijas un Geonomijas Instituta Biblioteka No 198. xi-80
Provenienz 2: Latvijas Universitātes, Geografijas Institūta bibliotēka No. 375.
Copyright: Looted Cultural Assets (LCA)

Der erste Eigentümer war das Institut für Physische Geographie und Geonomie der Universität (1922-1935), das sich 1935 in zwei separate Institute aufteilte: das Institut für Geographie und das Institut für Geophysik und Meteorologie. Dementsprechend inventarisierte die Bibliothek des Instituts für Geographie dieses Buch in ihren Bestand – dies erklärt das Durchstreichen des Stempels (Provenienz 1), und der Stempel der neuen Struktureinheit: Bibliothek des Instituts für Geographie (Provenienz 2).

Ein weiterer Hinweis auf seine Herkunft ist ein Etikett der renommierten Buchhandlung Ludwig Friederichsen & Co. in Hamburg.

Provenienz: L. Friederichsen & Co. Hamburg I, Rathaus-Hörn, Mönckeberg Str. 22
Copyright: Looted Cultural Assets (LCA)

Die Herkunftskette des Buches lässt sich teilweise rekonstruieren. Es wurde 1917 vom Reimer Verlag veröffentlicht und höchstwahrscheinlich von der Universität Lettland durch die Buchhandlung Ludwig Friederichsen & Co. Hamburg erworben. Während der deutschen Besatzung Lettlands gelangte es als Kriegsbeute in den Besitz der Bibliothek des Hygiene-Instituts der Waffen-SS nach Berlin. Die Universität Lettland hat bei der Bestandsaufnahme 1945 das Buch aus dem Inventar ausgesondert, da es nicht mehr auffindbar war.

Nach Kriegsende wurden die Buchbestände des Hygiene-Instituts der Waffen-SS an das Bezirksamt Zehlendorf übertragen und von dort weiterverteilt. 1946 wurde das Buch im Zugangsbuch unter der lfd. Inventarnummer 848, Lieferant: Bezirksamt Zehlendorf in die Bibliothek des Botanischen Gartens Berlin aufgenommen.

Zugangsbuch 1946, lfd. Nummer 848, Handbuch von Polen, 1917
Lieferant: Bezirksamt Zehlendorf

Das Buch aus der Fachbibliothek Biologie am Botanischen Garten ist hier in der LCA-Datenbank zu sehen.

Nach mehr als 75 Jahren gab die Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin im April 2024 das Buch an die Bibliothek der Universität Lettland zurück. Für beide Universitäten markiert dies einen bedeutsamen Moment, da es sich um das erste Buch aus den einst geplünderten Beständen der Universität Lettland handelt, das zurückgegeben wird.

Fragmented Fates – Provenienzforschung bringt Licht ins Dunkel

Mit der Lichtinstallation Fragmented Fates erinnert die Arbeitsstelle Provenienzforschung der UB der FU Berlin an die jüdischen Opfer des NS-Regimes, die in den Schatten der Geschichte verdrängt wurden.

Quelle: Universitätsbibliothek, Freie Universität Berlin

Hier geht es zur Lichtinstallation:

https://www.fu-berlin.de/sites/ub/ueber-uns/provenienzforschung/10-jahre/lichtinstallation/index.html

Eine Rückgabe aus der Bibliothek von Dr. med. Erich Stern

Am 29. September 2023 fand in Toulouse eine feierliche Zeremonie statt, bei der insgesamt 40 Bücher (6 davon aus der UB) aus der privaten Bibliothek des deutschen Psychologen Dr. med. Erich Stern von der ZLB zurückgegeben wurden. Die einzige Tochter von Dr. med. Erich Stern war Hilde/Hélène Stern, die 2010 verstorben ist, hinterließ den Nachlass ihres Vaters der Groupe Toulousain de la Société Psychanalytique de Paris.

Die gemeinsame Restitution der Freien Universität Berlin und der ZLB wurde durch die enge Zusammenarbeit mit der französischen Kommission für die Entschädigung der Opfer von Enteignungen aufgrund der antisemitischen Gesetzgebung während der Okkupationszeit CIVS möglich.

Erich Stern wurde am 30. Oktober 1889 in Berlin geboren. Er studierte Naturwissenschaften und Humanmedizin. Später wurde er ein renommierter Psychiater, Psychologe und Pädagoge, der insbesondere für seine Arbeiten im Bereich der Psychosomatik und Medizinischen Psychologie bekannt wurde. Im Juli 1914, zu Beginn des Ersten Weltkrieges, trat Stern als Hilfsarzt in den Heeresdienst ein. Während seiner Zeit im Militär diente er zunächst als Unterarzt in verschiedenen Lazaretten. Nach 1917 wurde er zum Oberarzt befördert.

Stern habilitierte 1920 und erhielt einen Lehrauftrag in Pädagogischer Psychologie in Gießen. 1934 wurde er außerordentlicher Professor in Gießen, arbeitete später in Mainz, wo er eine kleine psychiatrische Praxis betrieb. Zudem veröffentlichte Stern bis Ende der 20er Jahre verschiedene Beiträge zur Pädagogik und Jugendpsychologie.

Im Jahr 1933 wurde Dr. med. Erich Stern mit 56 Jahren aufgrund seiner jüdischen Herkunft nach dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ zwangspensioniert und entlassen. Infolgedessen emigrierte er mit seiner Familie in die Schweiz, wo er zunächst am Institut für Hochgebirgsphysiologie und Tuberkuloseforschung in Davos tätig war. Später zog die Familie nach Paris, wo er in der Kinderpsychiatrischen Universitätsklinik der Sorbonne arbeitete und auch Sprechstunden für Kinder mit Intelligenz- und Verhaltensstörungen abhielt. Während dieser Zeit betreute er auch jüdische Emigranten in einem Gesundheitszentrum.

Während der deutschen Besatzung wurde seine Wohnung in der Gemeinde Boulogne-Billancourt, die sich 8 km südwestlich von Paris befand, von der deutschen Wehrmacht vollständig geplündert. Seine große Bibliothek mit über 6.000 Büchern wurde vom Reichssicherheitshauptamt (RSHA) nach Berlin transportiert.

Im Jahr 1938 erlangte die Familie die französische Staatsbürgerschaft. Doch infolge des Drucks der deutschen Nationalsozialisten wurde ihnen diese bereits im Jahr 1943 entzogen, was dazu führte, dass sie staatenlose und verfolgte Juden wurden. Als im Jahr 1940 deutsche Truppen in Frankreich einmarschierten, verließen die Sterns Paris und siedelten sich im Département Dordogne im Süden Frankreichs an. Dort arbeitete Dr. med. Stern im Clairvivre, einem Lungensanatorium, kehrte aber nach Kriegsende nach Paris zurück.

Dr. med. Erich Stern engagierte sich in verschiedenen jüdischen Organisationen, die sich der Betreuung von Waisen widmeten. Von 1950 bis 1956 bekleidete er die Position des „Chargé de Recherches“ am „Centre National de la Recherche Scientifique“ in Paris, wo er weiterhin an wissenschaftlichen Forschungsprojekten arbeitete. Später verbrachte er seinen Lebensabend in Kilchberg bei Zürich.

Nach dem Zweiten Weltkrieg bemühte sich Dr. med. Stern intensiv, aber vergebens darum, seine Bibliothek wiederzufinden und zurückzuerlangen. Der entscheidende Wendepunkt in diesem Bemühen trat erst viele Jahrzehnte nach seinem Tod, nämlich in den Jahren 2020 und 2021, ein, als die ZLB Werke aus Dr. Sterns Bibliothek in ihren eigenen Beständen entdeckte.

Wie kamen die beschlagnahmten Bücher von Dr. med. Erich Stern in die UB der FU Berlin?

Diese sechs Bücher wurden in der Sammlung Alfred Weiland gefunden, die 1979 von der FU Berlin erworben wurde. Weiland arbeitete von Juni 1945 bis Februar 1946 in der sogenannten „Bergungsstelle“ und sortierte dort NS-Raubbücher aus der Bibliothek des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA). Viele davon fügte er seiner eigenen Büchersammlung hinzu. Sowohl die Bücher aus dem Bestand der FU Berlin als auch diejenigen aus der ZLB stammen aus dem RSHA-Depot und fanden in der Nachkriegszeit ihren Weg in die Berliner Bibliotheken.

Das Team der Arbeitsstelle Provenienzforschung freut sich darüber, dass im Rahmen ihrer Arbeit diese Bücher zurückgegeben werden konnten.

Die Bücher in LCA:

https://db.lootedculturalassets.de/index.php/Detail/objects/249285

https://db.lootedculturalassets.de/index.php/Detail/objects/234377

https://db.lootedculturalassets.de/index.php/Detail/objects/288043

https://db.lootedculturalassets.de/index.php/Detail/objects/251731

https://db.lootedculturalassets.de/index.php/Detail/objects/251109

https://db.lootedculturalassets.de/index.php/Detail/objects/250908


Provenienzhinweis Dr. Erich Stern

Weitere Quellen mit Bildnachweis:

Vom früheren Reichssicherheitshauptamt VII Berlin V 30, Eisennacherstr. 11-13, beschlagnahmte Privat-Bibliotheken – Stern, Erich, Pädagoge, Giessen

Quelle: www.fold3.com

„Die Spur der Bücher“ – Ein Interview von Pepe Egger mit Ringo Narewski und Elena Brasiler

Wie gestaltet sich die Arbeit der Provenienzforschung in der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin, und welche Erfolge konnten bisher erzielt werden? Anlässlich des zehnjährigen Bestehens der Arbeitsstelle für Provenienzforschung an der Universitätsbibliothek teilen der Leiter Ringo Narewski und Elena Brasiler ihre Einblicke und Erkenntnisse. Das vollständige Interview von Pepe Egger finden Sie hier.

Bildquelle: Beilage im Tagesspiegel der Freien Universität Berlin vom 8. Oktober 2023

„Seitenumbruch – Lesungen in der UB” an der FU Berlin im Herbst 2023 gestartet

Im Herbst laden das Team der Arbeitsstelle Provenienzforschung und der Verlag Hentrich & Hentrich Sie herzlich ein zu unserer Lesereihe „Seitenumbruch – Lesungen in der UB”.

Zum Auftakt am 12. Oktober 2023 um 18:00 Uhr begrüßen wir Dr. Dr. h. c. Hermann Simon, der aus den Memoiren seiner Mutter liest. Das Buch mit dem Titel „Untergetaucht – Eine junge Frau überlebt in Berlin 1940–1945“ erschien 2014 im S. Fischer Verlag.

Alle Lesungen finden in der Zentralbibliothek der Freien Universität Berlin in der Garystraße 39 statt. Zur besseren Planung bitten wir Sie, sich für die Teilnahme ab der zweiten Lesung am 2. November 2023 bis spätestens zum 31. Oktober 2023 anzumelden. Das Anmeldeformular finden Sie hier.

Alle Lesungen werden auch per Live-Stream übertragen. Den Link zum Live-Stream finden Sie zeitnah auf unserer Webseite.

Hier finden Sie alle Informationen zu den einzelnen Lesungen sowie zu den Terminen.

Eva und Victor Ehrenberg

Wenn wir in der Bibliothek der Heidelberger Hochschule für Jüdische Studien nicht nur NS-Raubgut identifizieren sondern auch Nachkommen der EigentümerInnen dieser Bücher auffinden, bildet das Angebot einer bedingungslosen Rückgabe den nächsten Schritt im Prozess, den wir im Sinne der Washingtoner Prinzipien als „fair und gerecht“ definieren. Gelegentlich aber – wie hier im Fall der Ehrenbergs – empfangen wir von den Angehörigen als Rückmeldung den Wunsch, das Buch in unserer Bibliothek zu belassen. Gewiss freuen wir uns über das uns geschenkte Vertrauen zumal das entsprechende Buch nicht nur thematisch gut aufgehoben ist, sondern auch geographisch, denn die Beschäftigung mit diesem Fall offenbarte uns gleich mehrere Anknüpfungspunkte der Familie nach Heidelberg. Eine ausführlichere Version dieses Beitrags findet sich auf der Webseite der Hochschule für Jüdische Studien.

Exlibris von August Sauer, Heddas Ehemann.

Ausgangspunkt für die Recherchen ist das Buch „Biblische Balladen“ der Autorin Hedda Sauer, erschienen 1923 im böhmischen Liberec/Reichenberg. Die darin enthaltenen Provenienzspuren erweitern die Bedeutung des Buches über den lyrischen Inhalt hinaus zu einem aussagekräftigen zeitgeschichtlichen Dokument.  In der Regel steht die das Buch besitzende Person in einseitiger Beziehung zur Autorin bzw. zum Autor, da für diese/n die Leserschaft anonym bleibt. Hier hingegen liegt ein Befund mit gleich mehreren Anzeichen für eine direkte und persönliche Interaktion vor, zumindest wagen wir es, sie dahingehend zu interpretieren: die Autorin selbst steht in direkter Beziehung zu den in den beiden Exlibris genannten Personen und sie ist die Autorin der händisch eingefügten Widmung.

Neben dem Exlibris von Heddas Ehemann August Sauer befindet sich im Buch ein Besitzvermerk der Eheleute Eva und Victor Ehrenberg…

…sowie eine handschrftliche Widmung von Hedda Sauer aus dem Jahr 1938: „Den Freunden gebundenen Wortes und ungebundenen Geistes“

Wir möchten annehmen, dass die Widmung den Ehrenbergs galt – von einer Bekanntschaft der beiden Paare ist auszugehen. August Sauer sowie Victor Ehrenberg lehrten beide an der Prager Universität, der eine deutsche Literatur, der andere griechische Geschichte. Beide kannten sich über die „Deutsche Gesellschaft für Alterthumskunde„, wie wir dem Auszug aus dem Prager Vereinsregister ersehen können.

Die Suche nach dem Ursprung dieser sehr ästhetischen Bildsprache der Widmung führt uns zum Althistoriker Ernst Curtius, der sich 1857 bei einer Rede an der Göttinger Universität dieser Metaphorik in leicht anderer Form bedient hatte. Wir können davon ausgehen, dass das Zitat in den entsprechenden Kreisen nicht unbekannt war, zumal Victor Ehrenberg ebenfalls in Göttingen – zwar wesentlich später – einen Teil seines Studiums absolviert hatte.

Die Verwendung des Plurals in der Widmung lässt uns vermuten, dass das Buch dem Ehepaar Ehrenberg gemeinsam zugedacht war und so lässt sich auch das Exlibris erklären, dass später unter dem des 1926 verstorbenen August Sauer fixiert worden war.

Bevor die Ehrenbergs 1926 nach Prag zogen, wo Victor den Lehrstuhl für Alte Geschichte erhielt lebte das Ehepaar mit den beiden Söhnen in Frankfurt. In den 30er Jahren wurden die Ehrenbergs auch in der Tschechoslowakei mehr und mehr mit ihrer jüdischen Herkunft, die im privaten Alltag fast keine Rolle spielte, konfrontiert. Die Verlage im Deutschen Reich verweigerten Victor Ehrenberg seine Studien zu publizieren und die Kinder Gottfried (geb. 1921) und Ludwig (geb. 1923) spürten auch in Prag vermehrt Anfeindungen. Spätestens mit dem sogenannten Münchner Abkommen und der Gleichschaltung der Deutschen Universität sowie der deutschen Gymnasien war für die Familie an eine Zukunft in der Tschechoslowakei nicht mehr zu denken. Etwa vier Wochen vor dem Einmarsch der deutschen Truppen in Prag konnte die Familie, mit allen notwendigen Papieren ausgestattet, die Emigration nach England antreten. Eva Ehrenberg reflektierte später die Situation am Prager Bahnhof: „In pausenloser Anstrengung hatten wir das Rennen gemacht; wir kamen heraus, ehe Hitler hereinkam.“

Die genauen Entzugsumstände des Buches aus dem Besitz der Familie sind unklar, doch die Tatsache, dass es aus einem Kontext stammt, in dem in Prag massenhaft geraubte Bücher zusammengefasst worden waren, legt nahe, dass die Ehrenbergs das Buch unfreiwillig zurücklassen mussten.

Ausführlichere Beschreibung und Quellen: Webseite der Hochschule für Jüdische Studien

Nederlands Israëlitisch Seminarium te Amsterdam

Der Arbeitsstelle Provenienzforschung an der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin war es bereits im Frühjahr 2023 gelungen, zwei Exemplare aus dem Besitz des Nederlands Israëlietisch Seminarium te Amsterdam an die heutige Rechtnachfolgerin gleichen Names zu restituieren. Nun konnte ein dritter Band am 25. Juli 2023 zurückgegeben werden.

Hebräischer Band zum Traktat Toharot der Mischna. © Freie Universität Berlin

Das Nederlands Israëlietisch Seminarium (NIS) wurde durch einen Königlichen Erlass vom 26. Februar 1814 gegründet. Das NIS befand sich in der Rapenburgerstraat im Jüdischen Viertel von Amsterdam, neben dem niederländischen Israelitischen Mädchenwaisenhaus.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde Joseph Hirsch Dünner (1833-1911) als Rektor des NIS installiert. Er reorganisierte die Schule und modernisierte die Ausbildung in rabbinischer Literatur. An das Seminar war eine Turnhalle angeschlossen, über die die Studenten zur Universität wechseln konnten. Zu Dünners Schülern gehörten u. a. Abraham Samson Onderwijzer (1862-1934) und Tobias Tal (1847-1898), beide spätere Oberrabbiner in den Niederlanden.

Während der nationalsozialistischen Besatzung der Niederlande wurde das Seminar geschlossen und die Bibliotheksbestände konfisziert. 1943 überführten die Nationalsozialisten den Bestand nach Frankfurt am Main. Die meisten der 60 Lehrer und Schüler wurden während des Zweiten Weltkriegs deportiert und ermordet. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gründete sich das Seminar neu. Teile der nach Frankfurt überführten Bücher wurden zurückgegeben und galten dann bis 1999 als verschollen. Ein Student fand jedoch im März 1999 mehr als 9.000 Bücher auf dem Dachboden einer Amsterdamer Synagoge, die zur historischen Seminarbibliothek gehörten.

Stempel des Nederlands Israëlietisch Seminarium. © Freie Universität Berlin

Nach Rücksprache mit dem NIS konnte die Arbeitsstelle Provenienzforschung erfahren, dass die im Bibliotheksbestand für Judaistik identifizierten Bücher, den ersten Fund seit 1999 darstellen. Es ist davon auszugehen, dass noch weitere Werke aus dem historischen Bestand des NIS auf ihre Entdeckung warten.

Der Weg in den Bestand der Campusbibliothek der FU Berlin erfolgte durch drei zeitlich unabhängige Einkäufe im Amsterdamer Antiquariat „Spinoza“. Somit gelangten Teile des Bibliothekskorpus des NIS wohl nach 1945 auf dem antiquarischen Markt. Ein Nachweis, dass die in der FU Berlin identifizierten Bände ebenfalls von den Nationalsozialisten nach Frankfurt überführt wurden, konnte bis dato nicht recherchiert werden. Ein mögliche Transportliste existiert nach jetzigen Erkenntnissen nicht.

Umso mehr freut sich das Team der Arbeitsstelle Provenienzforschung darüber, dass im Rahmen ihrer Arbeit drei Bücher aus dem NIS im Jahr 2023 wieder nach Amsterdam zurückgekehr sind.

Die Bücher in LCA:

  1. https://db.lootedculturalassets.de/index.php/Detail/objects/277819
  2. https://db.lootedculturalassets.de/index.php/Detail/objects/271139
  3. https://db.lootedculturalassets.de/index.php/Detail/objects/269041

Rückgabe an die Jüdische Gemeinde zu Berlin

Die Arbeitsstelle Provenienzforschung an der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin freut sich über eine weitere Rückgabe eines Buches an die Bibliothek der Jüdischen Gemeinde zu Berlin. Seit dem 31. Juli 2023 befindet sich das Buch in den Bibliotheksräumen in der Fasanenstraße.

Titelblatt des 1908 vom Bureau für die Statistik der Juden publizierten Büchleins. © Freie Universität Berlin

Das Buch gelangte über Israel in den Besitz des Instituts für Judaistik an der Freien Universität Berlin. Die Einarbeitung in den Bibliotheksbestand erfolgte am 25. Juni 1977. Anhand der Provenienzhinweise, die in dem Band zur Geschichte der Juden in Österreich identifiziert werden konnten, kann der Weg des Buches fast vollständig rekonstruiert werden. Da das Vorsatzblatt aus unbekannten Gründen entfernt wurde, könnten weitere Spuren zum Vorbesitz getilgt worden sein.

Sicher ist, dass der Band durch die Jewisch Cultural Reconstruction, Inc. nach Israel transferiert wurde. Es kann deshalb davon ausgegangen werden, dass das Buch als herrenloses Kulturgut im Offenbach Archival Depot (OAD) lagerte. An welche Bibliothek es in Israel weiterverteilt wurde, ist nicht bekannt. Durch den Stempel des Handelshaus der Bibliothek „Zohar“ wissen wir, dass das Buch im Antiquariatshandel landete. Dort wurde es 1977 von der FU Berlin erworben.

Anhand der nachgewiesenen Provenienzen bewertet die Arbeitsstelle Provenienzforschung das Buch als NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut: Die Bibliothek der Jüdischen Gemeinde zu Berlin wurde 1939 von den Nationalsozialisten liquidiert und die Bestände beschlagnahmt. Nach mehr als 80 Jahren befindet sich der Band damit wieder im Besitz der JGzB.

Das Buch in LCA: https://db.lootedculturalassets.de/index.php/Detail/objects/257857

Rückgabe eines Buches an die Familie Kallner

2023 konnte von der Zentral- und Landesbibliothek Berlin ein Buch der Familie Kallner zurückgegeben werden.

Durch ein Exlibris und eine im Buch eingelegte Glückwunschkarte konnte eindeutig David Kallner als vormaliger Eigentümer identifiziert werden. Bei dem Buch handelt es sich um einen Parschanim, einen rabbinischen Kommentar, in dem es u.a. um Verbote des Verzehrs unkoscherer Lebensmittel und dem Verhalten gegenüber Nichtjuden geht. In Bezug steht es zum Buch der Sprüche Salomos Kapitel 13-15 und 19. Der Titel nimmt direkten Bezug auf Sprüche 15:23.

David Kallner wurde ca. 1838 in Pajūris, Russland geboren. Er war verheiratet mit der 1847 ebenfalls dort geborenen Babette Kahn. Das Paar hatte fünf Kinder und lebte bis mindestens 1881 im heutigen Litauen. 1886 zog die Familie nach Merchingen, wo David Kallner stark in der Jüdischen Gemeinde aktiv war, u.a. als Kantor. Seine Tätigkeit sowie die lokale Verortung in Merchingen führten schließlich zur eindeutigen Zuordnung der Provenienzhinweise. Merchingen liegt wie Braunsbach in Baden-Württemberg, dem Wirkungsort des auf der ebenfalls im Buch gefundenen Karte glückwunschenden Rabbiners Dr. Jakob Berlinger. Jakob Berlinger wurde am 1866 in Braunsbach geboren. Er war von 1900 bis zur Verlegung des Rabbinats nach Schwäbisch Hall 1913 Rabbiner in Braunsbach. Berlinger und seine Frau Rifka Herz (*1880) konnten 1939 aus Deutschland fliehen und emigrierten nach Palästina. Jakob Berlinger starb dort 1945, Rifka folgte ihm ein Jahr später.

Die im Exlibris von David Kallner enthaltene Bezeichnung מהר׳ר (Mehorar = unser Lehrer, Herr und Meister) weist auf einen traditionsfrommen Gelehrten hin. David Kallner starb am 26. Februar 1909 in Merchingen. Eine Todesanzeige aus der Zeitschrift „Der Israelit“ bezeichnet ihn als Lehrer, Vorsänger und großen Talmudisten.  Babette Kahn war bereits 1888 verstorben. David Kallner heiratete ein Jahr später ein zweites Mal, die 1851 in Järkendorf, Unterfranken, geborene Bertha Niedermann. Mit dieser hatte er einen weiteren Sohn, Philipp.

Es ist anzunehmen, dass das Buch von einem der Kinder von David Kallner geerbt wurde.

  • Abraham Kallner wurde am 23. April 1868 geboren. Er war verheiratet mit Lena Lark. Abraham Kallner wanderte vor 1929 in die USA aus, er starb am 31. Mai 1929 in Gary, Indiana. Er kommt als Letzteigentümer des Buches nicht infrage.
  • Jacob Kallner wurde am 12. Oktober 1870 geboren. Er war verheiratet mit Bertha Strauß. Jacob Kallner war Arzt. Jacob und Bertha Kallner konnten 1939/40 über die Schweiz in die USA emigrieren und überlebten so den Holocaust. Beide starben 1946 in Chicago. Es ist gut möglich, dass Jacob Kallner, seine Frau oder seine Kinder das Buch vor dessen Entzug besessen haben.
  • Adolf Leser Kallner wurde am 13. August 1873 geboren. Er war verheiratet mit Sara Beith, Nachfahren sind nicht bekannt. Adolf Leser Kallner starb bereits am 13. Januar 1922 in Bad Soden. Es ist daher sehr unwahrscheinlich, dass er der Letzteigentümer des Buches war.
  • Bettie Sara Kallner wurde am 1. Oktober 1877 geboren. Sie wanderte bereits 1891 in die USA aus und ließ sich in Chicago nieder. Sie starb dort 1944. Bettie Sara Kallner kommt als Letzteigentümerin des Buches vor dessen Entzug nicht infrage.
  • Joseph Kallner wurde am 6. Januar 1881 geboren. Er war verheiratet mit Gertrud Katzenstein. Joseph Kallner war ebenfalls Arzt und lebte in Berlin, wo er am 20. August 1938 starb. Es ist gut möglich, dass Joseph Kallner, seine Frau oder seine Kinder das Buch vor dessen Entzug besessen haben.
  • Philipp Kallner wurde am 22. Juli 1892 geboren. Er fiel im Alter von nur 23 Jahren im I. Weltkrieg in Galizien, sein Todesdatum ist der 28. Juli 1915. Er kommt als Letzteigentümer des Buches nicht infrage.

Joseph und Jacob Kallner hatten beide jeweils vier Kinder, von denen insgesamt sieben den Holocaust überlebten – Joseph Kallners 1913 geborene Tochter Eva starb bereits im Alter von ca. 3 Jahren. Insgesamt konnten in der genealogischen Recherche zur Familie Kallner über 30 direkte Nachkommen von Joseph und Jacob Kallner recherchiert werden.

Der Zugangsweg des Buches in den Bestand der Zentral- und Landesbibliothek Berlin ist unklar. Es wurde in unbearbeiteten Depotbeständen gefunden und enthält keinerlei Einarbeitungsspuren. Anhand der durch die enthaltenen Provenienzmerkmale recherchierten Familiengeschichte der Kallners ist es wahrscheinlich, dass das Buch Teil des Ankaufs der Bücher der deportierten Berliner Jüdinnen und Juden durch die Berliner Stadtbibliothek 1943 war. Praktisch auszuschließen ist ein gezielter Ankauf, z.B. über den Antiquariatshandel, dafür fehlen nicht nur jegliche Hinweise, das Werk ist auch viel zu speziell für den Bestand der Berliner Stadtbibliothek.

Für ihre Unterstützung bei der Recherche, Übersetzung und Transliteration bedankt sich die ZLB herzlich bei Dr. Nick Block, Dr. Michael Brocke, Dr. Anke Geißler-Grünberg, Uwe Hofschläger, Stephan Kummer und Gudrun O’Daniel-Elmen.


Quellen:

  • Schwoch, Rebecca (Hrsg.): Berliner jüdische Kassenärzte und ihr Schicksal im Nationalsozialismus : Ein Gedenkbuch. Berlin: Hentrich & Hentrich, 2009. S. 423 ff.
  • Doetz, Susanne und Kopke, Christoph: „und dürfen das Krankenhaus nicht mehr betreten“ : der Ausschluss jüdischer und politisch unerwünschter Ärzte und Ärztinnen aus dem Berliner städtischen Gesundheitswesen 1933-1945. Berlin: Hentrich & Hentrich, 2018. S. 233.
  • Strauss, Herbert A./Röder, Werner (Hrsg.): International Biographical Dictionary of Central European Émigrés 1933-1945, hrsg. Vom Institut für Zeitgeschichte München. Volume II, Part 1: A-K. the Arts, Science and Literature. München [u.a.] 1999, S. 588.
  • https://www.alemannia-judaica.de/merchingen_synagoge.htm (Abschnitt: Zum Tod von Lehrer D. Callner)