Restitution an die Jüdische Gemeinde Frankfurt am Main K. d. ö. R.

Die Arbeitsstelle Provenienzforschung an der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin freut sich über die Rückgabe eines Buches an die Jüdische Gemeinde Frankfurt am Main (JG FFM). In dem Buch, was am 3. Mai 2023 restituiert werden konnte, befindet sich der Bibliotheksstempel des „Israelitischen Krankenhauses der Israelitischen Gemeinde Frankfurt am Main„.

Bibliotheksstempel des Israelitischen Krankenhauses FFM. © Freie Universität Berlin

Das erste Gemeindekrankenhaus der JG FFM eröffnete 1875. Da das Gebäude schon bald nicht mehr genügend Platz für die Patientinnen und Patienten bot, entschied sich die jüdische Gemeinde 1904 für einen zeitgemäßen Neubau. Der Bau des neuen Gebäudes an der Gagernstraße begann 1909. Die feierliche Eröffnung erfolgte im Jahr 1914.

Von den Folgen der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 war der Krankenhausbetrieb zunächst nicht direkt betroffen. Im Rahmen der „Arisierung“ musste die IG FFM am 1. April 1939 das Gelände, die Gebäude und die Einrichtung zum Preis von 900.000,- RM an die Stadt Frankfurt am Main zwangsverkaufen. Dazu gehörte auch die Bibliothek. Der Gemeinde wurde gestattet, gegen Miete weitere drei Jahre im Gebäude zu bleiben. Immer mehr Altersheime, Kinderheime und Krankenhäuser wurden nun geschlossen und deren Bewohnerinnen und Bewohner in das Krankenhaus verlegt. Die koschere Küche musste 1940 schließen. Bis Oktober 1942 wurde das Krankenhaus zwangsgeräumt. Die Patientinnen und Patienten und viele der Schwestern wurden nach Theresienstadt und in die Vernichtungslager im Osten deportiert. Durch einen Luftangriff am 4. Oktober 1943 wurde der Gebäudekomplex schwer beschädigt. Nach Kriegsende kamen die Liegenschaften wieder in den Besitz der Jüdischen Gemeinde FFM. Heute existiert auf dem Gelände das jüdische Altenheim. Die Gemeinde entschied sich Mitte der 70er-Jahre dazu, das Krankenhausgebäude abzureissen.

Der Weg des Buches in den Bestand der UB der Freien Universität lässt sich nicht lückenlos klären. Erschwert wird die Recherche dadurch, dass das Buch 1962 neu gebunden wurde. Mögliche Anhaltspunkte zum Vorbesitz können damit verloren gegangen sein. Außerdem existieren für diesen Bestand keine Zugangsbücher. So kann nur mithilfe der Zugangsnummer nachgewiesen werden, dass der Band 1954 durch die FU Berlin akquiriert wurde. Überdies hat eine uns nicht bekannte Person sich darum bemüht, alle Stempel bis auf einen des Israelitischen Krankenhauses FFM zu übermalen. Dass noch ein vollständiger Stempel im Buch zu finden war, muss als glücklicher Zufall gewertet werden.

Vermutlich wurde hier der rote Bibliotheksstempel des Krankenhauses der IG FFM durchgestrichen. © Freie Universität Berlin

Aufgrund der begrenzten Informationen zum Erwerb kann das Buch nur anhand der enthaltenen Merkmale bewertet werden. Der Titel weist das Buch als eindeutigen Besitz der historischen IG FFM aus, die 1939 liquidiert wurde. Es handelt sich demnach mit hoher Wahrscheinlichkeit um NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut. Deshalb entschied sich die Arbeitsstelle Provenienzforschung dazu, das Buch an die Rechtsnachfolgerin, die JG FFM, zu restituieren.

Das Buch in LCA:

https://db.lootedculturalassets.de/index.php/Detail/objects/282672

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