Am 23.02.2022 konnten die Arbeitsstelle für Provenienzforschung an der Freien Universität Berlin (FU Berlin) und die Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg (HfJS) drei Bücher an die Jüdische Gemeinde zu Dresden K.d.ö.R. (JGzD) restituieren.
Im Jahr 1911 erwarb die Israelitische Religionsgemeinde zu Dresden (IRG) die bedeutende judaistische Privatbibliothek des (evangelischen) Hebraisten Karl August Wünsche (1838-1913). Sie wurde nicht in die bestehende Gemeindebibliothek integriert, sondern lediglich angegliedert und fortan als sogenannte Wünsche-Bibliothek geführt. Die eigens dafür angefertigten Stempel bezeugen die Stellung, die dem neuen Bestand beigemessen wurde. Im Jahr 1927 veröffentlichte die IRG einen Katalog des vorhandenen Bestands an Büchern – auch hier getrennt nach Wünsche-Bibliothek und Gemeindebibliothek. Alle drei restituierten Bücher konnten in diesem Katalog nachgewiesen werden.
Mit den Novemberpogromen ging die Beschlagnahmung der Bibliothek der Religionsgemeinde einher und vom 21. bis 24. Juli 1939 war SS-Untersturmführer Stein vor Ort „um die Verpackung folgender in Dresden beschlagnahmter Judenbibliotheken zu überwachen: 1. Israelitische Gemeinde 2. Wünschebibliothek“. Es handelte sich um etwa 6.000 Bände, die in 58 Kisten auf Anweisung von SS-Sturmbannführer Dr. Helmut Knochen an das SD-Hauptamt nach Berlin gesandt wurden.
Im Falle der in Heidelberg identifizierten Exemplare kann im Hinblick auf den Kontext der untersuchten Sammlung von einer Verlagerung ins Protektorat Böhmen und Mähren (1943?) ausgegangen werden – entweder nach Theresienstadt und/oder ins Prager Jüdische Zentralmuseum. Von dort aus gelangten sie in den 1960er Jahren in die BRD und schließlich nach Heidelberg. Dass aber nicht der komplette Bestand der Gemeindebibliothek ins Protektorat überführt worden war, legt ein in der ZLB identifiziertes (und 2013 restituiertes) Exemplar nahe, das den Hinweis auf die Bergungsstelle 15 enthält.
Bereits im Jahr 2017 konnte die Arbeitsstelle für Provenienzforschung aus dem Biblitheksbestand der FU Berlin ein Buch mit der Provenienz der Wünsche-Bibliothek an die JGzD restituieren. Bei dem im Feburar 2022 restuierten Band handelt es sich um einen antiquarischen Ankauf. Die Akquisition erfolgte laut Zugangsbuch am 01.12.1965. Bei dem Verkäufer ist nur der Name „Reinhardt“ notiert, sodass der genaue Weg des Bandes nicht rekonstruiert werden kann.
Recherchergebnis: NS-Raubgut
Die drei Exemplare im Detail: