Nederlands

Beobachtungen zur niederländischen Sprache

Unterwegs im Maulwurfszug

Auf Konferenzreise kam ich ins Nachdenken über mein Reisemittel. Um darüber zu berichten, gibt es auf Deutsch zwei Möglichkeiten:

Ich fahre mit dem Zug.
Ich fahre mit der (Eisen-)Bahn.

Im Prinzip bezeichnet Zug das Fahrzeug an sich, die Eisenbahn oder Bahn steht hauptsächlich für die Infrastruktur oder das Unternehmen. Die Bahn kann aber in solchen Zusammenhängen auch den Zug bezeichnen. Sonst hätte auch der frühere Werbeslogan „Die Bahn kommt.“ nicht funktioniert. Auf Niederländisch hat man nur eine Möglichkeit:

Ik ga met de trein.

Nicht aber:

*Ik ga met de spoorweg(en).

Alternativ dazu kann man mit einem Verb treinen. Vorausgesetzt, man haalt de trein (dt. Man erwischt den Zug.)

Die Zweiteilung zwischen Fahrzeug und Infrastruktur bzw. Unternehmen ist im Niederländischen kategorischer. Auch bei anderen Schienenverkehrsmitteln sind wir im Deutschen recht flexibel und sprechen vor allem von Bahnen: Die Straßenbahn, die U-Bahn, die S-Bahn. Die Bezeichnung Zug funktioniert für diese Transportmittel höchstens im sehr technischen Sinne, z.B. wenn das jeweils konkrete Material kaputt ist. In Berlin haben wir mit der S-Bahn öfter als uns lieb ist die Gelegenheit zu solchen Aussagen. Das Niederländische geht diesen Feinheiten beim Nahverkehr aus dem Weg und zieht Internationalismen vor, zum Beispiel de tram (wie auch auf Deutsch die Tram oder in der Schweiz das Tram), de metro usw.

Dasselbe gilt auch für den inzwischen schon nostalgischen trolleybus, den es im niederländischsprachigen Gebiet nur noch in Arnheim gibt, in Gent seit einigen Jahren nicht mehr. In Deutschland haben noch ein paar Städte ein kleines Netz von Bussen mit Stromabnehmer, die ausführlich Oberleitungsbusse heißen, oder kurz: O-Busse. Offenbar haben wir Deutschsprachige eine Vorliebe für Kurzformen im Nahverkehr. Wir sammeln einzelne Buchstaben für U-Bahn, S-Bahn und O-Bus.

Buchstabensammeln ist sonst ein Privileg der Eisenbahngesellschaften. Die belgische NMBS/SNCB verliert mit 8:9 nur knapp gegenüber der SBB/CFF/FFS aus der Schweiz. Die Helvetier könnten eigentlich noch höher gewinnen beim Buchstabenzählen, wenn sie auch die rätoromanische Abkürzung noch auf ihre Waggons drucken würden.

Ein echter „moltrein“. (Abb.: amazon.de)

Poetisch ist das alles nicht gerade. Unaussprechliche Buchstabenkombinationen sind nicht unbedingt dazu geeignet, den Passagieren Lust auf öffentliche Verkehrsmittel (nl. openbaar vervoer) zu machen. Wie viel geschickter und bildhafter ist da doch der Ausdruck für U-Bahn auf Afrikaans: moltrein. Natürlich klingt metro weltmännisch, aber wer würde statt mit der U-Bahn nicht viel lieber mit dem Maulwurfszug fahren?

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Der Beitrag wurde am Freitag, den 20. Februar 2015 um 10:00 Uhr von Philipp Krämer veröffentlicht und wurde unter Afrikaans, Sprachvergleich, Wortschatz abgelegt. Sie können die Kommentare zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. Kommentare und Pings sind derzeit nicht erlaubt.

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