Eifersüchtig schläft man besser? Ein kleines Vokabelproblem führte kürzlich zu einem absurden Missverständnis mit einer Freundin aus Norwegen, die zu Besuch war. Der Vorschlag war gut gemeint, nämlich die Jalousie herunterzulassen. Die heißt bloß auf Norwegisch anders, nämlich persienne. Das Wort sjalusi gibt es zwar auch, es bedeutet aber nur Eifersucht. Damit hatten wir unbeabsichtigt ein Paar von falschen Freunden in der Königsdisziplin gefunden: Lehnwörter, die unterschiedliche Wege gegangen sind.
Die französische jalousie hat in den germanischen Sprachen tatsächlich ziemlich viel Terrain eingenommen, nämlich einerseits als Neidgefühl und andererseits als Sichtschutz vorm Fenster. Beide sind natürlich miteinander verbunden: Die Jalousie schützt vor missgünstigen Blicken von außen.
Das Niederländische hat es sich dabei von allen Sprachen am einfachsten gemacht und das Wort einfach für beide Bedeutungen übernommen, orthographisch leicht angepasst als jaloezie – also längst nicht so radikal wie im Norwegischen. Damit steht Niederländisch wie so oft zwischen den anderen Sprachen:
Deutsch | Niederländisch | Englisch | Norwegisch |
Jalousie | jaloezie | jalousie
(auch: blind, shutter) |
persienne |
Eifersucht | jaloezie | jealousy | sjalusi |
Im Osten und im Norden kennt man nur für eines der beiden Konzepte dieses Lehnwort. (Wobei das Norwegische sich wieder ein anderes französisches Wort für den Blickschutz ausgesucht hat.) Im Westen, auf Englisch, unterscheidet man beide Wörter zumindest in der Schreibweise, wobei jalousie wohl eine ganz bestimmte technische Form bezeichnet, während blinds oder shutters sonst geläufiger sind. Die Details sollen Fachleute aus dem Bauwesen unter sich ausmachen.
Für das zugehörige Adjektiv hat sich das Niederländische noch etwas Besonderes einfallen lassen: Woher kommt das „r“ in jaloers wenn doch die französische Grundform nur jaloux lautet? Es gibt offenbar höchstens spekulative Erklärungen dafür.
Wem das alles zu unübersichtlich ist, kann auf Deutsch wie Niederländisch auch zu nicht-entlehnten Wörtern greifen: Missgunst bzw. afgunst. Interessanterweise haben sich die zwei Sprachen für verschiedene Präfixe entschieden um das Negative auszudrücken, also jemandem etwas nicht zu gönnen. Bei der deutlich allgemeineren Ungunst bzw. ongunst sind beide sich wieder einig. Zur Auswahl steht außerdem noch die ijverzucht, aber wenn selbst der Van Dale das Wort schon als archaïsch bezeichnet, ist es wohl wirklich nichts für den alltäglichen Sprachgebrauch.
Topaktuell ist dagegen – da Spielereien mit Lauten bzw. Buchstaben in diesem Wortfeld offenbar erlaubt sind – die sehr typisch niederländische Eifelsucht. Die Temperaturen steigen, das Wetter wird freundlicher, und schon tummeln sich unsere Nachbarn wieder auf dem Campingplätzen und in den Bungalowparks der deutschen Mittelgebirge. Ich gönne es ihnen: Zugegeben keine Art der Ferien, bei der ich große Missgunst verspüre.
Tags: Affixe, Auf Deutsch, Lehnwörter
Am 10. Mai 2019 um 01:17 Uhr
„Eifelsucht“ habe ich noch nie gehört und das soll typisch niederländisch sein? Bitte um Belegen, denn online finde ich es nur als Tippfehler …
Am 10. Mai 2019 um 09:00 Uhr
Wie im Halbsatz direkt davor angedeutet, ging es hier nicht um eine belegbare Tatsache, sondern um ein Wortspiel (auf Basis der Frage, woher jaloers das „r“ hat). Das ist dieser typisch deutsche Humor, um den uns alle Welt beneidet, Sie wissen schon…