Die Beziehungen zwischen Portugal und den Lage Landen sind lang und intensiv, nicht nur auf den Azoren oder auf der Anzeigetafel am Flughafen. Auch in vielen anderen Kapiteln von Geschichte und Gegenwart Portugals gibt es Verbindungen, von den flämischen Teppichen in der Burg von Guimarães, dem „Geburtsort“ der portugiesischen Nation, bis hin zum praktisch weltumspannenden niederländisch-portugiesischen Krieg in der Kolonialzeit. Zwei besondere Verbindungen haben bis heute Spuren hinterlassen, und zwar in der Namensgebung.
Die eine Verbindung begegnet einem, wenn man Porto besucht. Schaut man von der Stadt aus über den Douro, reihen sich am anderen Ufer die Kellereien und Lager der Portwein-Hersteller aneinander. Alle werden überragt von dem Schriftzug der Kellerei Sandeman, die etwas niederländisch klingt, aber wie die allermeisten anderen Hersteller einen britischen Hintergrund hat. Zwischen den vielen traditionellen englischen Namen findet sich aber auch ein wirklich niederländischer: Niepoort. Dass die Niederlande beim Handel mit Portwein mitmischen wollten, ist sicher kein Wunder. Relativ spät, erst im 19. Jahrhundert, begann deshalb ein Franciscus Marius van der Niepoort aus Hilversum damit, die feinen Weine aus Portugal in sein Heimatland zu verkaufen. Bis heute sticht der ungewöhnliche Name der Familie Niepoort aus den vielen englischen und portugiesischen Marken hervor. Dasselbe tun ein paar deutsche Namen wie etwa die Kellerei Kopke (deren Vorfahren Köpke hießen und aus Hamburg kamen), oder die der Familie Burmester, die aus Deutschland auch erst den Umweg über Großbritannien machte.
Die zweite und deutlich erstaunlichere Verbindung ist kein Eigenname, sondern ein Gattungsname. In jedem portugiesischen Supermarkt findet man ein Kühlregal mit queijo flamengo: „flämischer Käse“. Diese Kategorie fasst alle milden, schnittfesten Käsesorten zusammen. Vorbild war der Edamer, den man schon vor Jahrhunderten schätzen lernte und importierte. Über Portugal wurde der Käse auch nach Brasilien weiterverkauft, wo man von queijo do reino sprach: „Königreichskäse“. Gemeint waren natürlich nicht die Niederlande und schon gar nicht das Königreich Belgien (das es noch nicht gab), sondern das Königreich Portugal.
Nach Edamer Vorbild werden die „flämischen“ Käsesorten heute weiterhin vor allem in kompakten, rundlichen Laiben verkauft, oft aber auch geschnitten in Scheiben. Marktforschung der Milchindustrie ergab, dass flämischer Käse in Portugal inzwischen den überragend größten Marktanteil hat. Wie der Käse zu seinem Namen kam, ist dennoch ein Rätsel. Edam ist schließlich keine flämische Stadt, sondern durch und durch holländisch. Zu aller Verwirrung wird viel queijo flamengo auf den Azoren hergestellt, wo es eine bedeutende Milchindustrie gibt. Die dortigen historischen Flamen haben mit der Namensgebung aber nichts zu tun. Möglicherweise spielte es eine Rolle, dass Portugal zeitweise stärkere Verbindungen mit Flandern hatte als mit Holland. Oft genug muss es Flandern ertragen, das die dortige Sprache oder Kultur als holländisch bezeichnet wird – in Portugal geht die Verwechslung in die andere Richtung. Und so müssen die Holländer es verdauen, dass man ihr Käse-Erbe in Südwesteuropa als flämisch verkauft.
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