Ein Beitrag von Marleen M.
Die im Folgenden beschriebene Unterrichtssituation ereignete sich im Englischunterricht einer vierten Klasse. Zur Wiederholung und Festigung von Vokabeln spielte die Lehrerin mit den Schüler*innen das Spiel „Bankrutschen“. Die Lehrkraft nennt eine Vokabel auf Deutsch und wer der beiden Schüler*innen, die an einem Tisch stehen, diese schneller auf Englisch sagt, darf zum nächsten Tisch weitergehen. Dann bekommen die Schüler*innen an diesem Tisch ein Wort, welches sie übersetzen sollen, dann geht es zum nächsten Tisch usw.
Anfangs funktionierte das Spiel noch sehr gut und die Klasse schien Spaß dabei zu haben, jedoch begann ein Schüler, laut die Antworten zu rufen, während er nicht an der Reihe war.
Die Lehrerin ermahnte den Schüler mehrmals und auch die anderen Kinder in der Klasse beschwerten sich darüber, dass er die Antwort vorsagte und ihnen somit die Chance nahm, von selbst auf das richtige Wort zu kommen. Als er dann an der Reihe war, antwortete er immer deutlich schneller als die anderen und war der einzige, der noch weiterrutschte. Schließlich forderte die Lehrerin den Schüler dazu auf, nach vorne zu kommen und an ihrer Stelle den anderen Schüler*innen die Vokabeln, welche sie übersetzen sollten, vorzugeben. Von diesem Zeitpunkt an funktionierte das Spiel deutlich besser, da niemand mehr dazwischenrief und nun auch verschiedene Schüler*innen dazu kamen, die richtige Lösung zu sagen und einen Tisch weiterzurutschen.
Meine Einsichten
Indem sie dem Schüler die Aufgabe übertragen hat, sich die Wörter für das Spiel zu überlegen, hat die Lehrkraft ihm die Möglichkeit gegeben, sein umfangreicheres Vorwissen anzuwenden. Sie hat erkannt, dass er den Unterricht gestört hat, da er vermutlich gelangweilt oder unterfordert war. Daraufhin hat sie, anstatt ihn für die Störungen zu bestrafen, dafür gesorgt, dass er mehr mit einbezogen und gefordert ist. Dadurch war die Störung schnell beendet und die anderen Schüler*innen in der Klasse konnten sich wieder besser beteiligen, wodurch sie auch mehr Spaß an der Übung hatten. Somit haben der Schüler und die restliche Klasse von der Maßnahme der Lehrkraft profitiert und der Unterrichtsfluss wurde nicht weiter unterbrochen.
Meine Folgerungen
Ich denke, es ist wichtig, sich in die Schüler*innen, die den Unterricht stören, hineinzuversetzen, um möglichst herauszufinden, warum sie sich in diesem Moment so verhalten. Daraus lassen sich oftmals direkt Maßnahmen ableiten, welche sich auf die Ursache der Störung beziehen und diese beenden.
Sicherlich lassen sich nicht alle Störungen so beenden und es gibt definitiv Situationen, in welchen „Strafen“ notwendig sind, doch ich denke, dass es sinnvoll ist, vorher zu überlegen, wo die Ursache des auffälligen Verhaltens des Schülers/ der Schülerin liegt und wie man auf diese eingehen kann.
Meine Anschlussfragen
- Wie gelingt es, auf verschiedene Störungen gleichzeitig einzugehen und dabei möglichst deren Ursache mit einzubeziehen?
- Welche Möglichkeiten gibt es, um Störungen aufgrund von Langeweile oder Unterforderung möglichst vorzubeugen?
Das Spiel „Bankrutschen“ zu spielen ist eine kreative Idee, Vokabeln einzuüben. So ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Kinder sich daran beteiligen, schon von Grund auf höher, da Spiele meistens spannend sind und Spaß machen. Die Art der Intervention der Lehrkraft in Bezug auf das störende Verhalten des Schülers finde ich klug gewählt, da sie sowohl angemessen auf die Störung eingegangen ist, als auch ihr Handlungsprogramm stabilisiert hat. Zudem hat sie damit das Arbeitsbündnis gestärkt, weil sie auch auf die anderen Kinder eingegangen ist, die sich gestört gefühlt haben.