„Na gut, wir probieren das, aber nur, wenn du dann still sitzt.“

Ein Beitrag von Katrin K.

Diese Beobachtung machte ich im Deutsch-Unterricht an einer Berliner Grundschule. Ein Schüler war mir schon zuvor aufgefallen, weil er es kaum schaffte, still auf seinem Stuhl zu sitzen. Er lag eigentlich öfter mit dem Bauch auf dem Tisch und mit den Beinen über der Stuhllehne, oder veranstaltete sonst irgendwelche Akrobatik, als dass er normal auf seinem Stuhl saß. Seine Eltern hatten ihm schon ein „Kippelkissen“ mit bunten Plastiknoppen in die Schule gebracht, da sie gehofft hatten, das würde das Kippeln weniger werden lassen. In besagter Mathestunde forderte der Lehrer Herr L. den Schüler mindestens drei Mal auf, das Kippeln sein zu lassen, da es gefährlich sei. Dann fing der Schüler auch noch laut an, seine Jacke und Schultasche hinten an die Lehne zu
hängen und lenkte damit alle Schüler ab.

Herr L. wurde jetzt etwas lauter, ging auf den Schüler zu und wollte seine Kreation abbauen, der Schüler entgegnete: „Ich will das aber da hängen haben“. Herr L. überlegte kurz und meinte dann: „Na gut, wir probieren das, aber nur, wenn du dann still sitzt.“ Den Rest der Stunde hat der Schüler so wenig gekippelt, wie lange nicht.

Meine Einsichten

Ich finde es spannend, dass man aus einer Situation, die man eigentlich unterbinden würde, auch eine Chance ziehen kann. Dem Schüler war es offenbar sehr wichtig, seine Schultasche und Jacke hinten an der Lehne hängen zu lassen. Anstatt ihm das zu verbieten, knüpfte Herr L. diesen „positiven Reiz“ an eine Bedingung.

Meine Folgerungen

Ich schließe daraus, dass mit jeder Situation flexibel und spontan umgegangen werden muss und dass man jeder Störung kreativ entgegengewirkt werden kann. Außerdem bieten Schüler:innen manchmal selbst Dinge an, die man dann wiederum nutzen kann, um einen störungsfreien Unterricht zu führen.

Meine Anschlussfragen

  • Wird es von den Schüler:innen als inkonsequent wahrgenommen, wenn man eine Situation schlussendlich anders löst, als zu Beginn angekündigt?
  • Der Schüler ist nicht das einzige Kind im Unterricht, das kippelt. Wie kann man dem vorbeugen? Sollte man überhaupt intervenieren oder jedes Kind seine eigene Lektion lernen lassen?

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