Von September 2021 bis März 2022 habe ich ein Praktikum bei einer Auslandshandelskammer in der litauischen Hauptstadt Vilnius gemacht. Sechs Monate lang war ich im litauischen Büro die Praktikantin im Bereich PR und Öffentlichkeitsarbeit und habe dort einiges gelernt.
Alle Außenhandelskammern sind Mitgliederorganisationen, deren Aufgabe es ist, die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und dem Standort der jeweiligen Kammer zu stärken und auszubauen. AHKs bieten ihren Mitgliedsunternehmen verschiedene Services und Dienstleistungen an und helfen Firmen dabei, auf dem deutschen oder dem jeweiligen ausländischen Markt Fuß zu fassen. Die AHK Baltikum ist etwas Besonderes im weltweiten AHK Netzwerk, da sie drei Länder in einem betreut. So gibt es nur eine Kammer für alle 3 baltischen Länder Estland, Lettland und Litauen. Dennoch ist in jedem der drei Länder, jeweils in der Hauptstadt – also in Tallinn, Riga und Vilnius –, je ein Büro ansässig, das sich im speziellen um die Belange der einzelnen baltischen Länder kümmert. Ich war im litauischen Büro in Vilnius.
Insgesamt hat die AHK Baltikum ca. 30 Mitarbeitende, die ungefähr gerecht auf die drei Länder verteilt sind. Im litauischen Büro arbeiten 10 Festangestellte und immer 3 Praktikant*innen, die alle sechs Monate wechseln. Die Aufgaben des litauischen Büros umfassen verschiedene Bereiche, u. a. die deutsch-litauischen Wirtschaftsbeziehungen aufzubauen und zu pflegen, Mitgliedsunternehmen miteinander zu vernetzen und zusammenzubringen, Dienstleistungen wie Steuerberatung oder Unterstützung bei der Firmengründung oder Expansion anzubieten, sowie Messen, Veranstaltungen und Delegationsreisen zu organisieren. Ich habe mein Praktikum in der PR und Öffentlichkeitsabteilung gemacht. Meine Aufgaben waren sehr vielfältig und reichten von Veranstaltungsplanung über Websitegestaltung bis zum Verfassen von Artikeln für das Magazin der AHK Baltikum „Baltic Business Quarterly“ (BBQ) – doch dazu später mehr.
Die Praktikumssuche für die Sommermonate 2021 war pandemiebedingt schwierig, vor allem, weil ich sehr gerne ein Auslandspraktikum machen wollte und viele Unternehmen und Organisationen schwer planen konnten, ob Einreise- und Quarantänebestimmungen aufgrund der Pandemie die Aufnahme von Praktikant*innen aus dem Ausland zulassen würden. Auch die Option von Deutschland aus im Homeoffice zu arbeiten, klang nicht sehr verlockend, weshalb ich einige Bewerbungen auch wieder zurückzog. Mehr zufällig stieß ich dann auf die ausgeschriebenen Praktikumsstellen auf der Website der AHK Baltikum und beschloss kurzerhand, mich zu bewerben. Ich muss zugeben, dass ich wenig Vorwissen über die Arbeit der Auslandshandelskammern hatte – durch meine Ausbildung hatte ich bereits Kontakt zur IHK (Industrie- und Handelskammer), aber mit der AHK hatte ich bis dato wenig Berührungspunkte.
Auf der Website der AHK Baltikum war übersichtlich angegeben, welche Stellen an welchem Standort noch zu vergeben waren und in der Beschreibung wurde ausdrücklich darum gebeten, eine Präferenz der drei Bürostandorte – Vilnius, Riga und Tallinn – anzugeben. Ich hatte bereits vor einigen Jahren einen Kurztrip nach Riga gemacht und wollte für mein Praktikum gerne an einen Ort gehen, wo ich noch gar nicht gewesen war. Da in Tallinn zum Zeitpunkt meiner Bewerbung keine Praktikumsstellen mehr frei waren, entschied ich mich Vilnius als erste Präferenz anzugeben. Zu diesem Zeitpunkt kannte ich nur einen Menschen, der schon mal in Litauen gewesen war, aber auch nur gutes berichtet hatte. Ich war gespannt, für ein halbes Jahr an einen Ort zu gehen, über den offenbar so wenige Menschen in meinem Kreis etwas wussten. Ich erhielt sehr zeitnah nach Versand meiner Bewerbung eine positive Rückmeldung und eine Einladung zu einem Bewerbungsgespräch über Skype. Es war ein angenehmes Gespräch, schon beim Emailverkehr hatten wir uns darauf geeinigt, uns gegenseitig zu duzen, da dies in der AHK Baltikum, wo es flache Hierarchien gibt, so üblich ist. Gleich zu Anfang gab es klare Angaben, wie das Gespräch ablaufen würde und das es auch eine praktische Aufgabe in Form einer kleinen Case Study beinhalten würde. Außerdem hatte ich am Ende die Möglichkeit, Fragen zu stellen – hier war es besonders hilfreich, dass auch mein Vorgänger auf derselben Position bei dem Gespräch dabei war, da er mir bereits einige gute Tipps und Auskünfte zum Arbeitsalltag und den Aufgaben im litauischen Büro geben konnte, die die Praktikumsbeauftragte in Riga nicht gehabt hätte. Eine Woche nach dem Gespräch kam die Praktikumszusage mit einer einwöchigen Bedenkfrist und nach Absprache mit dem Career Center der Uni bezüglich der Anerkennungswürdigkeit des Praktikums, habe ich das Praktikumsangebot der AHK angenommen. Alles in allem war es ein leichter und transparenter Bewerbungsprozess mit viel Unterstützung von Seiten der Praktikumsgebers, z. B. Hilfe bei der Wohnungssuche, Kennenlerngespräch mit allen gehenden und allen neuen Praktikant*innen im Voraus, und einfacher Kontakt zu meinem Vorgänger über Email und Handy.
Meine Erwartungen an das Praktikum waren vielseitig. Zuerst einmal war ich natürlich sehr gespannt auf Litauen und wie mein Leben sich dort wohl abspielen würde. Auch hatte ich während meines Studiums bisher noch nicht die Gelegenheit gehabt, Vollzeit zu arbeiten und war demnach gespannt, wie es sein würde, jede Woche 40 Stunden in einem international agierenden Unternehmen zu verbringen. An das Praktikum bei der AHK hatte ich vor allem die Erwartung, tiefere Einblicke in die Wirtschaftsangelegenheiten und -beziehungen des Baltikums und Deutschlands zu gewinnen und ich freute mich besonders auf die journalistische Arbeit am AHK Magazin „Baltic Business Quarterly“ (BBQ). Das Magazin erscheint viermal im Jahr und ist komplett auf Englisch, sodass ich dort auch meine sprachlichen Fähigkeiten aus dem Studium der Englischen Philologie einbringen konnte. Die Ziele, die ich mir für das Praktikum gesteckt hatte, waren vor allem Arbeitserfahrung für einen potentiellen späteren Beruf sammeln und mein gesellschafts- und sozialwissenschaftlich geprägtes Studium um eine wirtschaftliche Komponente zu erweitern. Durch das Auslandspraktikum wollte ich zudem meine interkulturellen Kompetenzen ausbauen, mehr Sensibilität für internationales Arbeiten entwickeln, und Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen deutschen und baltischen Arbeitsweisen kennenlernen und daraus Schlüsse auf meine persönlichen Präferenzen und zukünftigen Ziele ziehen.
Nun mehr zu den Inhalten meines Praktikums. Innerhalb meines Praktikums habe ich verschiedene Aufgaben in der PR und Öffentlichkeitsabteilung übernommen. Ich habe unter anderem die Social-Media-Kanäle der AHK betreut, monatliche Newsletter auf Deutsch und Litauisch über die Veranstaltungen, Mitgliedernews und Vorgänge in der Kammer vorbereitet und verschickt, und mit dem Programm Typo 3 die AHK Website betreut, gepflegt und aktualisiert. Zu meinem Job gehörte es außerdem, Veranstaltungen und Events vorzubereiten, dies umfasste unter anderem Programme schreiben, Redekarten vorbereiten, Tischkarten und Menüs ausarbeiten, Teilnehmendenlisten aktualisieren und nachhalten, und natürlich auch aktiv an den Events teilzunehmen, für einen reibungslosen Ablauf zu sorgen, mit den Teilnehmenden zu networken und Foto- und Videomaterial zu sammeln, das ich später auf den Social-Media-Kanälen der AHK teilen und verbreiten konnte. Ich habe außerdem Rechercheaufgaben übernommen, Übersetzungen angefertigt und zahlreiche PowerPoint Präsentationen ausgearbeitet. Ein großer Teil meines Praktikums war die Mitarbeit an zwei Ausgaben des BBQ Magazins. Dies umfasste die Recherche geeigneter Unternehmen für das jeweilige Fokusthema der Ausgabe, die Kontaktaufnahme mit besagten Unternehmen, die Ausarbeitung von Questionnaires und Fragekatalogen für interessierte Firmen, die Betreuung der teilnehmenden Unternehmen und schlussendlich das Verfassen der Artikel. Für mein Praktikum war es zudem wichtig, immer auf dem neuesten Stand zu bleiben, was politische und wirtschaftliche Nachrichten betrifft und diese auch auf der Website und der AHK App zu posten. Diese Aufgabe gewann ab Dezember 2021 noch einmal zusätzlich an Wichtigkeit, weil es aufgrund einer diplomatischen Krise wegen der Eröffnung einer Taiwanesischen Botschaft in Vilnius zu einer drastischen Verschlechterung der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Litauen und China kam, was starke Auswirkungen auf die litauische Wirtschaft hatte. Zu meinen Aufgaben kann ich zusammenfassend sagen, dass ich fast ausschließlich qualifizierte Aufgaben ausübte, sehr schnell eng ins Team eingebunden wurde und dadurch großes Verantwortungsgefühl gegenüber meiner Arbeit, meinen Aufgaben und meinen Kolleg*innen und Vorgesetzten entwickelte.
Die Anforderungen, die an mich gestellt wurden, waren vielseitig. Grundsätzlich wichtig war es selbstständig zu arbeiten, Verantwortung zu übernehmen und Aufgaben eigenständig umzusetzen. Es war immer Raum dafür, eigene Ideen und Vorschläge einzubringen und es wurde vorausgesetzt, die Aufgaben selbstständig zu organisieren und die eigene Zeit sinnvoll aufzuteilen. Mir wurde Zeit gegeben und Verständnis entgegengebracht, wenn ich einige Dinge, vor allem zu Anfang, erst noch lernen musste und mich mit den neuen Programmen und Oberflächen erst noch vertraut machen musste. Ich habe viel Neues dazu gelernt, dennoch konnte ich einige Kenntnisse aus dem Studium anwenden. Meine sehr guten Englischkenntnisse aus meinem Studium waren natürlich sehr hilfreich beim Verfassen der englischsprachigen Magazinartikel und die Fähigkeit, mich selbst zu organisieren sowie meine Zeit sinnvoll zu strukturieren und Deadlines einzuhalten kamen mir sehr zugute.
Es ist nicht leicht hier einen „normalen“ Arbeitstag wiederzugeben, da die Tage sich zum Teil sehr voneinander unterschieden und sich auch öfters mal mitten im Arbeitstag noch Planänderungen ergaben. Gleichbleibend war allerdings die Morgenbesprechung mit dem gesamten Team des litauischen Büros jeden Tag um 9 Uhr, wo besprochen wurde, welche Aufgaben jede*r Einzelne heute vorhatte und was sich am gestrigen Tage noch ereignet hatte. Dann hatte jede*r bis 17 Uhr Zeit, die Aufgaben zu bearbeiten, Besprechungen zu führen und Termine einzuhalten. Über den ganzen Tag hinweg gab es einen ständigen Austausch, sowohl mit den Kolleg*innen im eigenen Büro (aufgrund der anhaltenden Covid-19 Pandemie arbeiteten immer einige Mitarbeitende im Homeoffice) als auch mit den Kolleg*innen im lettischen und estnischen Büro. Dies war vor allem für mich wichtig, da die Leiterin des PR Departments in Riga sitzt und ich mir meine Aufgaben innerhalb des PR und Öffentlichkeitsbereiches mit den anderen zwei PR-Praktikantinnen in Tallinn und Riga aufteilte. Es gab zudem feste wöchentliche Meetings, wie z. B. die PR-Runde oder die Praktikant*innenrunde mit allen 9 Praktikant*innen aus allen 3 Büros. Ohne die Pandemie hätten noch mehr Veranstaltungen live stattfinden können, aber so haben wir viele Online-Events, z. B. über die Zoom Plattform, organisiert.
Von Tag 1 meines Praktikums fühlte ich mich als vollwertiges Mitglied des Teams und hatte immer das Gefühl genug Ansprechpartner*innen zu haben. Besonders schön war, dass zeitgleich mit mir noch zwei andere Praktikantinnen ein Praktikum im litauischen Büro machten und wir uns sehr schnell angefreundet haben.
In der ersten Woche Einarbeitung durch meinen Vorgänger konnte ich schon viel lernen und stand gleich in engem Kontakt mit den beiden PR-Praktikantinnen in Riga und Tallinn. Ich hatte meinen eigenen Arbeitsplatz im Praktikant*innenbüro, was ich mir mit meinen beiden Mitpraktikantinnen teilte. Für die meisten meiner Aufgaben habe ich eine Rückmeldung bekommen und am Ende des Praktikums gab es ein Feedbackgespräch. Schwierigkeiten sind innerhalb des Praktikums so gut wie keine aufgekommen. Anfangs hatte ich natürlich noch Eingewöhnungsbedarf mit den neuen Programmen. Auch die Menge an Arbeit variierte, sodass ich zeitweise relativ wenig zu tun hatte (ohne dass jemals Langeweile aufkam), während ich an anderen Tagen so viel zu tun hatte, dass wirklich einiges an Organisationstalent nötig war. Glücklicherweise hatte ich aber nette Kolleg*innen, die auch bereit waren, mir, wenn nötig, etwas abzunehmen.
Durch das Praktikum habe ich einige neue Kenntnisse und Fähigkeiten erworben und auch schon erlernte Kompetenzen vertiefen können. Definitiv konnte ich meine sprachlichen Kompetenzen im Englischen anwenden, fachlich konnte ich mich außerdem im Umgang mit sozialen Medien weiterentwickeln sowie Fähigkeiten zum Kundekontaktaufbau und zur Kundenakquise ausbauen. Methodisch habe ich noch neues bei den Microsoft Office Programmen Word, Excel und PowerPoint lernen können, sowie Kompetenzen beim Präsentieren und bei der (Selbst-)Organisation vertiefen können. Dadurch, dass ich 6 Monate im Ausland gelebt habe, konnte ich auch meine interkulturelle Kompetenz und Kommunikationsfähigkeit ausbauen. Ich könnte mir auch grundsätzlich vorstellen, eines Tages eine feste und längerfristige Stelle im AHK Netzwerk anzunehmen. Im Praktikum habe ich definitiv Dinge gelernt, die in meiner beruflichen Zukunft noch einmal wichtig werden könnten und ich habe hier Freunde fürs Leben gefunden. Das Praktikum hat mich in meiner Studienfachwahl gestärkt und mich in meinen Vorstellungen zur Berufswahl ermutigt.
Insgesamt kann ich sagen, dass mir das Praktikum bei der AHK Baltikum sehr gut gefallen hat. Ich hatte ein super Team, das uns freundlich empfangen und direkt aufgenommen hat, und tolle Mitpraktikant*innen, mit denen ich mich auch privat getroffen und viel unternommen habe. Ich habe in den 6 Monaten sehr viel gelernt, sowohl auf professioneller als auch auf privater Ebene. Ich hatte die Möglichkeit, in einem unglaublich schönen und spannenden Land zu leben, über das ich zuvor wenig Vorwissen hatte und das meine Erwartungen weit übertroffen hat.
Zuerst einmal würde ich jeder und jedem ans Herz legen, ein Praktikum im Ausland zu machen. Wenn ihr euch für das Baltikum interessiert oder einfach mal in einem Land leben wollt, dass vielleicht ein bisschen weniger bekannt ist oder weniger attraktiv wirkt als Spanien, Frankreich, Italien und co. kann ich euch Litauen und das ganze Baltikum nur sehr empfehlen. Die AHK bietet spannende und abwechslungsreiche Praktika an vielen Orten überall in der Welt an und ist ein guter Startpunkt für alle, die noch nicht so genau wissen, wo sie hinwollen, aber sich für international Zusammenarbeit, Handel, Geopolitik, Wirtschaftsverflechtungen, Globalisierung oder zugehörige Themen interessieren.