Praktikum an einem Institut für Kunstgeschichte in Frankreich

Ich habe in Paris ein sechsmonatiges Praktikum  an einem deutschsprachigen Wissenschaftsinstitut für Kunstgeschichte absolviert. Das Institut ist sehr zentral im ersten Arrondissement gelegen. Ich habe dort in zwei Infrastrukturen des Hauses mitgearbeitet und unglaublich viel gelernt.

Ich wurde durch eine Ausschreibung im Uni-Verteiler einer Freundin auf das Praktikum aufmerksam; die Freundin leitete mir die Ausschreibung weiter. Ich hatte vor, in Frankreich – um mein Französisch aufzubessern –  ein mindestens drei-monatiges Praktikum zu absolvieren. Als Alternativen hatte ich an Institute und Museen in Südfrankreich gedacht. Eigentlich wollte ich mir Paris nicht antun, habe mich dann aber dennoch beworben, da mir das deutschsprachige Umfeld einen seichten Einstieg für mein bröckeliges Französisch bieten würde.

In die Bewerbung an das Institut habe ich sehr viel Sorgfalt gesteckt. Schon nach zwei Wochen nach Eingang der Bewerbung bekam ich positive Resonanz. Ein Bewerbungsgespräch war nicht nötig, und wie ich von vorherigen Praktikant:innen gehört habe, war dies auch nicht üblich. Nach der Zusage habe ich mich um die Bewerbungsschritte für das Erasmus+ Stipendium bemüht. Ich habe schon sehr früh – im Juni – nach einer Wohnung geschaut und eine kostspielige aber sichere und nahgelegene Wohnung auf WG Gesucht gefunden. Man sollte Zeit, Geld und alle Möglichkeiten (Le Bon Coin, Colocation, Facebookgruppen) ausnutzen, um eine Wohnung oder ein Zimmer zu finden. Oft kostet eine Sardinenschachtel von 8qm mit Toilette auf dem Gang 550 Euro aufwärts.

Das Praktikum war großartig, ich habe mit zwei Forschungsleiterinnen gearbeitet, einerseits in der Forschungsförderung, was das Begleiten und Auswählen von Stipendiat:innen betrifft, und andererseits bei den Deutschen Publikationen, wo ich die Möglichkeit hatte, Buchveröffentlichungen in deutscher Sprache zu begleiten. In diesen beiden Bereichen habe ich sehr viel dazu gelernt. Das Lesen von Bewerbungen hat meinen eigenes Vorgehen beim Bewerbungsschreiben geschärft und der Begleitungsprozess vom Manuskript bis zum Druck wurde mir nun in allen komplexen Einzelschritten offenbart. Ich habe lektoriert, nach Bildern und Bildrechten recherchiert, Titel-, Buchcover und Layoutgestaltung begleitet. Diese Art von Verlagstätigkeit hat mir so gut gefallen, dass ich nicht abgeneigt bin, das Publikationswesen als mögliche Branche einer späteren Tätigkeit zu sehen. Vor allem habe ich neben dieser Arbeit auch umfassend für meine Betreuerinnen zu ihren Forschungsprojekten recherchieren können. Dadurch wurden mir einige, mir noch sehr unbekannte Forschungsfelder der Kunstgeschichte nähergebracht, wie z.B. die brasilianische Moderne, mir noch unbekannte französische Künstler:innen oder weibliche Positionen im Surrealismus. Auch der wissenschaftliche Austausch geschieht auf Augenhöhe und mit großem Interesse. Alle Mitarbeitenden und Forschenden sind super aufgeschlossen, hilfsbereit und interessiert. Ich selbst habe zwar neben den 35+ Stunden nicht mehr allzu viel Zeit für eine intensive eigene Masterrecherche gehabt, jedoch meine Literaturliste erweitern und durch Gespräche meine Ideen nach vorne bringen können. Des Weiteren war es mir trotzdem neben dem Praktikum möglich, an einer Hausarbeit und einem Seminar teilzunehmen, wie auch an meinem Masterkolloquium. Folglich hat mich dieses Praktikum nicht nur fachlich weitergebracht, sondern auch den Umgang im professionellen Umfeld geschärft und meine Kompetenzen im Zeitmanagement verbessert.

Die Arbeitssprache war innerhalb meines Büros und auch in den Gesprächen mit meinen Chefinnen immer deutsch. Das hat mein eigentliches Ziel, meine Französischkenntnisse zu erweitern, weniger genützt. Für mich persönlich war dieser „seichte“ Einstieg in die Sprache (Durch eher informeller Gespräche etc.) ganz recht. Meine Kenntnisse haben sich nicht immens verbessert, aber ich habe weniger Angst, französisch zu sprechen.

Die Stadt ist für in Berlin-wohnende eine leichte Umstellung, aber kein Kulturschock. Meiner Meinung nach hat Paris Vor- und Nachteile. Dass das Barleben draußen unter Heizstrahlern stattfand, machte die Stadt auch in Covid- und Winterzeiten erlebbar. Die Kultur ist reichhaltig und es gibt unendliche Möglichkeiten, Konzerte, Ausstellungen, Museen oder Theater und Kinos zu besuchen. Das ist man ebenso in Berlin gewohnt. Die Dichte der Stadt jedoch ist ungewöhnlich. Ich wohnte sehr zentral, und konnte somit die meisten Orte zu Fuß erlaufen und so die Stadt erleben und erfahren. Die Luftqualität ist merklich schlechter und grüne Oasen, wie in Berlin mit den Parks gegeben, sind spärlich. Wenn man dafür die Zeit hat, kann man immer raus in die Natur fahren und spazieren gehen. Die Stadt ist so schön, dass sie zumindest mir den Winter erleichtert hat. Großer Unterschied zum kalten, grauen Berliner Winter.

Vorbereitung

Nehmt euch besonders für die Wohnungssuche genug Zeit. Ich kannte viele, die mit einer unsicheren Wohnungslage in das Erasmus oder Praktikum starteten und das ist echt nervig, sich damit auch noch beschäftigen zu müssen. Aber es ist mindestens genauso schwer hier was zu finden wie in Berlin… wirklich verflixt.

Praktikumssuche

Ich habe die Annonce über eine Freundin mitbekommen. Ihr könnt euch aber auch mal bei den Websites des Deutsch-Französischen Jugendwerks umschauen (https://www.dfjw.org/) oder auf https://www.welcometothejungle.com/fr

Wohnungssuche

Sehr schwer: folgende Websites könnten helfen: www.lacartedescolocs.fr/colocations/fr/ile-de-france/paris; www.leboncoin.fr; www.seloger.com; www.pap.fr; www.immojeune.com; www.appartager.com; www.recherche-colocation.com/paris.html

Außerdem gibt es die Möglichgeld, Wohngeld vom französischen Staat zu beantragen. Das ist aber sehr aufwendig, da man dafür ein französischen Konto und eine französische Handynummer benötigt. Ein paar Infos dazu: https://www.allemagne.campusfrance.org/wohngeld-studium-frankreich

Versicherung

Ich habe einfach eine einmalige Unfallversicherung für den Zeitraum des Praktikums abgeschlossen. Die allgemeine Krankenversicherung gilt EU-weit, sodass ich keine Zusatzversicherung abgeschlossen habe. Aber wer auf Nummer sicher gehen möchte, kann dies tun.

Sonstiges

Seid euch bewusst, dass Paris sehr teuer ist. Essen kochen ist oft nur auf einer Herdplatte möglich, Essen gehen startet bei acht Euro für ein kleines Gericht. Mittagsgerichte sind oft im Menü und günstiger als abends. Alkohol in Bars ist teuer, es gibt aber die App „MisterGoodBeer“, die auf einer Karte anzeigt, welche Happy-Hour-Preise wo gelten und günstig sind.

Ein Gedanke zu „Praktikum an einem Institut für Kunstgeschichte in Frankreich“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Captcha
Refresh
Hilfe
Hinweis / Hint
Das Captcha kann Kleinbuchstaben, Ziffern und die Sonderzeichzeichen »?!#%&« enthalten.
The captcha could contain lower case, numeric characters and special characters as »!#%&«.