Ich habe mein Auslandssemester an der Millfield School in Somerset als Fremdsprachenassistenzkraft absolviert. Dafür hatte ich mich beim Pädagogischen Austauschdienst beworben und ein langes Bewerbungsverfahren durchlaufen. Dieses Programm war für mich die perfekte Chance meinen Traum vom Auslandssemester zu erfüllen, weil sich der Pädagogische Austauschdienst einerseits um den Großteil der Modalitäten kümmert und es sich andererseits um eine weniger teure Möglichkeit handelt.
Als Fremdsprachenassistenzkraft arbeitet man in einer Schule oder Universität im Gastland und verdient ausreichend Geld, um den täglichen Bedarf inklusive Miete zu decken. Ein selbstorganisiertes Praktikum kam für mich leider nicht in Frage, da die Bezahlung oftmals nicht alle anfallenden Kosten abdecken. Mit dem Programm des PAD musste ich mich nur um meine Visakosten kümmern und der Rest wurde von meinem Gehalt gedeckt. Außerdem wusste ich, dass ich immer einen Ansprechpartner haben werde, falls doch mal etwas schiefgeht. Dafür hatte ich leider nur wenig Einfluss auf den Standort meines Praktikums. Nichtsdestotrotz bin ich an einer sehr guten und modernen Boarding School gelandet. Zu meinem Glück wurde mir von meiner Schule gegen eine kleine Gebühr von 100 GBP pro Monat sogar eine Unterkunft zur Verfügung gestellt. The Mews heißt das ehemalige Boarding House der Millfield Preparatory School. Hier habe ich das erste Mal Erfahrungen in einer Wohngemeinschaft gesammelt, als ich mir direkt mit vierzehn anderen Leuten das Haus geteilt habe. Wenn man mit so vielen Leuten zusammenwohnt, dann läuft nicht immer alles rund und man muss sich daran gewöhnen, dass andere Leute andere Gewohnheiten haben als man selbst. Zum Glück gab es während meiner Zeit hier nie größere Auseinandersetzungen und alle waren einfach super hilfsbereit, lustig und freundlich. In der Not fand sich hier immer jemand, der dich mitten in der Nacht vom Flughafen abholt, weil dein Flug Verspätung hatte oder alles gibt, um dich aufzumuntern, nachdem sich die Freundin getrennt hat. Zusätzlich hatte das für mich den Vorteil, dass ich meistens von englischen Muttersprachler:innen umgeben war und so die Sprache und Kultur aus erster Hand kennenlernen durfte. Daneben habe ich auch tolle internationale Kontakte geknüpft, weil in unserem Haus auch noch jeweils eine spanische, eine französische und eine chinesische Assistentin gewohnt haben mit denen ich morgens und abends zusammen zur Schule und nach Hause gefahren bin.
Pädagogische Erfahrungen:
Aufgaben einer Fremdsprachenassistenzkraft sind vordergründig die Unterstützung der Lehrkräfte vor Ort, die Vermittlung authentischer Einblicke in die deutsche Kultur und die Vorbereitung der Schüler:innen auf ihre (mündliche) Prüfung(en). Für diese Vorbereitung habe ich mit drei Schüler:innen aus der Upper Sixth und drei Schüler:innen aus der Lower Sixth in wöchentlichen Einzelsitzungen gearbeitet. Dazu habe ich mich mit den Deutschlehrkräften abgesprochen welche Themen aktuell behandelt werden und entsprechende Übungen erarbeitet oder Speaking Cards besprochen. Ab Dezember habe ich mit der U6 hauptsächlich an deren Independent Research Project gearbeitet und das so oft wiederholt, bis es uns allen zu den Ohren raushing. Mir war es besonders wichtig, dass sie auf eine Vielzahl möglicher Fragen vorbereitet sind und selbstbewusst in die Prüfung gehen können. Damit war die Hälfte meiner Stunden abgedeckt. Den Rest der Zeit habe ich unterstützend im Unterricht verbracht. Das heißt, an bestimmten Tagen in der Woche habe ich einzelne Schüler:innen oder Paare für fünf bis zehn Minuten aus dem Unterricht genommen und mit ihnen unterschiedliche Übungen durchgeführt. Dabei habe ich gelernt, dass vor allem interaktive Aufgaben mit ausgedruckten Kärtchen oder Spiele besonders gut ankamen und manchmal haben sich die Kinder sogar darum gestritten wer als nächstes mit mir üben darf. Nichtsdestotrotz gab es auch genau umgekehrte Situationen, wo die Lernenden eher verhalten waren und nicht unbedingt Lust auf Einzelarbeit hatten. Hier muss man für sich selbst wohl einen Mittelweg finden, da die Schüler:innen selbstverständlich etwas lernen und diese Möglichkeit mit einem native speaker nutzen sollen, aber andererseits können diese kurzen Übungen auch eine Auflockerung in den ziemlich langen und anstrengenden Tag bringen. Daher habe ich immer versucht sowohl offenes Ohr als auch Lehrkraft zu sein. Das schien gut anzukommen, da mir hierfür auch häufiger von den Schüler:innen gedankt wurde. Man sollte nicht vergessen, dass für viele der Schüler:innen an Boarding Schools beinahe ihr ganzes Leben auf diesem Campus stattfindet und nicht alle sind mit diesen Umständen wirklich zufrieden. Manchmal braucht es da einfach ein bisschen Verständnis.
Während des ersten Terms im Herbst hatte ich sogar das Privileg einen Deutschclub in der Prep School zu leiten. Dazu bin ich dienstags und donnerstags um 16 Uhr in die Prep School gefahren und habe dort jeweils mit den Kindern aus der 3. und 7. Klasse zusammengearbeitet. Im darauffolgenden Term waren andere Angebote für Clubs anscheinend cooler und deswegen musste er leider aufgrund fehlender Teilnehmerzahlen abgesagt werden. Dafür bin ich für jeweils drei Wochen einmal in der Woche in jede der achten Klassen gegangen um dort Taster Sessions für die Schüler:innen zu veranstalten. Deutsch wird leider erst ab der weiterführenden Schule als Option angeboten und erfreut sich daher leider gegenüber Spanisch und Französisch weniger Teilnehmerzahlen, da die Schüler:innen eher ein Fach wählen, das sie bereits kennen. Daher ist die Acquisition in diesem Bereich besonders wichtig.
Außerdem habe ich mich so oft wie möglich als Begleitperson für Exkursionen gemeldet und konnte si in diesem Schuljahr mit zu den Roman Baths in Bath, zum deutschen Weihnachtsmarkt in Birmingham und nach Chinatown in London zum Chinese New Year fahren und jeder dieser Trips hat sich wirklich gelohnt.
Zuletzt habe ich zusätzlich mit drei Schüler:innen privat Nachhilfe durchgeführt. Dies wurde von der Schule organisiert und auch abgerechnet. Hier hatte ich große Freiheit, da ich nicht notwendigerweise an den Stundenplan gebunden war. Zwei der drei Stunden habe ich an der Prep School mit zwei Schülern verbracht, die einfach große Lust Deutsch zu lernen und nur wenig Vorkenntnisse hatten und eine Stunde verbrachte ich mit einer Schülerin der elften Klasse, um ihr umfangreiches Wissen zu vertiefen und gegebenenfalls an Baustellen zu arbeiten.
Zusammenfassend stand auf meinem Plan einiges an selbstständiger Arbeit, aber das ist alles absolut schaffbar und wirklich erfüllend. Die Lehrkräfte um mich herum waren viel beschäftigt, aber wann immer ich Hilfe brauchte, stand mir trotzdem jemand zur Seite, wenn ich darum gebeten habe.
Freizeitaktivitäten:
Glastonbury ist wahrscheinlich einer der offensten und spirituellsten Orte, an dem ich je war (und da ich aus Berlin komme, hat das schon was zu heißen). Es lohnt sich also definitiv über die High Street in Glastonbury zu schlendern oder einen Spaziergang rauf auf das Glastonbury Tor zu unternehmen. Es gibt auch eine berühmte Quelle namens Chalice Well am Eingang der Stadt die einen Besuch wert ist. Man soll dort wohl ab und zu ein paar Nacktbader sichten können. Diese Freude wurde mir leider nicht zu Teil. Das Riflemans Arms und George and Pilgrims‘ Inn sind süße Pubs, die am Wochenende dazu einladen die Woche mit einem Pint Revue passieren zu lassen.
Mein persönlich liebster Ort ist Wells. Unweit vom Tesco befindet sich das LOAF. Bakehouse. Die Zimtschnecken dort sind absolute weltklasse und so kann man gestärkt die High Street entlangschlendern und sich die Kathedrale anschauen. Auf dem Rückweg habe ich eindeutig zu oft eine ganze Menge Geld im Waterstones gelassen. Huch! Aber lesen bildet wenigstens.
Einen längeren Fahrtweg muss man auf sich nehmen um nach Bath, Yeovil und Bristol zu kommen. Ersteres ist wirklich sehr schön, gleichzeitig modern und altbacken und letzteres war eher weniger mein Fall, da die Umgebung sehr industriell aussieht.
Ebenso sind viele große Städte wie London oder Manchester gut mit dem Bus von Bristol oder mit der Bahn von Castle Cary zu erreichen. Zum Ticketkauf empfiehlt sich die App trainline.
Persönliches Fazit:
Meine Zeit in Glastonbury war von vielen Höhen, aber auch einigen Tiefen geprägt. Wenn man so weit weg von zu Hause ist und die Menschen um einen herum kaum kennt, wird man schnell einsam. Doch nach der Eingewöhnungsphase habe ich mich wirklich gefreut hier zu sein und möchte die Erfahrung auf keinen Fall missen. In England wohnen war schon immer mein Traum und meine Zeit dort hat nur untermauert, was ich vorher schon dachte: Es ist ein wunderschönes Land mit vielen unheimlich freundlichen und hilfsbereiten Menschen. Ein Auslandssemester hier ist also meines Erachtens absolut zu empfehlen.
Tipps für andere Praktikant:innen
Vorbereitung
Es sollte sichergestellt sein, dass für die ersten ein bis zwei Monate inklusive der Anreise ausreichend Rücklagen zur Verfügung stehen, da man sich wahrscheinlich erstmal einrichten muss.
Im Sekundarschulbereich empfiehlt es sich vorher die Prüfungsmodalitäten zu sichten, da die A Level und GCSE-Prüfungen sich sehr vom deutschen System unterscheiden.
Beantragung Visum
Das Visum hat für mich und viele meiner Freunde im Höchstfall zwei Wochen gebraucht und nicht eins wurde abgelehnt, daher braucht man sich keinen Stress machen. Es ist ziemlich teuer, wenn man länger als 6 Monate bleibt, weil man die Immigration Health Surcharge zahlen muss, aber in der Regel bekommt man die von der Gastinstitution zurück.
Praktikumssuche
Ich habe mich über den Pädagogischen Austauschdienst (PAD) als Fremdsprachenassistenzkraft im Vereinigten Königreich beworben. Der Bewerbungsprozess ist ziemlich langwierig und man hat wenig Mitspracherecht in welcher Region man landet, aber dafür kommt man definitiv an eine gute Schule, ist immer abgesichert und hat einen Ansprechpartner für Notfälle.
Wohnungssuche
Meine Institution stellte mir ein Zimmer in einem großen Gemeinschaftshaus für Personal gegen eine monatliche Gebühr von 100 GBP zur Verfügung.
Versicherung
Die Versicherung vom DAAD ist einfach abzuschließen und sehr kostengünstig.
Sonstiges
Im ländlichen Bereich Englands ist ein Auto von Vorteil, da die Infrastruktur im öffentlichen Personennahverkehr zu wünschen übrig lässt.
Formalitäten vor Ort
Telefon-/Internetanschluss
Ich kann eine SIM-Karte der Firma EE empfehlen, da hier nach Belieben monatlich aufgeladen und ei Tarif gewählt werden kann.
Bank/Kontoeröffnung
Die Onlinebank Wise hat sich als gute Option herausgestellt. Mein Gehalt wurde auf ein Konto mit britischer Bankleitzahl überwiesen und gegen eine sehr geringe Gebühr gibt es auch die Möglichkeit das Geld auf ein deutsches Konto zu überweisen.
Alltag/Freizeit
Ausgehmöglichkeiten
Wie zu erwarten sind Pubs sehr zu empfehlen. Man trifft immer lustige Leute und hat dazu noch eine große Auswahl an unterschiedlichen Getränken.
Mein liebstes Café befindet sich in Wells und heißt LOAF. Bakehouse. Hier gibt es wirklich traumhafte Zimtschnecken und sehr guten Kaffee.
Sonstiges
In Somerset lohnt es sich das Glastonbury Tor, die Wells‘ Cathedral, Cheddar Gorge und in den größeren Städten wie Bath die Roman Baths oder in Bristol die Suspension Bridge zu besuchen.