Nach zwei Monaten in Krems an der Donau (Österreich) kann ich diese Stadt und dieses Land jedem nur empfehlen. Österreich hat so viel mehr zu bieten als nur Berge, Wintersport oder Almhütten.
Mein Auslandspraktikum fand an der Universität für Weiterbildung in Krems an der Donau, auch Donau-Universität genannt, in der Fakultät für Bildung, Kunst und Architektur statt. Hier habe ich mich mit Studien im Bereich der digitalen Bildung, der Erstellung von digitalen Lernmaterialien, digitalen Kompetenzen in der Erwachsenenbildung und verschiedenen Weiterbildungsmöglichkeiten beschäftigt.
Das Leben in Österreich unterscheidet sich nicht so sehr von dem in Deutschland, wie ich zuerst dachte. Schnell bemerkte ich, dass hier die Pausen in der Bürotätigkeit sehr wichtig sind, da die Mitarbeiter immer wieder kurz aufstanden, sich bewegten oder zu den Kollegen in das Nachbarbüro gingen für ein Zehn-Minuten-Gespräch und danach wieder konzentriert und leise arbeiten. Auffällig war für mich, dass wenn die Österreicher arbeiten, niemand redet und alle sehr konzentriert sind, in ihren Pausen jedoch ausgelassen erzählen. Dies war für mich zu Beginn etwas ungewöhnlich, da ich es aus Deutschland aus einem Vier-Personen-Büro etwas lauter kannte. Diese Erkenntnis kann ich nicht für alle Arbeitskräfte im Büro in ganz Österreich übergreifend behaupten, da ich diese Erkenntnis lediglich aus der Universität für Weiterbildung in Krems gewonnen habe. Allgemein war die Arbeitsatmosphäre sehr angenehm und die Arbeitskollegen sehr nett, aufgeschlossen und haben mich sofort bei ihnen aufgenommen und mir stets bei Fragen geholfen. Organisatorisch ist die Universität in verschiedene Departments aufgeteilt, die wiederum aus Arbeitsgruppen mit Ansprechpartnern bestehen. Dadurch hat man in einer Arbeitsgruppe mit einem Ansprechpartner ungefähr vier nähere Kollegen um sich herum. Zu den anderen Gruppen und Departments besteht ein guter Kontakt und man kennt sich untereinander. Aufgrund von Bauarbeiten und Desksharing ist die Arbeitsumgebung aktuell etwas enger und komplizierter gestaltet. Dadurch wurde die Arbeitsgruppe geteilt, so dass sich einige Mitarbeitende im 2. OG in verschiedenen Büros und andere in einem Großraumbüro im Keller befanden. Die Kommunikation war aber über MS Teams sichergestellt, zudem fand ein reger Mitarbeiterverkehr zwischen Keller und 2. OG statt. Da die Mitarbeiter anderer Gruppen des Departments in Österreich verstreut wohnen, lief die Kommunikation mit diesen entweder über MS Teams oder über hybride Gruppenmeetings in einem Seminarraum mit Kamera.
Während meines Praktikums konnte ich je nach meinen Interessen in verschiedene Bereiche zum Thema Erwachsenenbildung und digitale Bildung hineinschauen. Ich befand mich meistens in einem Vierer -Büro im 2. OG mit Desksharing und wechselte jeden Tag meinen Arbeitsplatz mit meinem Laptop. Zu Beginn meines Praktikums bekam ich einen eigenen Laptop mit personalisieren Einstellungen sowie ein Headset. Jeder Arbeitsplatz ist optimal für das Desksharing mit zwei Monitoren, einem Ladekabel, einer Maus, Tastatur und einer Dockingstation ausgestattet, sodass man am frühen Morgen lediglich seinen Laptop anschließen und sich anmelden brauchte.
Meine Arbeitszeiten und meine Tätigkeitspräferenzen durfte ich jeden Tag selbst festlegen, sodass ich frei entscheiden konnte welche vorgeschlagenen Tätigkeiten und Termine ich wann wahrnehmen oder betrachten möchte. So wurde ich in das Projekt „DigiFit4All“, in welchem Lernvideos über digitale Kompetenzen für administrative Mitarbeiter in Österreich erstellt werden, eingeführt und durfte tatkräftig bei der Recherche der Inhalte, Erstellung der Struktur und Inhalte der Lernvideos, Erstellung von Fragen für Experteninterviews und beim Protokollieren der Experteninterviews mithelfen. Hierbei haben wir uns innerhalb des Teams immer wieder über MS Teams über aufgekommene Fragen oder Neuerungen ausgetauscht.
Während meines Praktikums durfte ich bei den Vorbereitungen sowie Durchführung der EDUdays unterstützen. Die EDUdays sind eine Veranstaltung an der Universität für Weiterbildung in Krems in Österreich. Es handelt sich um eine zweitägige Konferenz, die sich mit den Themen im Bereich Bildung und Digitalisierung beschäftigt. Die Veranstaltung bietet eine Plattform für den Austausch zwischen Experten aus der Bildungsbranche, Wissenschaftlern, Lehrern, Trainern und Praktikern. Während der Vorbereitungen war es meine Aufgabe ein Leitsystem für die Gäste im Haus zu erstellen, Aufnahmeeinverständniserklärungen für die Referenten erstellen, Plakate erstellen und zusammen mit dem IT-Support ein Informationsblatt für die Betreuer der Referenten und Präsentationsräume zu erstellen. Am Tag der EDUdays durfte ich bei der Registration mithelfen und war selbst die zwei Tage für die Betreuung des Audimax` und der dort referierenden Referenten zuständig. Hierbei war ich Ansprechpartner für die Referenten vor Ort, war für die Ordnung auf der Bühne zuständig, musste Unterschriften für die Einverständniserklärungen der Referenten einholen und war Dolmetscher zwischen den Referenten und dem Technischen Support des Audimax`. Während der Präsentationen hatte ich noch auf das Zeitmanagement der Referenten zu achten und sie darauf aufmerksam zu machen. Als Bonus konnte ich sehr viele interessante Vorträge über neue digitale Bildungsfortschritte hören, wie ChatGPT in österreichischen Schulen effektiv genutzt wird, welche neuen digitalen Apps oder Software auf dem Markt sind und wie diese effektiv im Unterricht genutzt werden können. Diese zwei Tage empfand ich während meines Praktikums als die spannendsten Tage, wenn auch mit dem meisten Stress, jedoch aber auch mit den interessantesten Inhalten. Während dieser Tage hatte man auch sehr gut die Möglichkeit neue Kontakte zu knüpfen, Fragen zu stellen oder Wissen auszutauschen.
Eine weitere Aufgabe während meines Praktikums war es, dass ich mich intensiv mit den digitalen Kompetenzen für die Erwachsenenlehre und den neusten digitalem Kompetenzmodell aus Österreich auseinandersetzen sollte. Anhand meiner Erkenntnisse unterstützte ich bei der Erstellung von digitalen Lernmaterialien für die Erwachsenenlehre. Des Weiteren durfte ich ein neues digitales Medium, ein eGlass, mit aufbauen und auch selbst austesten unter verschiedenen Bedingungen, mit dem Ziel es später in der Lehre einfach und effektiv zu nutzen.
Im Verlauf meines Praktikums durfte ich bei verschiedenen monatlichen Forschungskolloquien der Abteilung teilnehmen und habe so einen umfassenden Überblick über die Tätigkeiten, Aufgabengebiete und Projekte der Abteilung erhalten und die neusten Ergebnisse kurz erläutert bekommen.
Meine Freizeit außerhalb meines Praktikums bestand aus Unternehmungen in Niederösterreich, Oberösterreich, Steiermark und Wien. Diese Unternehmungen bestanden oft aus Fahrradtouren oder Wanderungen durch die wunderschönen Weinberge rund um Krems, was ich jeden nur empfehlen kann, aber auch aus Ausflügen nach Wien, Tulln, Mariazell oder den vielen weiteren kleinen und großen wunderschönen historischen Orten in der Umgebung. Direkt um Krems herum, besonders entlang der Donau, gibt es sehr schöne Wander- und Radwege mit wunderschönen Aussichten und spannenden Sehenswürdigkeiten. So bin ich beispielsweise zur Donauwarte gewandert, ein Aussichtspunkt mit einem Turm auf einem hohen Berg bei Krems mit dem Blick auf die Donau. Entlang der Donau läuft ein super ausgeschilderter und großartig befahrbarer Donauradweg, der an Weinbergen vorbei durch die historischen Orte vorbei an großartigen Sehenswürdigkeiten und Aussichtspunkten entlang führt. Hierbei kann man auch den Schiffsverkehr auf der Donau mit den Tankschiffen und Flusskreuzfahrtschiffen beobachten.
Die Stadt Krems an der Donau bietet viele historische Gebäude aber auch individuelle Aktivitäten für junge Menschen, da es eine Schul- und Universitätsstadt ist. Somit kann man am Nachmittag nach dem Praktikum in der Altstadt schlendern und einkaufen gehen oder im großen Einkaufszentrum „Mariandl“ shoppen. Am Abend laden viele kleine Weinbars, Bars und Diskotheken zum Treffen von Gleichgesinnten ein. Lediglich an die frühen Schließzeiten der Einkaufsmöglichkeiten um 18 oder 19 Uhr musste ich mich erst gewöhnen, was nach der Arbeit ab und an schon zu leichtem Stress aufgrund der Knappen Zeit und den vielen Besorgungen führte.
Über die wunderschöne Stadt Wien brauche ich nicht viel zu schreiben, da sie jeden Besucher in den Bann zieht und einen besonderen Charme hat, welchen man unbedingt erleben muss. Die Wiener Innenstadt liegt ungefähr 1 ½ Stunden mit dem Auto und auch mit dem Zug von Krems entfernt und ist für österreichische Verhältnisse auch ohne ein Auto sehr gut und relativ günstig zu erreichen. Innerhalb Wiens kann man mit den öffentlichen Verkehrsmitteln mit einem günstigen Ticket alles erreichen und an einem Tag alle großen wichtigen Sehenswürdigkeiten abfahren. Um jedoch alle interessanten und wunderschönen Ecken und Orte von Wien zu entdecken, braucht man einige Tage und sehr gute Laufschuhe. Auch die Shoppingmöglichkeiten in- und außerhalb Wiens sind unschlagbar. Lediglich die Preise in Österreich allgemein sind teuer als in Deutschland, worauf man sich bereits vor dem Besuch einstellen sollte.
Insgesamt empfehle ich den Besuch der Stadt Krems an der Donau im Speziellen, und die Wachau sowie auch Wien mit seinem Umland im Allgemeinen. Nicht zu vergessen ist, dass die Wachau eines der sonnigsten Flecken in Österreich und damit oft auch wärmer ist als anderswo.
Obwohl in Deutschland und Österreich Deutsch gesprochen wird, hat mir der österreichische Dialekt einige Schwierigkeiten bereitet, die aber mit viel Kommunikation und Humor beseitigt werden konnten. Mit der Zeit habe ich mich an die Aussprache und die Sprechschnelligkeit der Österreicher gewöhnt. Im Gegenzug haben mich meine Arbeitskollegen von Beginn an sehr gut verstanden und meine hochdeutsche Aussprache als „traumhaft“ und sehr gut verständlich bezeichnet. Interessant waren die verschiedenen Wörter für bestimmte Dinge, wie zum Beispiel „Paradeiser“ für Tomaten oder „Obers“ für Schlagsahne. Nachdem ich immer wieder Worterklärungen bekommen habe und etwas geübter im Zuhören wurde, war der österreichische Dialekt am Ende meines Praktikums kein Problem mehr für mich und empfand ihn als sehr lustig.
Nicht nur am Kommunikationsproblem meinerseits, sondern auch im Alltag habe ich bemerkt, dass die Österreicher ein sehr nettes und hilfsbereites Volk sind. Sie bedanken sich sehr viel und versuchen immer zu helfen, ob sie können oder nicht. Dazu lächeln sie auch sehr viel, weswegen man bei dieser wunderschönen Landschaft mit den Weinbergen und dieser Freundlichkeit nur gute Laune bekommen kann.
Zusammenfassend betrachtet war es eine sehr schöne und lehrreiche Zeit. Ich kann jedem empfehlen einmal im Leben für eine etwas längere Zeit ins Ausland zu gehen und ich hoffe sehr, dass ich eine solche Erfahrung noch einmal wiederholen kann.
Tipps für andere Praktikant:innen
Vorbereitung
Die Vorbereitung sollte nicht zu kurzfristig erfolgen. Die gesamte Organisation braucht einige Zeit und aufgrund der kleinen Größe des Ortes „Krems an der Donau“ ist die Auswahl der Unterkunft und der Praktikumssuche beschränkt.
Wohnungssuche
Die Wohnungssuche gestaltet sich als sehr schwierig, da in Krems an der Donau mehr Studenten leben als Einwohner, wodurch günstiger Wohnraum sehr wenig vorhanden ist und das Studentenwohnheim sehr klein und völlig überlastet ist. Dadurch sollte der Fokus auf verfügbare Ferienwohnungen gelegt werden, was etwas teurer ist als Studentenwohnungen.
Versicherung
Wichtig ist eine Auslandskrankenversicherung und eine Unfallversicherung. Dennoch sind die Ärzte in Krems Auslandsstudenten durch die Universität gewohnt und haben spezielle Formulare für diese Fälle.
Sonstiges
Die Preise in Österreich sind wesentlich teurer als in Deutschland.
Formalitäten vor Ort
Telefon-/Internetanschluss
Für sein Handy sollte man eine Auslandsflat haben, um ohne Probleme telefonieren und chatten zu können. In ganz Österreich, besonders in der Nähe von großen Sehenswürdigkeiten und Universitäten gibt es freie WLAN. Ebenfalls können Studenten der Freien Universität Berlin an fast allen öffentlichen Universitäten mithilfe von eduroam ohne Probleme ins Internet gehen, wenn sie in der Nähe einer Universität sind. Teilweise betreiben auch einige öffentliche oder wissenschaftliche Plätze in eduroam.
Alltag/Freizeit
Ausgehmöglichkeiten
In Österreich allgemein sind die Geschäfte und Shopping-Möglichkeiten meist nur bis 18 Uhr oder 19 Uhr geöffnet, sowie auch die Supermärkte. Dadurch hat man am Nachmittag nur begrenzt Zeit einkaufen zu gehen und das öffentliche Leben in der Stadt zu nutzen. Größere Supermärkte haben am Wochenende ab und zu bis 20 Uhr geöffnet. Die größeren Shoppingcenter haben auch am Wochenende bis maximal 20 Uhr geöffnet. Zusätzlich bietet Krems an der Donau einige Sport- und Freizeitmöglichkeiten, sowie viele schöne öffentliche Parks mit Sportgeräten zur freien Verfügung an der Donau. In Krems findet man an vielen verschiedenen Orten Fahrräder zum Ausleihen über eine App, welche man benutzen und an anderen vorgegebenen Fahrradständern wieder abgeben kann. Jedes Wochenende gibt es eine Party in einer Disko am Rand von Krems im Industrieviertel. Zusätzlich haben auch nach Schließzeiten viele Weinbars und Weinstände geöffnet und bieten eine entspannte Atmosphäre zur Verkostung von vielen regionalen Weinen und zum Treffen von Bekannten. Auch gibt es besonders in der Nähe der Universität viele Studentenbars und auch ein Restaurant „2Stein“ welche ausgefallene und leckere Gerichte und Getränke anbieten für relativ günstige Preise, wodurch dort viele Studenten essen und das Restaurant bereits am Mittag ausgebucht ist.