Forschungspraktikum an der Harvard Medical School, Boston

Während meines Biochemiestudiums habe ich bereits mehrfach die Möglichkeit ergriffen, Kurse und Praktika im Ausland zu absolvieren. Daher war ich auch sehr darum bemüht mein letztes Forschungsprojekt außerhalb Deutschlands durchzuführen. Durch die ERASMUS+ weltweit Förderung wurde es mir ermöglicht, für 6 Monate in Boston, USA, zu leben. Ich durfte in einem Labor der Harvard Medical School am Massachusetts General Hospital (MGH) lernen und forschen.

MGH wurde 1821 als drittes General Hospital der USA eröffnet und hat daher auch eine sehr interessante Geschichte, weshalb ich sehr empfehle, das MGH Museum sowie den Ether Dome, einem Operationssaal im ursprünglichen Krankenhausgebäude, zu besichtigen. Die Arbeitsgruppe, der ich beitreten durfte, war noch recht jung und das Arbeitsklima erstaunlich entspannt. Der Arbeitsgruppenleiter hat mich vor allem mit seinen Methoden und Denkweisen sehr überrascht und mir Herangehensweisen gezeigt, die ich in anderen Forschungsgruppen so nicht gesehen habe.

Boston selbst ist zwar eine wirklich sehr teure, jedoch unglaublich lebenswerte Stadt. Boston wird stets als europäischste Stadt der USA betitelt, was meiner Meinung nach durchaus zutrifft. Wenn man von Boston spricht, dann redet man in der Regel vom „Großraum Boston“. Boston selbst ist nämlich nur sehr klein, aber durch die ganzen angrenzenden Städte wie z.B. Cambridge, Somerville, Brookline und Arlington wird Boston zur Metropole. Sowohl Harvard als auch das MIT befinden sich in Cambridge. Das MGH, und somit das Forschungszentrum in welchem ich tätig war, befindet sich in Boston direkt am Charles River, welcher die Grenze zwischen Boston und Cambridge darstellt. In Cambridge wohnen daher sehr viele Studenten und es gibt dort viele gute Restaurants und Bars. Ich empfehle daher in Cambridge zu wohnen, da die Wohnungen im Stadtkern von Boston unbezahlbar sind und der Süden von Boston nicht zu den schönsten Gegenden gehört.

Insgesamt gibt es rund 64 Colleges und Universitäten in der Metropolregion Boston, weshalb die ganze Stadt von jungen Leuten geprägt und recht „hip“ ist und man ehrlich gesagt nicht sehr viele ältere Leute sieht. Die Suche nach einem Zimmer erwies sich als nicht sehr einfach. Die Mietverträge in Boston beginnen alle in der Regel am 1. September und laufen für ein Jahr, weshalb genau an diesem Tag halb Boston am Umziehen ist, ein sehr interessantes Phänomen. Wenn man nun nicht gerade für diesen Zeitraum ein Zimmer sucht, sollte man versuchen ein Zimmer zur Untermiete zu finden. Dabei muss man mit mindestens 1.000 $ pro Monat für ein Zimmer mit Mitbewohnern rechnen, nach oben gibt es natürlich keine Grenzen. Über Harvard oder MGH konnte ich als internationale Studentin leider kein Zimmer bekommen, daher bin ich sehr vielen Facebookgruppen beigetreten und konnte so ein Zimmer finden. Jedoch ist dabei große Vorsicht geboten, da es in Boston so viele Scams gibt, wie ich es in noch keiner anderen Stadt erlebt habe und ich habe mehrere Leute getroffen, die leider auf solche reingefallen sind. Und nicht nur die Miete ist in Boston sehr hoch, sondern auch die Preise für Lebensmittel, Restaurantbesuche, Alkohol und Internet.
Boston gehört zudem zu einer der wenigen Städte in den USA die ein funktionierendes Netz an öffentlichen Verkehrsmitteln (MBTA) aufweist, wozu auch mehrere U-Bahnlinien gehören, die sogenannte T. Allerdings ist die T dort nicht so zuverlässig und flächendeckend ausgebaut wie die U-Bahn in Berlin. Das bei weitem beste Mittel zur Fortbewegung ist das Fahrrad. Es gibt sehr viele Fahrradwege und sehr viele Bikesharing-Stationen (Bluebikes), die wirklich sehr viel genutzt werden. Für das Jahresabo von Bluebike bekommt man über die Unis und MGH auch sehr gute Rabatte. Somit ist man per Fahrrad nicht nur schneller unterwegs als mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, sondern es ist auch deutlich günstiger.

Vom Wetter her hat Boston sehr lange Winter und Sommer und nur einen kurzen Frühling und Herbst. Im Sommer war es wirklich sehr viele Wochen am Stück jeden Tag über 30°C warm und sehr schwül, was natürlich das Fahrradfahren erschwerte. Aber es gibt tolle Strände!
Leider bietet Harvard keine Clubs und Societies für internationale Austauschstudenten an. Jedoch konnte ich zum Glück dem Club für Austauschstudenten am MIT beitreten (Vista) und auch der europäische Club am MIT ist offen für Studenten von anderen Unis. Beide Clubs veranstalten regelmäßig Events, was eine tolle Gelegenheit war, um Freunde zu finden. Dadurch war ich letztendlich deutlich häufiger am MIT als an Harvard und mein gesamter Freundeskreis bestand aus MIT Studenten. Zudem empfehle ich sich Sportclubs an beiden Unis herauszusuchen und diesen beizutreten, wodurch sich ebenfalls Kontakte knüpfen lassen.

Insgesamt ist Boston eine sehr internationale und weltoffene Stadt, die auch geschichtlich sehr viel zu bieten hat. Es gibt viel zu entdecken, z.B. entlang des Freedom Trails, welcher zu historischen wichtigen Orten für die Unabhängigkeit der USA führt, man kann viel über die Boston Tea Party lernen, es gibt zahlreiche Museen zu besichtigen oder man nimmt an einer kniffligen Runde Trivia in einer Bar teil.


Tipps für andere Praktikant:innen

 

Vorbereitung

Erkundigt euch im Vorhinein wie es sich in eurer Zielstadt lebt. Boston zählt zu den teuersten Städten in den USA, was sich gut überlegt sein muss.

 

Beantragung Visum

Für die Beantragung des Visums wird einem von dem Büro, welches sich um solche Angelegenheiten am MGH kümmert, eine Schritt-für-Schritt Anleitung zugesandt. Insgesamt ging die Beantragung des J1 Visums viel schneller als gedacht, am längsten dauerte der Postweg der Dokumente von MGH aus Boston zu einem nach Hause.

 

Praktikumssuche

Für den Platz in der Arbeitsgruppe habe ich mich einfach initiativ per Email beworben. Ich hatte Glück, dass der eine Post Doc aus der Arbeitsgruppe Hilfe für sein Paper benötigte.

 

Wohnungssuche

Über die Uni oder MGH wurde mir leider keine Hilfe zur Wohnungssuche angeboten. Ich habe mein Zimmer über Facebookgruppen gefunden. Auf Grund der sehr hohen Mietpreise würde ich empfehlen, nur ein Zimmer unterzumieten. Am besten wohnt ihr in der Nähe einer T Station, falls das Wetter mal nicht mitspielt und ihr nicht mit dem Fahrrad fahren könnt.

 

Versicherung

Vor Antritt des Praktikums müsst ihr nachweisen, dass ihr eine Krankenversicherung (sehr wichtig in den USA) sowie eine Haft- und Unfallversicherung abgeschlossen habt. Ich habe die Gruppenversicherung vom DAAD abgeschlossen, die mit einem Anbieter für Krankenversicherungen in den USA zusammenarbeitet.

 

Sonstiges

Wagt das Abenteuer! Außerdem nutzt die 30 Tage grace period nach eurem Visum, um durch die USA zu reisen. Ich bin die East Coast entlang mit Bus und Bahn bis nach Savannah gebackpacked.

 

Formalitäten vor Ort

Telefon-/Internetanschluss

Ich habe mir den günstigsten Mobilfunkanbieter für eSIMs in den USA herausgesucht, zu meinem Zeitpunkt war das Tello.

 

Bank/Kontoeröffnung

Für meine 7 Monate in den USA habe ich dort kein Konto eröffnet. Ich empfehle die deutschen Banken DKB und N26.

 

Alltag/Freizeit

Ausgehmöglichkeiten

Es gibt viele Restaurants, viele Bars die einmal pro Woche Trivia anbieten, sehr viele tolle Museen (mein Favorit war das Isabella Stewart Gardner Museum), wunderschöne Bibliotheken, man kann wunderbar ein Kanu ausleihen und den Charles River entlang paddeln, die Esplanade bei Sonnenuntergang war immer wieder ein Highlight, der Freedom Trail darf auf keinen Fall ausgelassen werden, schaut euch ein Baseballspiel der Red Sox im Fenway Park an. Die Commuter Rail (eine Art recht alte Regionalbahn) bringt euch zu verschiedensten Ausflugzielen in der Umgebung.

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