Ich habe ein dreimonatiges Praktikum an der Universität Groningen (RUG) von März bis Mai absolviert. Das Praktikum habe ich in der AG Feringa gemacht, um an molekularen Schaltern zu forschen.
Praktikumsorganisation
Prof. Feringa hatte ich im Juni 2022 auf einer Konferenz kennenlernen können. Ich fand seinen Vortrag und seine Forschung sehr spannend, weswegen ich ihn danach gefragt hatte, ob er die Kapazität habe, um mich für ein Forschungspraktikum aufzunehmen. Ebenso wollte ich erfahren, wie es ist, in einer großen und etablierten Forschungsgruppe zu arbeiten, da ich bisher nur in kleinen Gruppen gearbeitet habe. Prof. Feringa sagte mir, dass es möglich sei, man aber eigenes Funding für Lebenserhaltungskosten mitbringen sollte. Ein paar Monate später habe ich mich dann mit der Hilfe von Professoren aus Berlin, die mit Prof. Feringa in Kontakt stehen, in der Arbeitsgruppe beworben. Sobald die Stelle feststand, habe ich mich auf die Förderung durch ERASMUS+ Praktikum beworben. Das Team an der FU war sehr hilfreich und konnten trotz der Weihnachtsfeiertage mich beraten. Für die Versicherung habe ich mich bei dem DAAD-Versicherungspacket angemeldet. Ein Visum brauchte ich für die Niederlande nicht.
Wohnungssuche
Die Niederlande, besonders Studierendenstädte wie Groningen, sind dafür bekannt, einen äußerst schwierigen Wohnungsmarkt zu haben. Dabei habe ich mich auf Seiten wie Kamernet angemeldet, bin mehreren Facebook-Gruppen beigetreten und habe mehrere Menschen dort angeschrieben. Neben dem habe ich mich auf einen Studentenwohnheimplatz beworben. Dabei sollte angemerkt werden: bei Kamernet gibt es einige gute Anzeigen, allerdings muss man einen Beitrag zahlen, um die Anbieter anzuschreiben, währenddessen man bei Facebook man sehr vorsichtig sein muss, da sich auch Betrugsanzeigen im Umlauf befinden. Um sich bei der SSH (einem Wohnungsanbieter für Studierende) auf einen Studentenwohnheimplatz zu bewerben, muss man schon bei der Gastuniversität als Student*in im System sein. Durch die Feiertage hat dieser Prozess bei mir etwas in die Länge gezogen. Schließlich habe ich aber einen Monat vor Beginn des Praktikums im Upsilon Gebäude der SSH in Groningen ein Zimmer bekommen können. Es handelte sich um ein Studio Zimmer mit eigener Küche und Bad. Die Miete lag bei ca. 750 Euro warm im Monat. Damit ist es am höheren Ende der möglichen Optionen. Für den kurzen Zeitraum war es jedoch ein gutes Angebot und ich fand es im Nachhinein auch für mich sehr passend, ein Einzelzimmer zu haben und nicht in einer WG o.Ä. zu wohnen. Es war sicherlich vom Vorteil, dass ich nicht mit dem neuen Semester (im Februar) dort begonnen habe, da ich so nicht zu viel Konkurrenz hatte, um eine Unterkunft zu finden.
Bankkonto
Für ein dreimonatiges Praktikum ergab es keinen Sinn, sich bei einer niederländischen Bank ein Konto zu öffnen. Besonders für längere Aufenthalte könnte ich mir aber vorstellen, dass es hilfreich sein könnte, eins zu haben. Viele Online-Zahlungen wie auch die Miete können nur mit einer Kreditkarte (bzw. Karte mit Visa-Funktion) oder über das iDeal-Zahlungssystem, welches speziell für niederländische Banken gilt, durchgeführt werden. Mit meiner EC-Karte konnte ich leider oft Dinge nicht bezahlen, sodass ich auf Freunde und Familie, die eine Kompatible Karte hatten, angewiesen war.
Mobilität in der Stadt
Ich bin mit der Bahn ein paar Tage vor Arbeitsbeginn in die Niederlande eingereist, um die Stadt zu erkundigen und mich ein bisschen einzuleben. Um in der Stadt herumzukommen kann man gut mit dem Bus fahren. Die App für ÖPNV heißt in den Niederlanden „9292“. Darin kann man auch Tickets kaufen. Ansonsten gibt es in Groningen und einigen anderen Städten in den Niederlanden auch die Möglichkeit, mit der tap-to-pay Funktion der Bankkarte Bus und Bahn zu fahren: Dazu muss man sich einfach mit der Karte im Bus ein- und auschecken. Die allermeisten Strecken hinterlegt man aber mit dem Fahrrad – Groningen ist sogar die Fahrradhauptstadt der Niederlande! Dazu habe ich mir in der Innenstadt ein Swapfiets-Fahrrad besorgt. Da man das Fahrrad entweder monatlich oder halbjährlich mietet, ist es eine perfekte Option für einen Austausch oder ein Praktikum.
Reisen
Wenn man am Wochenende oder an Feiertagen eine längere Reise innerhalb der Niederlande machen will, gibt es viele Optionen, um an günstigere Bahnkarten zu kommen. Alles läuft über NS-Bahn. Für Tagesausflüge in andere Städte lohnt es sich, in den „Spordeelwinkel“ zu schauen, da man dort oft Rundtrip-Karten für den halben Preis bekommen kann. Wenn man in Gruppen (schon ab 2 Personen) fährt, sollte man auf jeden Fall sich ein Gruppenticket besorgen, da auch hier verglichen mit den regulären Tarifen man deutlich weniger zahlt. Besonders wenn man innerhalb eines Monats mehr reisen will, lohnt es sich, bei der NS-Bahn ein Abonnement zu besorgen. Einige meiner Freunde und Kolleg*innen benutzen den Weekend-Vrij-Tarif, wo man 35 Euro im Monat zahlt, um damit an Wochenenden kostenlos Reisen zu können und außerhalb der Hauptverkehrszeiten vergünstigt fährt (als Vergleich: eine einfache Fahrt von Groningen nach Amsterdam kostet regulär ca. 30 Euro). Um das Abonnement abzuschließen kann man dies, wenn man kein niederländisches Bankkonto hat, telefonisch beantragen. Während der drei Monate, die ich dort war, habe ich Amsterdam, Utrecht, Rotterdam, Den Haag, sowie die Groninger Küste (Lauwersoog und das Seehundzentrum in Pieterburen) erkundigen können.
Ausgehmöglichkeiten
Groningen ist eine kleine Stadt, hat aber viel zu bieten. Besonders ist mir die Vielfalt an Restaurants aus aller Welt und Ausgehmöglichkeiten aufgefallen. Kulinarisch kann ich besonders empfehlen, die indonesische Küche zu probieren, wenn man in den Niederlanden ist. Sonst, in Groningen ist das italienische Restaurant „Gustatio“ sehr bekannt; hierfür ist es sinnvoll, schon eine Woche im Voraus zu reservieren, da es immer voll ist. Mir persönlich hat auch sehr das mexikanische Restaurant „11 Once“ gefallen, denn es ist sehr authentisch. Als Studentenstadt bietet es auch einiges Nachtleben.
Wenn man Klassik mag, gibt es eine große Vielfalt an Konzerten, die im SPOT/Oosterpoort angeboten werden. Karten sind auch sehr vergünstigt, wenn man U29 ist. So habe ich die weltberühmte Geigerin Janine Jansen im Konzert erleben können. Für nicht-klassische Konzerte kann ich den Club „Vera“ empfehlen. Für ein entspannteres Umfeld fand ich das „Cafe de Zolder“ super: es ist eine Bar, in der in einer Ecke Instrumente und Mikrofons stehen. Mit diesen machen die Besucher der Bar regelmäßig zusammen Musik, und es klingt richtig gut!
Mit einem Studentenausweis der Groninger-Universitäten kommt man kostenlos in die Museen der Stadt. Das Groninger Museum, welches direkt gegenüber dem Hauptbahnhof steht, beherbergt einiges an Kunst aus der Region Groningen, hat aber auch andere sich oft-wechselnde Ausstellungen. Ich fand auch die Ausstellungen des Universitätsmuseums sehr interessant.
Mein persönlicher Favorit in Groningen ist das „Forum“ Gebäude. An sich ist es die Stadtbibliothek in Groningen, jedoch hat es so viel mehr zu bieten: zahlreiche Lern- und Entspannungsorte, eine Dachterrasse mit Ausblick auf die Stadt, eine 3D -Druckstation, ein Kino, Cafés und Bars, Museumsausstellungen… ich habe dort viele Stunden verbringen können!
Sicherheit
Eine Nebensache, die ich erwähnen will: mir, sowie anderen Kolleg*innen im Büro, wurde während der Mittagspause das Portemonnaie bzw. bei einem sogar sein Laptop gestohlen. Ich will damit betonen, dass man seine Wertsachen immer gut im Blick haben sollte, egal in welchem Land man sich befindet. Es war ein bisschen kompliziert, mit der niederländischen Polizei zu kommunizieren, da uns unterschiedliche Dinge gesagt wurden. Letztenendes hatte ich ca. 3 Wochen nach dem Diebstahl einen Termin in der Polizeibehörde, um die Meldung abzugeben. Im Nachhinein wäre es am einfachsten gewesen, wenn eine*r meiner Kolleg*innen mit einem DigiD Konto (niederländische Identifikationsplattform) die Meldung für mich online abgegeben hätte.
Insgesamt hatte ich eine sehr gute Zeit in Groningen und der Alltag hat mir sehr gefallen. Besonderes als es wärmer wurde konnte man spontan an den Wochenenden wegfahren und das Land erkundigen. Ich habe einige Dinge, die ich noch gerne machen würde, wie zum Beispiel die Hunebedden-Gesteine südlich von Groningen mit dem Fahrrad zu erkundigen. Demnach werde ich auf jeden Fall nochmal in die Niederlande reisen!