Seit dem Fall der Mauer existiert das Programm (Deutsch-Französisches Parlamentspraktikum) und jedes Jahr werden 5 Deutsche nach Paris geschickt und 5 Franzosen nach Berlin um jeweils in den Nationalparlamenten ein Praktikum in einem Abgeordnetenbüro zu absolvieren.
Man zieht zur Rentrée nach Paris und absolviert erst einmal ein Semester an der Sciences Po Paris. Zwei Kurse werden von Administratoren der Assemblée gegeben und nur für uns 5 Deutsche offen. Den Rest kann man fast völlig frei wählen, sprich man schreibt sich in einen MA ein und absolviert ein paar Kurse nach gusto. Durch die Deutsch-französische politische Kooperationen stehen einem viele Türe offen. Wir waren zu Besuch bei vielen öffentlichen Institutionen in Paris, zum deutsch-französischen Tag in der Residenz des deutschen Botschafters, in der Botschaft selbst, etc. Viele Alumna des Programms arbeiten in Paris im deutsch-französischen Netzwerk.
Ende November geht es dann um die Verteilung zu den Abgeordneten. Wir konnten in einem Gespräch inhaltliche Präferenzen angeben und Parteipräferenzen. Keiner musste zum RN. Wir mussten dann noch einen Lebenslauf und ein Motivationsschreiben auf französisch erstellen (im Französischkurs an der Sciences Po) und hatten jeweils ein Kennenlerngespräch mit dem Abgeordneten oder seinen Mitarbeitern.
Alle unsere Praktika sind sehr unterschiedlich, daher kann man nicht genau sagen, was die Aufgaben und Verantwortungsgebiete sein werden. Dies hängt damit zusammen, dass jeder Abgeordnete ein Individuum ist und selbst völlig frei entscheidet, wie er seine Arbeit und sein Büro strukturiert.
Ich befasste mich mit der ganzen Bandbreite: von E-Mail Ordner jeden Tag durchgehen und kategorisieren, relevante Einladungen und die dazugehörige Agenda managen, bis hin zu inhaltlicher Arbeit zur deutsch-französischen Parlamentarischen Versammlung, dem Ausschuss für europäische Angelegenheiten und Fragen bezüglich des Antisemitismus in Frankreich.
Aufgrund meiner besseren Englisch Kenntnisse habe ich die Abgeordnete auch bei vielen Meetings mit nicht-französischen Personen begleitet. Die komplette Vorbereitung, Begleitung und Nachbereitung von meetings jeglicher Art gehörte standardmäßig zu meinen Aufgabenbereichen. Generell wurde ich als vollwertiges Mitglied des Büros behandelt und habe mich sehr gut mit meinem Team und der Abgeordneten verstanden.
Mein Praktikum nahm ein abruptes Ende am 9. Juni, da der französische Präsident Neuwahlen ausrief. Da wir von der Assemblée Nationale Administration bezahlt wurden und an die Abgeordneten „verleiht“ werden, durften wir nicht bei der parteipolitischen Wiederwahl mithelfen. Als wir im Januar anfingen wurde die Regierung neu aufgestellt (cabinet reshuffle) und es endete mit der Auflösung der Assemblée Nationale. Es waren extrem interessante und ereignisreiche Monate als deutscher Praktikant hinter den Kulissen des französischen Parlaments. Absolut empfehlenswert!
Tipps für andere Praktikant:innen
Vorbereitung
Jedes Jahr werden 5 Deutsche ausgewählt. Der Auswahlprozess ist zweistufig, der in einem deutsch-französisch besetzten Auswahlgespräch endet. Exzellente Französischkenntnisse sind unabdingbar, da man nur auf französisch arbeitet und kommuniziert. Da es sich um das französische Parlament handelt, muss man so gut wie möglich fehlerfrei arbeiten.
Beantragung Visum
Nicht relevant für Bürger der EU (Schengen Zone).
Praktikumssuche
Nicht relevant, da das Programm hauptsächlich aus einem Praktikum besteht.
Wohnungssuche
Die Unterkunft der letzten Jahre ist das Crous Studentenwohnheim Saint Jacques. Dieses ist automatisch vorreserviert für die 5 Deutschen. Die Warmmiete betrug 508 € pro Monat (CAF Geld kann man beantragen, Nebenkosten mitinbegriffen). Mit etwas Glück bekommt man jeweils ein Zimmer mit Balkon.
Wohnungssuche entfällt dementsprechend auch.
Versicherung
Campus France übernimmt eine Complémentaire Santé, sprich die Krankenversicherung ist ebenfalls kostenlos. Alle Zusatzversicherungen müssen eigenständig abgeschlossen werden. Die verpflichtende Hausratversicherung haben wir von ADH abgeschlossen, da sie mit ca. 20€ pro Jahr günstig war.
Sonstiges
Semester an der Sciences Po Paris genießen und ausnutzen.
Formalitäten vor Ort
Telefon-/Internetanschluss
Im Crous Wohnplatz mitinbegriffen.
Bank/Kontoeröffnung
Für das Stipendium muss man einen RIB einreichen. Man kann z.B. von einem deutschen Kontoauszug die obere Hälfte nehmen, in der häufig Name, Iban und Bic stehen und damit einen französischen RIB nachmachen. Man braucht kein französisches Konto, aber den RIB wollen sie unbedingt sehen. Ansonsten bei Revolut ein französisches Konto einreichen.
Ausgehmöglichkeiten
Ici, c’est Paris!
Ausflüge zu den châteaux im Pariser Umland empfehlenswert mit dem Pass Navigo.