Das Praktikum habe ich in meinem letzten Master Semester gemacht. Für mich war es ein toller Abschluss der universitären Ausbildung. Ich habe von dem Programm von einer befreundeten Mitstudentin erfahren. Obwohl mein Master einen klinischen Schwerpunkt hat, habe ich mich für eine Tätigkeit an der Einrichtung entschieden, da dort Englisch als Arbeitssprache genutzt wird.
Schließlich habe ich einen Praktikumsplatz in einem Labor gefunden. Die Forschung konzentriert sich auf zwischenmenschliche Regulationsmechanismen, und Bindungen beziehungsweise behaviorale- und physiologische Synchronität in Dyaden. Vor allem die Interaktion von Müttern und Kleinkindern wird untersucht, ich war jedoch in einem Projekt zu romantischen Bindungen tätig. Für mich hat es besser gepasst, da ich schon vorher Erfahrungen in der psychologischen Paartherapie sammeln konnte.Das Team bestand hauptsächlich aus research assistants, also Bachelor Studierenden, die ein Forschungsmodul absolvieren mussten. Darüber hinaus gab die Leitung, ein paar Studierende im Master- und zwei während des PhD. Ich war in meiner Arbeitsgestaltung überaus frei und flexibel. Hauptsächlich habe ich mich mit der Leiterin und einer der PhD Studentinnen koordiniert. Bei Bedarf haben wir in bestimmten Projekten research assistants dazu geholt, trainiert und die Arbeit in der Gruppe aufgeteilt. Meine Haupttätigkeit war in einem laufenden Experiment zum Thema Speed Dating. Für eine neue experimentelle Welle haben wir Teilnehmende rekrutiert und Daten erhoben. Bereits bestehende Daten habe ich mit MatLab und R analysiert, Aufnahmen der Vokalisation mittels der Software PRAAT. Inhaltlich fokussierte sich meine Arbeit auf die Analyse von synchronem Verhalten, wozu ein MatLab Skript angepasst und ausgeführt werden musste. Es ist geplant, dass die Ergebnisse des Praktikums in einem Paper veröffentlicht werden. Deshalb habe ich beim Schreiben des Manuskripts für das Paper geholfen. Die meiste Interaktion im Team gab es während der wöchentlichen Meetings, in denen aktuelle Projekte und Probleme besprochen wurden. Manchmal wurde auch ein themenrelevantes Paper vorgestellt. Zudem besuchte ich die wöchentliche Vortragsreihe des Instituts. Dort stellen interne und externe Referent*innen ihre aktuelle Forschung vor. Eine weitere spannende Möglichkeit war der Besuch zweier Konferenzen in Jerusalem. Diese waren zum Thema „Connections and Communication in the Human Brain“ und „Deconstructing and Reconstructing Consciousness“. Der Besuch der Konferenzen war fakultativ und selbstorganisiert. Insgesamt hatte ich während des Praktikums viele Freiräume, so dass ich eigenständig inhaltliche Schwerpunkte setzen konnte und musste. Da ich meine Arbeitszeit selbstbestimmt einteilen konnte, war es kein Problem, mehrmals Besuch zu bekommen. Ich habe mich dazu entschieden, nicht in den Studierendenwohnheimen zu wohnen, da diese sehr weit außerhalb liegen. In meiner WG konnte ich zudem auch Israelis in meinem Alter kennenlernen, die mir auch bei alltäglichen Fragen gut weiterhelfen konnten. Das würde ich auf jeden Fall wieder so machen.
Israel ist ein wirklich spannendes und tolles Land. Politische Spannungen gab es auch während meines Praktikums, jedoch war mein Alltag davon so gut wie gar nicht beeinflusst. Im Vergleich zu Tel Aviv ist Jerusalem meiner Erfahrung nach vielseitiger und schöner. Die Ruhe und das Stillstehen des Verkehrs am Wochenende (Freitag und Samstag) war nach dem Leben in Berlin ungewohnt, aber es gibt trotzdem Möglichkeiten, die Zeit gut zu nutzen.
Das ERASMUS+ weltweit Programm war eine bereichernde Erfahrung und ich kann es in vollen Zügen weiter empfehlen.
Tipps für andere Praktikanten
Vorbereitung
Es empfiehlt sich, vorher mit Supervisor*in und/oder Mentor*in per skype oder Telefon zu sprechen, um Punkte der Vorbereitung gemeinsam zu klären. Inhaltlich ist es sinnvoll, wissenschaftliche Artikel zum Thema des Praktikums zu lesen.
Praktikumssuche
Ich habe mir per Mail an Forschungsgruppen an der Einrichtung gewandt und mich initiativ auf einen Praktikumsplatz beworben.
Wohnungssuche
Viele Angebote gibt es in Facebook Gruppen, wie Secret Jerusalem, סאבלט ירושלים | Sublet Jerusalem, דירות מפה לאוזן oder Sublet – סאבלט חדרים/ דירות
Versicherung
Ich hatte eine Zusatzversicherung der TK (envivas), aber es gibt auch ein komplett Angebot zur Auslandsversicherung vom DAAD.
Sonstiges
Bei der Praktikumseinrichtung muss man einen Sicherheitscheck passieren. Dafür am besten den Reisepass zur Identifikation mitbringen.
Formalitäten vor Ort
Telefon-/Internetanschluss
WIFI in ist in der Einrichtung vorhanden, auch ohne Nutznamen und Passwort. Israelische SIM Karten sind günstig und empfehlenswert, in meinem Fall habe ich eine einmonatige PrePaid Karte, mit Telefon- und SMS Flat und 20GB für 90 NIS bekommen.
Bank/Kontoeröffnung
Das war bei mir nicht nötig, alles lief per Visa Card. Eine Überweisung außerhalb der EU kostete in meinem Fall ca. 30 Euro.
Sonstiges
Den öffentlichen Nahverkehr nutzt man über eine grüne Karte namens Rav Kav. Die kann man meist an central bus stations oder kleinen Telefonshops kaufen. In Jerusalem kann man diese an Stationen der Straßenbahn aufladen oder an Schaltern des nationalen Busunternehmens Egged (auch z.B. an der Central Bus Station). Auch Monatskarten kann man für 213 NIS erwerben.
Alltag/Freizeit
Ausgehmöglichkeiten
Bars: HaTaklit und BeerBazaar auf dem Souk Mahane Yehuda
Essen: Viele Möglichkeiten auf der Aza Street in Rehavya, Ben Sira Hummus
Cafés: Tmol Shilshom
Sonstiges
Die Einrichtung verfügt über einen tollen botanischen Garten – empfehlenswert für Ruhepausen.
Während des Shabbats (Freitag Nachmittag bis Samstag Abend) gibt es keinen ÖPNV in Jerusalem, außer den arabischen Bussen in Ost Jerusalem. Wenn man über das Wochenende verreisen will, am besten schon Donnerstag Abend den Bus oder Zug nehmen und Samstag Abend zurück kommen.
Bildquelle: privat