“ … und ich will nicht, dass meine Mama geht.“

Ein Beitrag von Lena Marie K.

An meinem letzten Tag im Praktikum standen die Bundestagswahl sowie die Berlinwahl bevor. Diese anstehenden Geschehnisse wurden mit den Kindern der dritten Klasse besprochen. Zunächst war mir unklar, inwieweit dieses komplexere Verfahren auf verständliche Art und Weise behandelt werden würde. Mittels einer Filmsequenz aus „Politbongo“, einer deutschen Kinderserie aus dem Jahre 2002, sollte den Kindern das Prinzip einer Demokratie und der Wahlen näher gebracht werden. Aufgrund des eingesetzten Mediums gab es zunächst wenig Diskussion oder angeregten Austausch. Erst zum Ende der Stunde äußerten einzelne Kinder ihre Meinung und ihre Sorgen hinsichtlich der Wahlen. Es wurde ersichtlich, dass einige wenige Eltern aufgrund fehlender deutscher Staatsbürgerschaft gar nicht wahlberechtigt waren, wie einige Kinder der Klasse erzählten. Sie sagten, dass sie dies als unfair empfanden. Doch eine Aussage eines Jungen traf mich am meisten. Er äußerte sich besorgt „Ich habe Angst, dass die Blauen an die Macht kommen. Denn die wollen, dass alle Ausländer gehen. Und ich will nicht, dass meine Mama geht.“

Meine Einsichten

Der Ansatz, die Lebenswelt der Kinder im Unterricht zu behandeln und somit auch die Wahlen zu thematisieren, gefiel mir sehr. Die Art und Weise, wie das Thema der Wahlen behandelt wurde, fand ich jedoch leider etwas unzureichend und unvorbereitet. Das bloße Ansehen eines Videos und die kurze Diskussion im Anschluss ließen den Kindern meiner Meinung nach wenig Zeit und Möglichkeit, den Prozess nachzuvollziehen und sich Gedanken zu machen. Zudem war das gewählte Medium bereits sehr veraltet und teilweise schwer zu verstehen.
Diese Aussage des Schülers: „Ich habe Angst, dass die Blauen an die Macht kommen. Denn die wollen, dass alle Ausländer gehen. Und ich will nicht, dass meine Mama geht.“, beschäftigte mich noch den gesamten Tag, denn während des ganzen Prozesses der Wahlen hatte ich mir scheinbar wenig Gedanken darüber gemacht, wie es den Kindern ergeht. Mir war während der ganzen Wahlen nicht bewusst, wie sehr dieses Thema auch bereits jüngere Kinder beschäftigt. Auch sie bekommen die aktuellen Themen durch Nachrichten, Plakate und Gespräche mit den Eltern etc. mit und haben ihre Sorgen und Ängste. Hinzu kommt, dass sie oftmals in der Politik nicht gehört und gesehen werden. Die Aussage des Jungen stimmte mich sehr nachdenklich und stärkte mich erneut darin, mich aktiv dagegen einzusetzen, um seine Sorgen nicht wahr werden zu lassen.

Meine Folgerungen

Die kommenden Generationen liegen in unserer Verantwortung. Egal ob Klimaschutz oder Politik – es gilt stets die Jüngeren im Blick zu behalten und dafür zu sorgen, dass sie gehört und gesehen werden. Es ist unsere Aufgabe, Kinder zu schützen und ihnen eine sichere Umgebung zum Aufwachsen zu schaffen. Es ist aufgrund des Lebensweltbezugs und der Resilienzbildung zudem wichtig, aktuelle Geschehnisse mit Kindern zu thematisieren. Dies kann Sorgen abbauen und einen Einblick in die Interessen, Ängste und Wünsche von Kindern geben, die es zu vertreten gilt. Damit Kinder sich in ihrer Umwelt zurechtfinden und sie mitgestalten können, ist es unabdingbar, sie in Prozesse miteinzubeziehen und teilhaben zu lassen. Dies gilt es im Lehrberuf stets im Blick zu behalten, vor allem in Hinblick auf die Demokratiebildung. Im Unterricht und der Schule sollte es Partizipationsmöglichkeiten für alle Schüler:innen geben. Wenn Kinder bereits im Grundschulalter das Gefühl bekommen, nicht gehört oder gesehen zu werden, kann dies in Demokratiemüdigkeit enden.

Meine Anschlussfragen

Ich machte mir viele Gedanken. Aufgrund der fehlenden Praxis konnte ich die Auffassung von Kindern hinsichtlich vieler politischer Themen bisher nicht wahrnehmen und greifen. Wie empfinden Kinder die derzeitige Situation? Mich interessiert sehr, welche Sorgen und Ängste, aber auch Wünsche Kinder der Grundschule haben und wie es gelingen kann, diesen Raum zu geben. Außerdem mache ich mir Gedanken, in welcher Form man politische Themen für die Grundschule aufbereiten kann, um die demokratische Teilhabe zu fördern.

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