Praktikum in einem Unternehmen in Warschau

Mein knapp fünfmonatiges Auslandspraktikum habe ich bei einem Unternehmen in der Stadt Warschau absolviert. Das Unternehmen gehört zu den weltweit führenden Unternehmen im Immobilienbereich zu dessen Haupttätigkeiten beispielsweise Dienstleistungs-, Beratungs- und Investmentmanagementaufgaben zählen. Das Unternehmen ist weltweit in über 80 Ländern tätig und beschäftigt über 92.000 Angestellte. Hauptsächlich war ich im Bereich „Transaction Management Services“ tätig, einen am Ende 25 Leute umfassenden Bereich von „Business Solutions“, das eine der Hauptabteilungen des Unternehmens in Warschau darstellt. Ohne weiter ins Detail zu gehen kann man sagen, dass das Transaction Management Department den Prozess zur Ausarbeitung eines neuen Mietvertrages bzw. einer Reallokation des anfragenden Unternehmens, beginnend mit der Kontaktaufnahme, über Verhandlungen bis hin zum finalen Abschluss, als dritte Partei begleitet und zwischen den jeweiligen Unternehmen und den lokalen Vermietern vermittelt. Prinzipiell befasst sich der Standort in Warschau nur mit gewerblichen Immobilien, mit dem privaten Sektor wird sich an anderen Standorten auseinandergesetzt. Das Transaction Management Department ist wie der Name schon sagt für die Transaktion an sich verantwortlich, das heißt finanzielle Daten, Analysen und Kalkulationen standen im Vordergrund. Da das Unternehmen als Drittpartei neben genannten Aufgaben auch eine Art Überblicksfunktion über das gesamte Projekt hatte, standen vor allem auch vermittelnde bzw. verhandelnde Tätigkeiten im Fokus. Meine Aufgabe war es primär einem meiner drei Bereichsleiter, dem ich direkt unterstand, bei dessen Tätigkeiten in zuvor genannten Bereichen zu unterstützen und so zeitaufwendige Aufgaben abzunehmen. Da ich aber anfänglich den Wunsch geäußert habe, möglichst viele Tätigkeitsfelder zu sehen, um Einblicke in diese zu bekommen, hat sich mein Aufgabenbereich mit der Zeit ausgeweitet, worauf ich später noch detaillierter eingehen werde.

Da ich den Plan gefasst hatte, mein Praktikum außerhalb Deutschlands zu absolvieren, habe ich mich per E-Mail zunächst nach der Möglichkeit eines Praktikums, mit den groben Voraussetzungen der Universität, erkundigt. Nach einer positiven Rückmeldung wurde ich aufgefordert meinen Lebenslauf zuzuschicken. In etwa eine Woche später erhielt ich eine Einladung zum Bewerbungsgespräch, welches via Skype gemacht stattfand, um den zeitlichen Aufwand für ein Face-to-Face Interview zu sparen. Dieses fand etwa 2 Wochen später statt. Bereits am Ende dieses angenehm offenen Gespräches wurde mir ein Praktikumsplatz zugesichert. In den darauffolgenden zwei bis drei Wochen bekam ich vorab Unterlagen, wie beispielsweise Informationsunterlagen für das Human Resource Department, zugeschickt, die allesamt ausgefüllt und unterschrieben wieder eingereicht werden mussten. Am Ende dieses Prozesses bekam ich den fertigen Vertrag zugeschickt, der wiederum am ersten Tag unterschrieben mitgebracht werden sollte. Am ersten Tag in Warschau fand ein sogenanntes „Onboarding“ statt. Neuangestellte aller Art bekamen eine Einweisung über das Unternehmen, den Standort in Warschau und wurden anschließend nach letzten administrativen Angelegenheiten in ihren jeweiligen Abteilungen kurz herumgeführt und vorgestellt. Alles in allem gestaltete sich der Bewerbungsprozess als sehr angenehm, einfache Fragen zu den Unterlagen konnten schnell über E-Mail oder Telefon geklärt werden und der gesamte Prozess konnte vergleichsweise einfach von Zuhause erledigt werden. Da ich vorab wusste, dass es sich bei dem Unternehmen um eine große, global tätige Firma handelt, war mein persönliches Ziel möglichst detaillierte Einblicke in die verschiedenen Geschäftsbereiche zu erhalten und nicht nur meine Zeit mit vereinfacht gesagt simplen, repitativen Aufgaben abzusitzen. Zusätzlich wollte ich für mich die Erkenntnis gewinnen, ob die Immobilienbranche ein mögliches Berufsfeld in Zukunft werden könnte. Das Verbessern meiner Kenntnisse der englischen Sprache, welche in diesem sehr international besetzen Büro primär gesprochen wurde, war ein weiteres Ziel meines Praktikums.

Die von mir wahrgenommen Tätigkeiten im Praktikum waren sehr vielseitig. Anfänglich konnte ich mich mit einfachen Verständnisfragen an Arbeitskollegen wenden, die mir als sogenannter Buddy den Einstieg in das Unternehmen erleichtern sollte. Schnell wurde mir aber klar, das sehr viel Wert auf eigenständiges Denken bzw. Arbeiten gelegt wurde. In meinen Department gab es drei Manager, wobei ich einem direkt unterstellt war. Von diesem bekam ich am Anfang vor allem Rechercheaufgaben zugeteilt, um mich mit der Materie vertraut zu machen. Schnell aber fing ich an vermehrt mit einem Arbeitskollegen zusammenzuarbeiten, dessen primäre Aufgabe finanzielle Kalkulationen über unterschiedlich startende Projekte war. Diese Zeit war besonders interessant, da ein Projekt von Anfang bis Ende, also von der Kontaktaufnahme bis hin zum Auslaufen des Vertrages durchgeplant wurde und so die unterschiedlichen Einflüsse auf ein solches Projekt ersichtlich wurden. Mit der Zeit wurden mir immer projektspezifischere Aufgaben zugeteilt, beispielsweise habe ich vor allem in der ersten Hälfte des Praktikums zwei Großkunden mit betreut bzw. mit der Person zusammengearbeitet, die für den jeweiligen Kunden verantwortlich war. Zusätzlich sollte ich in wöchentlichen Telefonkonferenzen, in denen Updates zu den jeweiligen laufenden Projekten der Kunden besprochen wurden, Gesprächsprotokolle anfertigen, um danach daraus gegebenenfalls mit der verantwortlichen Person weitere Handlungsschritte abzuleiten. In dieser Zeit bekam ich die Aufgabe, eine Portfolioübersicht in Zusammenarbeit mit einer anderen Kollegin für einen weiteren Klienten zu erstellen. Diese stellt sich aus einer Präsentation zusammen, in denen alle Standorte des Kunden mit jeweiliger Marktlage aufgelistet wurden. Anhand von 20 ausgewählten Standorten sollten, durch Bewertung des Marktes bzw. Einbezug von Prognosen betreffend den zukünftigen Mietspiegel, Verfügbarkeit von Fläche, etc., Möglichkeiten und Risiken erkannt bzw. Handlungsempfehlungen gegeben werden. Dieses Projekt war rückblickend sehr lehrreich, da hier besonders eigenständiges Arbeiten über einen längeren Zeitraum erforderlich war. Daten zu den jeweiligen Märkten mussten telefonisch oder per Mail von lokalen Brokern eingeholt werden und gegebenenfalls mit bereits firmenintern vorhandenen Wissen abgeglichen werden. Durch das Bewerten der unterschiedlichen Marktsituationen bekam man ein Gefühl für die treibenden Kräfte in einem Markt und konnte Zyklen bzw. vorliegende Prozesse gut nachvollziehen.

Nach diesem Großprojekt verstärkte sich meine Zusammenarbeit mit einem anderen Arbeitskollegen, der für den Bereich „Flexible Offices“ zuständig war. Dieser in den letzen Jahren stark wachsende Bereich bezieht sich auf flexible Büroraumvermietung, d.h. Firmen mieten zu flexiblen Konditionen die benötigte Bürofläche in großen Bürogebäuden, anstatt das jeweilige Bürogebäude selbst zu erwerben. Da dieser Bereich auch in dem Unternehmen immer größere Bedeutung bekam, war ich bis zum Ende meines Praktikums stark miteingebunden. Nach Anfrage eines Unternehmens für beispielsweise 10 Arbeitsplätze in Wien war es meine Aufgabe, den Markt nach allen potenziellen Anbietern zu sondieren und diese in einer kleinen Präsentation anhand von Kosten, Anbindung, Annehmlichkeiten im und um das Gebäude und anderen Vor- und Nachteilen miteinander zu vergleichen. Ziel war es dem Kunden eine möglichst genaue Analyse der vorhandenen Möglichkeiten zu präsentieren, um dessen Entscheidung zu erleichtern. Zusätzlich war ich hauptverantwortlich für die Entwicklung eines Trackers, in dem alle Projekte aufgelistet wurden, um eine Gesamtübersicht und Details zu allen laufenden und abgeschlossenen Projekten zu erstellen. Neben diesen beschriebenen längerfristigen Aufgaben bekam ich immer wieder kleinere Aufgaben zugeteilt, um die Mitarbeiter in meinem Department zu unterstützen. Diese bestanden oft aus Recherchearbeiten zu unterschiedlichen Themen, beispielsweise zu nennen ist eine kurze Präsentation über einen potenziellen Neukunden. Interessant waren aber vor allem finanzielle Analysen. Oft musste ich mehrere Mietverträge abstrahieren bzw. anhand der gefilterten Daten einen finaziellen Vergleich durchführen. So wuchs auch mein Verständnis für den grundsätzlichen Aufbau eines Mietvertrages, wichtige Klauseln und die unterschiedlichen Kostentreiber in einem Mietverhältnis.

Prinzipiell hatte ich eine 40 Stunden Arbeitswoche, also täglich 8 Stunden Arbeitszeit von 9-17 Uhr. Hierbei war aber auch eine gewisse Flexibilität gegeben. Die Betreuungssituation war für ein Großunternehmen sehr angenehm, aber unter der Prämisse des sich eigenständigen Helfens. Anfänglich hatte ich wie bereits erwähnt Ansprechpartnern, um mir den Einstieg zu erleichtern. Grundsätzlich kann man aber sagen, dass, wenn Aufgaben übertragen wurden und gewisse Vorgehensweisen nicht ganz klar waren, erwartet wurde, dass man sich selbst hilft. Sei es durch eigenständiges Recherchieren, oder durch Ansprechen von erfahreneren Mitarbeitern die potenziell weiterhelfen konnten. Grundsätzlich wurde man positiv angeregt, das eigenständige Arbeiten zu verbessern. Mit meinem vorgesetzen Manager gab es wöchentliche 1:1 – Gespräche. D.h. in einem ca. zwanzig minütigen Gespräch wurde die letzte Woche durchgesprochen. Weitere Aufgaben, mögliche Probleme, persönliche Selbsteinschätzung bzw. Einschätzung meines Vorgesetzten, oder potenzielle Verbesserungsvorschläge waren hier Thema. Zusätzlich gab es neben einem monatlichen Team-Meeting, in dem Neuerungen, Case-Studies und Ziele des gesamten Teams besprochen wurden, ein alle zwei Wochen stattfindendes Subteam-Meeting. Jeder der drei Manager des Departments hat sein eigenes Subteam. Das heißt insgesamt waren alle Angestellten des Transaction Departments in drei Unterteams eingeteilt. In diesen Meetings wurden wiederum detaillierter auftretende Probleme und Verbesserungsvorschläge besprochen. Desweiteren wurde von jeweils einem Mitglied des Teams ein Projekt aus der Vergangenheit vorgestellt, bei dem in irgendeiner Form Probleme auftraten und wie diese angegangen und gelöst wurden. So sollte das allgemeine Verständnis für angewandte Praktiken des Unternehmens und der Umgang mit potenziellen Problemen geschärft werden. Neben diesen Teammeetings gab es zusätzlich einmal im Monat sogenannte Teamevents, meistens bestehend aus einem Essen, oder einem Besuch in einer Bar, die abends, also außerhalb der Arbeitszeiten stattfanden. Ziel dieser Treffen war es, sich persönlich besser kennenzulernen und Neuangestellte in der Gruppe zu integrieren. Ich hatte das Vergnügen auch an den vierteljährig veranstalteten Treffen des gesamten Bereich Business Solution, also mit insgesamt über 200 Angestellten, teilzunehmen. Auf diesen Events wurden die Ergebnisse der einzelnen Departments besprochen, Neuangestellte dem gesamten Bereich vorgestellt, weitere Unternehmensziele besprochen und ein Ausblick für das kommende Quartal gegeben. Insgesamt wurde versucht, auf mehreren Ebenen Neuangestellte möglichst schnell zu integrieren und den Teamgedanken als solchen zu stärken.

Auffällig für mich persönlich war mein fehlendes Wissen in Excel. Grundkenntnisse hatte ich bereits durch Arbeiten zuvor und in der Universität erlang, hier aber wurde anfänglich ein viel größeres Wissen, beispielsweise im Umgang mit Formeln, vorausgesetzt. Dieses Problem bin ich schnell angegangen, vieles habe ich mir im Internet selbst beigebracht, aber auch ein paar Crash Kurse mit einem Analytiker aus einer anderen Abteilung waren sehr hilfreich. Prinzipiell kann man sagen das sich mein Wissen im Umgang mit MS Office, insbesondere Excel stark verbessert hat. Neben diesen Kenntnissen habe ich auch ein grundsätzliches, aber auch teils sehr spezifisches Wissen über den gewerblichen Immobilienmarkt erlangt. Im Zuge dessen wurden mir wirtschaftliche Zyklen, Einflüsse auf den Markt und treibende Faktoren dahinter immer vertrauter. Mein eigenständiges Arbeiten wurde durch meine Zeit bei dem Unternehmen auch effektiver bzw. wesentlich strukturierter, was sich positiv auf die weitere berufliche Laufbahn auswirken sollte.

Grundsätzlich kann man sagen, das das Praktikum eine sehr gute Erfahrung für mich war, da ich einen detaillierten Einblick in die Aufgaben meiner Abteilung, dem Transaction Management Department, bekam und darüber hinaus auch in Aufgaben anderer Abteilungen eingebunden wurde bzw. Einblicke in deren Tätigkeit bekam. Insbesondere fachlich konnte ich mich weiterentwickeln und habe so für mich festgestellt, dass die Immobilienbrache ein sehr interessantes Berufsfeld ist, mit vielseitigen Tätigkeiten, die über einen bloßen Bürojob hinausgehen. Somit ist die Immobilienbranche ein Berufsfeld indem ich mir sehr gut vorstellen könnte in Zukunft zu arbeiten. Abläufe und allgemeine Praktiken innerhalb des Unternehmens sind mir nun bestens bekannt. In meiner Zeit in Warschau hatte ich Kontakt mit Büros des Unternehmens in vielen Ländern, so auch mit dem in Berlin. Dies könnte eine mögliche Kontaktaufnahme für eine Anstellung als beispielsweise Werkstudent durchaus erleichtern. Interessanterweise hatte ich auch des Öfteren Kontakt zu Konkurrenten des Unternehmens, was mir einen besseren Überblick über Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Unternehmen gab und ich zudem einen Zugang zu potenziellen Arbeitgebern gewinnen konnte. Insgesamt hat mir das Praktikum sehr gut gefallen, jedoch wäre als möglichen Kritikpunkt die suboptimale Einarbeitungszeit in den ersten zwei Wochen zu nennen. In dieser Zeit war man sehr auf sich gestellt, was sich demotivierend auswirken kann. Dieses Problem wurde aber zum Ende meiner Praktikumszeit bereits durch das Erstellen eines Einführungsprogrammes angegangen, welches den Neuangestellten eine Übersicht über Materialien, verfügbaren Tools und den schrittweisen Erwartungen an sie aufzeigt. Wer sich einen detaillierten Einblick über die verschiedenen Aufgabenstellungen in der Immobilienbranche erhofft, dem kann ich ein Praktikum bei diesem Unternehmen fast uneingeschränkt empfehlen. Da trotz der Größe des Unternehmens durch das Einteilen in verschiedene Teams schnell persönlicher Kontakt entsteht und somit eine angenehme Arbeitsatmosphäre herrscht, geben die vielseitig gestellten Aufgaben einen guten Einblick in und über die Immobilienbrache als Solche.

 

Tipps für andere Praktikanten

 Vorbereitung

Setzten Sie sich für mindestens 30 min ohne jegliche Ablenkung hin und überlegen Sie genau, welche Erwartungen sie an das Praktikum haben bzw. nicht haben, um so eine klarere Idee zu bekommen, in welche Richtung es gehen soll.

 Praktikumssuche

Fangen Sie früh genug an sich nach einem potenziellen Platz zu erkundigen, um nicht aus zeitlichen Gründen auf einen weniger interessanten Praktikumsplatz zurückzugreifen.

 Wohnungssuche

Studentische Einrichtungen sind in vielen Städten oftmals vertreten und sie so eine erste gute Anlaufstelle für Gleichgesinnte.

 Versicherung

Die deutsche Krankenversicherung war ausreichend.

 

 Formalitäten vor Ort

 Telefon-/Internetanschluss

War bereits in der Unterkunft vorhanden.

 Bank/Kontoeröffnung

Am besten einen Einheimischen zur Eröffnung mitnehmen, vereinfacht den gesamten Prozess ungemein.

  

Alltag/Freizeit

 Ausgehmöglichkeiten

Warschau bietet abends sowie am Wochenende alle Möglichkeiten, vergleichbar mit Berlin.

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