Im Rahmen meines Masterstudiums und vor Beginn meiner Masterarbeit wollte ich noch Auslandserfahrung innerhalb der akademischen Forschung sammeln. Thematisch bin ich sehr an Strukturbiochemie von Proteinen interessiert und wollte Cryo-EM näher kennenlernen.
Ein Biochemie Professor hier an der FU Berlin hat mir hierfür eine renommierte Adresse in Aarhus in Dänemark empfohlen. Nach erfolgreicher Bewerbung und sehr offenem Gespräch mit meinen Betreuern in Dänemark, konnte ich Ende August mit meinem 3,5 Monatigen Praktikum beginnen. Die pandemische Lage war zu diesem Zeitpunkt sowohl in Deutschland als auch in Dänemark sehr „entspannt“. Es gab beispielsweise keine Maskenpflicht in Verkehrsmitteln oder Supermärkten in Aarhus. Somit stand meinem Praktikum und meiner Präsenz im Labor nichts im Wege.
Schon in den ersten Wochen konnte ich sehr viele neue Erfahrungen sammeln, bekannte Methoden vertiefen und neue Methoden gezielt erlernen. Besonders Elektronenmikroskopie ist für mich unglaublich interessant und fesselt meine Aufmerksamkeit. Generell wird im Nord-Europäischen Ausland sehr viel Geld in Forschung investiert (es bestehen auch oft große Kollaborationen mit amerikanischen Forschungseinrichtungen). Die dänischen Kollegen, sowie auch alle „internationals“, im Labor waren außerordentlich nett und hilfsbereit. Ich konnte ein richtiges Zusammengehörigkeitsgefühl spüren. Auf meinem Stockwerk arbeiteten Menschen von jedem Kontinent der Erde. Dieses Erlebnis, den Arbeitsplatz und wissenschaftliches Arbeiten mit einer so großen Vielzahl an verschiedenen persönlichen Hintergründen teilen zu können, hat mich in unglaublicher Weise bereichert. Auch das geringere Hierarchiegefälle innerhalb der Universität habe ich sehr geschätzt.
Leider waren aufgrund der anziehenden COVID-19 Fallzahlen in Dänemark zunehmend Beschränkungen eingeführt worden. Das universitäre Campus- und Nachtleben war leider auf ein Minimum reduziert. Nichtsdestotrotz konnte ich einige Freunde finden und auch die Zeit außerhalb des Labors vollumfänglich genießen. Im Spätsommer beispielsweise noch am Strand von Aarhus mit einem bezaubernden Blick in den Kattegat (das Wasser ist jedoch sehr kalt in Nord-Dänemark).
Alles in allem bin ich unglaublich dankbar für diese Zeit im Ausland. Ich konnte sehr viel Neues im Labor erlernen und festigen. Habe faszinierende Menschen kennengelernt und sprichwörtlich über den „Tellerrand geblickt“. Gerne komme ich wieder nach Dänemark zurück, auch für einen längerfristigen Aufenthalt. Dänemark mag zwar der direkte Nachbar Deutschlands sein, doch in seiner Vielfalt, Leichtigkeit und Offenheit doch noch einmal etwas sehr Besonderes. Für naturwissenschaftlich Studierende sind die Länder Nord-Europas auf jeden Fall sehr empfehlenswert.
Tipps für andere Praktikanten
Vorbereitung
Auf jeden Fall sollte man eine Vorbereitungszeit von mindestens 6 Monaten vor Abreise einplanen. Die Gastinstitutionen brauchen oft etwas mit Unterlagen und genauen Projektbeschreibungen. Deshalb ist es unbedingt notwendig, sich frühzeitig um eine angemessene Stelle zu bemühen, und Kontakt herzustellen.
Praktikumssuche
Wie oben erwähnt, frühzeitig im Klaren darüber sein wohin man möchte. Unbedingt Kontakt zu Professoren herstellen. Internetrecherche nach impact factors oder Forschungsgebieten ist hilfreich.
Wohnungssuche
In Dänemark läuft sehr sehr viel über Facebook ab, auch der Facebook Messenger ist hier die Nr.1 vor Whatsapp. Meine Wohnung konnte ich daher auch über eine Facebook Gruppe finden. Funktioniert sehr einfach. Dänische Universitäten bieten aber auch einen „housing-service“ an.
Versicherung
Versicherungen waren kein Problem. Haftpflichtversicherung sollte ja vorliegen, ebenso Krankenversicherung. In Dänemark wird man aber ohnehin nach Anmeldung am Bürgeramt gesetzlich versichert und erhält eine „yellow-card“. Man wird sogar einem Hausarzt zugeteilt. Sämtliche Kosten (außer Zahnarzt) zahlt der Staat.
Sonstiges
Bargeld ist absolut nicht notwendig in Dänemark, sehr digital. Die Preise sind höher als in Deutschland, bedingt durch die Dänische Krone und höhere Steuern.
Telefon-/Internetanschluss
Mobilfunkvertrag funktioniert EU-weit mit EU-Roaming. Internetanschluss hatte ich von meinem Untervermieter erhalten. Soweit ich weiß, ist aber auch der Internetanschluss vom Vermieter zu stellen, man muss es nur zahlen.
Ausgehmöglichkeiten
Aarhus ist zu Berliner Verhältnissen sehr beschaulich. Klassischerweise machen die Dänen am Freitag einen kurzen Arbeitstag bis circa 15 Uhr, um danach an der Universität in die „Friday-Bar“ zu gehen oder in eine der etlichen schönen Kneipen im Stadtzentrum zum „Hygge“: dem gemeinsamen Chillen.