Praktikum bei einer internationalen Organisation in Rom

Schon lange stand für mich fest, dass ich bei einer internationalen Organisation ein Praktikum absolvieren möchte, um einen Einblick in konkrete Projekte auf der Basis multinationaler Zusammenarbeit zu erhalten. Bei der Einrichtung in Rom habe ich mich über das Bewerbungsportal beworben, weil ich dort auf die Chance hoffte, in Bereichen zu arbeiten, die sich mit den Schwerpunkten meines Studiums und meinen Interessen decken: Die Einrichtung beschäftigt sich mit Themen wie Ernährungsgrundlagen für eine wachsende Weltbevölkerung, nachhaltige Entwicklung und sozialer Wandel. Auch sprach mich die wichtige beratende und unterstützende Rolle für politische, soziale, ökonomische, etc. Entwicklungen an.

Ein paar Wochen nach meiner Bewerbung wurde ich zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Im Gespräch wurde ich zu meinem Lebenslauf und meinen beruflichen Zukunftsplänen befragt, sowie zu meiner Motivation. Das Gespräch verlief in sehr freundlicher und aufgeschlossener Atmosphäre; bereits am Ende des Bewerbungsgespräches wurde mir erklärt, welche Aufgaben ich eventuell übernehmen würde; die endgültige Zusage kam bereits einige Stunden später, für März bis September 2020.

Ich wurde einer Abteilung zugeteilt. Neben einer Vielzahl an Projekten bereitet die Abteilung derzeit eine Konferenz vor, und ich unterstütze das Team dabei in verschiedenen Bereichen. Ich arbeite an den Review-Abschnitten mit, studierte also z.B. wissenschaftliche Literatur oder frühere Reports, um die Umsetzung und/oder Neuformulierung von Policies zu untersuchen und auszuwerten. Diese Arbeit ist sehr komplex und umfangreich – unter anderem durch die Menge an vorhandenem Material zum Thema und der stark variierenden Umsetzung von Policies je nach Regionen/Staaten.

Zum anderen war ich im Bereich der Kommunikation tätig. Dort habe ich für die Einrichtung geworben. Um insbesondere das Interesse junger Menschen zu wecken, produziere ich über eine Plattform kurze Werbevideos für die sozialen Netzwerke. In den nächsten Wochen habe ich einen wissenschaftlichen Artikel über für den Newsletter verfasst.

Leider hat sich das Coronavirus bereits in meiner 1. Woche so stark ausgebreitet, dass ich – wie alle anderen Mitarbeiter – ab der 2. Praktikumswoche von zu Hause arbeiten musste. An meinen Aufgaben hat sich dadurch aber nicht viel geändert, da die Konferenzvorbereitungen trotzdem weiterlaufen. Während meiner Zeit zu Hause hatte ich viel Kontakt mit meinen Vorgesetzten und Kollegen: mehrmals die Woche fanden Meetings und Fachgespräche statt. Außerdem hat diese schwierige Phase das Team sehr zusammengeschweißt, die Arbeitsatmosphäre ist sehr angenehm.

Die Vorbereitung für meinen Aufenthalt in Rom (Unterkunft, Anreise, etc.) war gut zu bewältigen. Preislich ist Italien grundsätzlich mit Deutschland vergleichbar, Rom ist jedoch etwas teurer als Berlin. Wenn man in der Innenstadt wohnt, sind mit hoher Wahrscheinlichkeit keine günstigen Supermarktketten in der Nähe, man muss bei kleineren City-Supermärkten daher mit höheren Preisen rechnen. Hat man am Wochenende Zeit, lohnt es sich, auf Märkte zu gehen, z.B. den Mercato di Testaccio oder den Markt beim Hauptbahnhof Termini, aber auch die vielen Stadtteil-Märkte.

Die öffentlichen Verkehrsmittel sind in Rom leider nicht gut ausgebaut. Solange einem die zwei Metrolinien genügen, kommt man in der Innenstadt gut herum, ist man auf Busse angewiesen, sollte man sich jedoch auf längere Warte- und Fahrzeiten einstellen.

Die italienische Kultur ist generell gut zugänglich. Italiener sind nach meiner Erfahrung lebendig und kontaktfreudig. Trotz des teils chaotischen Alltags, u.a. durch den Verkehr, die ineffiziente Bürokratie, fühlt man sich wohl. Das warme Wetter und das viele Licht sorgen für gute Stimmung, Italiener sind ausgehfreudig und daher ist – außer während der Coronakrise – immer viel los. Eine Auflistung aller Sehenswürdigkeiten würde sicher den Rahmen dieses Berichts sprengen, aber es besteht kein Zweifel, dass Roms Kulturstätten weltweit einzigartig sind.

Während des Lockdowns durfte man das Haus außer zum Einkaufen nicht verlassen. Trotz langer Schlangen vor den Supermärkten war es aber nie ein Problem, alle Lebensmittel zu bekommen. Neben den Angeboten der Einrichtung hat sich außerdem auch die Stadt Rom bzw. Italien bemüht, seine Einwohner zu unterhalten. Unter anderem gab es die Möglichkeit, berühmte Museen und Kunstgalerien virtuell zu besichtigen, Konzerte zu hören, etc.

Leider sind alle Praktikanten ohne EU-Staatsbürgerschaft schon vor Monaten in ihre Heimatländer zurückgebracht worden, und es wurden keine neuen eingestellt. Auch wurden das Gebäude für Mitarbeiter geschlossen. Daher blieb es mit meinen Kollegen bei Online-Treffen. Doch konnte ich seit dem Beginn der Lockerung des Shutdowns über Kontakte auch außerhalb der Einrichtung ein paar Gleichaltrige kennenlernen, mit denen ich seit Ende Mai/ Anfang Juni viel unternommen habe. Gerade der Sommer, den man hier zwischen langen Abenden auf der „Piazza“ in der Stadt und an Wochenenden am Strand verbringt, bot viele Corona-freundliche Möglichkeiten.

Durch die Coronavirus-Pandemie wich mein Praktikum in seiner Form natürlich stark von meiner Vorstellung ab. Sicherlich fehlte der Live-Austausch über die Arbeit, genauso wie die soziale Komponente. Auch hätte ich gern mehr über das Innenleben der Einrichtung „hautnah“ erfahren. Doch trotzdem ist mein Aufenthalt ein Erfolg und eine Bereicherung für mich gewesen. Ich hatte die Möglichkeit, die Arbeit einer UN-Organisation konkret mitzuverfolgen und durch Tätigkeiten mit hoher Komplexität mitzugestalten. Im Vergleich zu meinen vergangenen Praktika war dieses inhaltlich deutlich realitätsnäher, da ich keine typischen „Praktikantenaufgaben“ habe, sondern sehr selbstständig, auch auf Eigeninitiative gearbeitet habe.

Bereits jetzt habe ich sehr viel gelernt. So beispielsweise im Bereich der Politikwissenschaften und auf der Ebene wissenschaftlichen Arbeitens, wie man Policies analysiert und in einem Policy Report zusammenstellt. Bezüglich der Kommunikation habe ich neue Kenntnisse erworben, wie man für bestimmte Zielgruppen Werbevideos designt und – aus der technischen Perspektive – wie man diese produziert.

Last but not least, habe ich erfahren, wie man sich in ein internationales Team integriert und das fast ausschließlich über Teleworking. Insbesondere die Internationalität der Einrichtung überwältigte mich. Noch nie habe ich so viele interessante Menschen mit so unterschiedlicher Herkunft kennengelernt, die sich für dasselbe Ziel engagieren.

Um ihre Mitarbeiter zu schützen, hat sich die Einrichtung dazu entschlossen das Teleworking bis Ende des Jahres fortzuführen. Unter Umständen bekommen die Mitarbeiter jedoch ab September die Möglichkeit, abwechselnd 1-2 Tage die Woche vor Ort zu arbeiten. Einerseits bin ich darüber etwas enttäuscht, praktisch meine gesamte Zeit in Rom im Homeoffice zu verbracht zu haben, andererseits spricht es sehr für die Einrichtung, dass die Gesundheit aller Angestellten Priorität hat, trotz einer möglicherweise niedrigeren Produktivität.

Auch wurden weitere Maßnahmen getroffen, um das Wohlergehen der Mitarbeiter zu unterstützen.  Zunächst gab es für alle Angestellten ein eigenes „Health Centre“ und telefonische gesundheitliche Beratung. Dazu wurde bereits Anfang des Jahres eigens für Corona ein „Crisis Management Team“ eingerichtet. So kamen mehrmals am Tag Mails mit den neuesten Informationen, Regierungsbeschlüssen, Verhaltensempfehlungen, Insider-Tipps zum Einkaufen. Auch hier inklusive telefonischer Beratung. Des Weiteren hat die Einrichtung eine Vielzahl von Angeboten organisiert, um miteinander in Kontakt zu bleiben. Somit habe ich mich zu jedem Zeitpunkt sehr gut aufgehoben gefühlt.

Abschließend empfehle ich solch ein Praktikum jedem, der gerne anspruchsvolle Tätigkeiten ausführen möchte, und ein extrem interkulturellem Arbeitsumfeld kennenlernen möchte.

 

Tipps für andere Praktikanten

Vorbereitung

Früh bewerben. Es kann Monate dauern, bis man eine Rückmeldung bekommt. Man sollte außerdem mindestens 6 Monate Zeit für das Praktikum einplanen.

Praktikumssuche

Auf der Website gibt es detaillierte Informationen zu Praktikumsangeboten bzw. Stellenausschreibungen.

Wohnungssuche

Eine Unterkunft in Rom lässt sich über einschlägige Internetseiten finden; außerdem konnte ich bereits vor Beginn meines Praktikums über Chatgruppen mit anderen Praktikanten in Kontakt treten – dort werden viele Zimmer von einem an den nächsten weitergegeben. Ein Geheimtipp ist dabei das Studenten- und Künstlerviertel „Monti“, welches voller schicker Cafés, Vintageläden und kleiner Märkte ist und gleich hinter dem Colosseum liegend von Touristen bisher trotzdem unentdeckt ist.

Versicherung

Krankenversichert war ich über meinen Arbeitgeber. Ich habe aber aufgrund des Coronavirus eine zusätzliche Versicherung abgeschlossen.

Formalitäten vor Ort

Achtung mit der aufwändigen italienischen Bürokratie.

Telefon-/Internetanschluss; Bank/Kontoeröffnung

Eine italienische Handynummer und ein Bankkonto waren nicht nötig, WLAN ist i.d.R. überall vorhanden.

Ausgehmöglichkeiten

Rom bietet selbst zu Corona-Zeiten eine unendliche Vielzahl an Ausgehmöglichkeiten, Aktivitäten, etc.

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