Jeder Studierende, der im Bereich der Europapolitik oder generell im Bereich der internationalen Politik interessante Jobs und Praktika sucht, ist in Brüssel sicherlich gut aufgehoben. Bedingt durch die EU-Institutionen und das vielfältige Geflecht internationaler Organisationen, Think Tanks, Landesvertretungen, Stiftungen usw. bietet Brüssel sicherlich so viele Chance wie keine andere Stadt in Europa im Bereich internationaler Politik. Das Angebot an offenen Stellen ist riesig und mit ein wenig Engagement ist es kein Problem eine interessante Praktikumsstelle zu finden.
Networking wird dabei in Brüssel sehr großgeschrieben. Pandemiebedingt waren die Möglichkeiten in dieser Hinsicht zwar etwas eingeschränkt, dennoch gab es jederzeit spannende Veranstaltung zu besuchen und interessante Menschen kennenzulernen.
Generell ist es eine sehr internationale Umgebung und wer in der europäischen Nachbarschaft wohnt und sich hauptsächlich in der europäischen Bubble bewegt, wird Menschen aus ganz Europa und darüber hinaus kennenlernen. Ich kann aber jedem nur empfehlen auch außerhalb der EU Bubble Erfahrungen zu machen und Kontakte zu knüpfen, da man sonst dazu neigt ein etwas verzerrtes Bild dieser Stadt und dieses Landes zu haben, und gleichzeitig viel verpassen wird.
Ich selbst habe 6 Monaten als Researcher in einem Think Tank bzw. politischen Forschungsinstitut gearbeitet, das sich auf die Beziehungen zwischen der EU und Asien und die Förderung des Verständnisses zwischen Europa und Asien konzentriert. Dabei konnte ich sowohl meine analytischen und organisatorischen Fähigkeiten als auch meine soft skills trainieren.
Während des Praktikums bestand meine Hauptaufgabe in der Durchführung von Forschungsarbeit zu EU-Asien-Angelegenheiten und spezifischen Entwicklungen in Asien, mit besonderem Schwerpunkt auf den Beziehungen zwischen der EU und China sowie zwischen der EU und der ASEAN. Im Rahmen dessen publizierte ich diverse Artikel und Policy Analysen. Darüber hinaus erhielt ich in dieser Zeit einen umfassenden Einblick in die Arbeitsabläufe eines international ausgerichteten Think Tanks und konnte eine Vielzahl praktischer Erfahrungen sammeln. Zusätzlich zur Durchführung unabhängiger und in Auftrag gegebener Forschung, sowohl allein als auch im Team, gehörten Peer Reviews und Literaturrecherchen für andere Wissenschaftler dabei ebenso zu meinen Aufgaben, wie Veranstaltungsorganisation und -management sowohl in Präsenz als auch online. Durch meine Arbeit lernte ich die Arbeits- und Funktionsweise der europäischen Institutionen und anderer Organisationen in Brüssel, Asien und Europa, insbesondere der diplomatischen Vertretungen besser kennen. Ich half auch bei der täglichen administrativen Arbeit der Organisation.
Brüssel ist sicherlich nicht die schönste Stadt und es gibt kaum nennenswerte Sehenswürdigkeiten. Um ehrlich zu sein war ich anfangs nicht begeistert, zumal die Stadt viele kleine und große Probleme hat (bspw. das nicht existente Abfallmanagement). Dennoch sind mir die Stadt und insbesondere die Menschen darin im Laufe der Zeit sehr ans Herz gewachsen, sodass ich letztlich schweren Herzens wieder abgereist bin. Insgesamt war es eine sehr spannende berufliche und persönliche Erfahrung die ich sicherlich für immer in guter Erinnerung behalten werde.
Wer praktische Erfahrung in einem sehr internationalen Umfeld im Bereich internationaler Politik sammeln möchte, sollte die Möglichkeit in Betracht ziehen sich nach Brüssel zu orientieren. Das Erasmus Programm und das sehr freundliche und hilfsbereite Erasmus+ Praktikumsteam der FU sind dabei eine große Hilfe.
Tipps für andere Praktikant:innen
Vorbereitung
In Brüssel kommt man hervorragend mit Englisch zurecht. Französisch und Niederländisch sind natürlich hilfreich (gerade auch um sich mit etwas älteren Leuten zu verständigen), aber es ist absolut kein Muss.
Praktikumssuche
Online Suche. Im Bereich von internationaler Politik gibt es zahllose Möglichkeiten.
Wohnungssuche
Brüssel ist sehr teuer. Man zahlt für eine shared Accomodation in guter Lage ca. 600€+. Viele Angebote sind über FB Gruppen zu finden.
Versicherung
DAAD Versicherung
Sonstiges
Brüssel bietet eine enorme Fluktuation. Bedingt durch die EU-Blase und sämtliche internationale Organisationen usw. wechselt alle 3-6 Monate gefühlt die Hälfte der (Praktikanten)Bevölkerung. Dadurch ist es extrem einfach neue Leute kennenzulernen, da alle im selben Boot sitzen.
Formalitäten vor Ort
Telefon-/Internetanschluss
Internet ist oftmals in der Miete enthalten. Ansonsten zahlt man ca. 20-40€ im Monat.
Bank/Kontoeröffnung
Nicht nötig. Deutsches/Europäisches Bankkonto ist ausreichend.
Sonstiges
Verglichen mit Berlin ist Brüssel sehr klein. Vieles ist fußläufig erreichbar. Bei der Wohnungssuche sollte man jedoch beachten in der Nähe einer Metrostation zu suchen falls man weiter außerhalb wohnen muss (je weiter außerhalb desto günstiger ist die Miete), da die Verkehrssituation in der Stadt teilweise desolat ist. In der Pandemiezeit ist es etwas weniger dramatisch aber im Straßenverkehr steht man insgesamt sehr viel im Stau. Die meisten Praktikanten wohnen in und um das europäische Viertel herum. Eine ÖPNV Monatskarte kostet ca. 50€. Für Schüler und Studenten bis zu einem gewissen Alter gibt es jedoch starke Vergünstigungen.
Ausgehmöglichkeiten
Networking findet jeden Donnerstag nach der Arbeit am Place du Luxembourg statt. Ansonsten gibt es eine ausgeprägte Kunstszene, und viele Bars und Clubs für jeden Geschmack…wenn nicht gerade wieder der nächste Lockdown ansteht.
Sonstiges
Brüssel/Belgien ist vor allem bekannt für Pommes, Waffeln, Bier, Schokolade, und die EU. Wer nach Brüssel kommt wird mit Sicherheit schnell all das kennenlernen. Es ist eine sehr internationale Stadt ohne große Sehenswürdigkeiten, dafür mit viel Charme und vielen Chancen.