Forschungspraktikum in Schweden

Mein etwa dreimonatiges Praktikum an der Uppsala University in der Abteilung für Materialtheorie des Fachbereichs „Physics and Astronomy“ verlief sehr erfolgreich. In den 12 Wochen konnte ich einen guten Einblick in die universitäre Forschung als Physiker*in erhalten und zusätzlich meine fachlichen Kenntnisse ausbauen und vertiefen.

Ich war bereits im Herbst 2019 auf Erasmus in Uppsala an der Uppsala University in Schweden. Damals (vor Corona) hat mich vor allem das aktive und unglaublich vielseitige Studierendenleben der Stadt und die große Freiheit und Vielfalt bei der Kursauswahl begeistert. Schon damals hatte ich mir vorgenommen, noch einmal mit Erasmus nach Uppsala zu gehen. Während meines Aufenthalts in Schweden kam jedoch die Pandemie auf und diese Pläne mussten erstmal warten. Ich hatte während meines Erasmus-Austauschen einen Kurs bei einem Professor und war von seiner Art, mit Studierenden umzugehen, sehr begeistert. Ich bin daher mit ihm in Kontakt geblieben und bereits im Frühjahr 2021 für ein Praktikum in seiner Arbeitsgruppe angefragt. Wegen der anhaltenden Pandemiesituation konnte ich allerdings erst zum Frühjahr 2022 eine feste Zusage bekommen. Die Kommunikation hat aber trotz der Umstände gut funktioniert.

Meine Aufgabe war es, bestimmte Eigenschaften eines Materials zu berechnen. Dazu benötigt man nicht nur ein entsprechendes Programm, sondern auch eine Verbindung zu einem Computercluster, da die Berechnungen zu intensiv für einen privaten Rechner sind. Außerdem benötigt man anschließend ausreichenden Kenntnisse in einer Programmiersprache, um die errechneten Daten entsprechend zu analysieren und darzustellen. Zu Anfang musste ich mich daher nicht nur mit dem physikalischen Themengebiet befassen, sondern auch mich in das Programm „Abinit“ für die Berechnungen der Materialeigenschaften einarbeiten, mir angucken, wie man sich mit einem Cluster verbindet und dazu das Betriebssystem Linux erlernen, mit dem das Cluster arbeitet. Zusätzlich musste ich noch meine Python Kenntnisse vertiefen, um mit den entsprechenden Daten umgehen zu können. Ich habe also die ersten 8 Wochen damit verbracht, mir alle Sachen entsprechend anzugucken, bevor ich verlässliche Daten produzieren konnte. Ich kann daher nur empfehlen, ein längeres Praktikum anzustreben (die 3 Monate, die ich hatte, sollte vermutlich Minimum sein).

Nach der Einarbeitungsphase konnte ich dann mit der eigentlichen Arbeit anfangen. Diese war dann auch spannend und hat mir einen guten Einblick in das Arbeitsleben der Wissenschaft ermöglicht. Der workflow war im Grunde, Daten zu produzieren, diese entsprechend darzustellen und dann mit meinem supervisor zu analysieren und anschließend zu besprechen, was als nächstes berechnet werden sollte.   Betreut wurde ich neben dem Professor von einem phD der Gruppe. Dieser war ebenso sehr am teaching interessiert und hat sich entsprechend viel Zeit für mich genommen, obwohl ich zu dem Zeitpunkt einer von 4 Studierenden war, die ein Praktikum in der Gruppe gemacht haben. Man hat genug Zeit bekommen, sich in alles in seinem eigenen Tempo einzuarbeiten und wurde nicht unter Druck gesetzt, hat aber auch immer Hilfe bekommen, wenn man nicht weitergekommen ist.   Die Arbeitsatmosphäre insgesamt war sehr angenehm. Man hat seine Aufgaben bekommen, da aber alles auf meinem eigenen Computer geschah, konnte ich mir nicht nur aussuchen wann, sondern auch wo ich arbeite und solange ich meine Aufgaben erfüllt habe, hat es auch niemanden gestört, wenn ich im home-office war. Ich habe auch ziemlich schnell Anschluss in der Gruppe gefunden. Ich saß in einem Büro mit einem deutschen Doktoranden, der mich gleich zum gemeinsamen Mittagessen der Gruppe in der Gemeinschaftsküche im Korridor nebenan mitgenommen hat.

Insgesamt bin ich sowohl inhaltlich als auch persönlich sehr zufrieden. Ich habe inhaltlich viel gelernt und neben fachspezifischen Fähigkeiten auch generell für die theoretische Physik wichtige Sachen gelernt. Besonders die erlernten Python skills werden sich in meinem weiteren Studium als hilfreich erweisen. Neben den fachlichen Kenntnissen habe ich einen wirklich guten Einblick in die Welt eines/r Physiker*in der universitären Forschung bekommen. Ich war in den Alltag der Gruppe integriert und hab an den wöchentlichen meetings zum Besprechen eigener Ergebnisse teilgenommen und den wöchentlichen Seminaren der Abteilung beigesessen. Dieser Einblick in die Arbeitswelt der universitären Forschung wird mir nach meinem Master bei der Entscheidung helfen, in welche Richtung ich mit meiner Karriere gehen will. Insgesamt kann ich also ein Praktikum an der Uppsala University nur empfehlen. Alle Beteiligten waren immer nett und hilfreich und besonders die enge Betreuung durch meinen Supervisor hat mir gut gefallen.

Tipps für andere Praktikant:innen

Wohnungssuche

Da man als Praktikant*in von der Uni keinen Wohnheimsplatz angeboten bekommt, muss man sich selbst eine Unterkunft suchen. Dazu gibt es neben einigen facebookgruppen die website https://www.studentboet.se/en/. Weitere Tipps findet man auch auf der website der Uni.

Versicherung

Man wird von der Uppsala University während des Praktikums versichert

Sonstiges

Im Sommer (Anfang Juni bis Ende August) haben schwedische Studierenden Sommerferien und die Stadt ist praktisch ausgestorben. Auch an der Uni ist deutlich weniger los, also würde ich empfehlen, diesen Zeitraum für ein Praktikum zu vermeiden.

Ausgehmöglichkeiten

In Uppsala sind die Studierendennationen (nations) das wirkliche highlight und der absolute Mittelpunkt des Studierendenlebens. Ich kann wirklich nur empfehlen, sich so schnell wie möglich eine nationcard zu besorgen und sich das alles einmal gründlich anzugucken, es ist für wirklich alle etwas dabei.

Sonstiges Uppsala ist ziemlich weit nördlich und daher sind die Licht- und Wetterverhältnisse ziemlich extrem. Wer mit gefühlt dauerhafter Dunkelheit und Kälte nicht gut klarkommt, sollte sein Praktikum im Frühling machen

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