Forschungspraktikum im Bereich Neurowissenschaft in Schweden

Ich habe mein durch Erasmus gefördertes Master-Praktikum für vier Monate am Department of Clinical Neuroscience am Karolinska Institut in Stockholm, Schweden gemacht. Die Forschungsgruppe „Perception Lab“ befasst sich dort mit dem Geruchssinn und erforscht unter anderem, wie Gerüche in klinischen und gesunden Populationen unterschiedlich wahrgenommen werden und im Gehirn verarbeitet werden.

Mein Forschungspraktikum habe ich dort in einem Projekt absolviert, welches sich mit Verhaltenskorrelaten in Reaktion auf positive und negative Bilder, sowie Gerüche, beschäftigt. Hierbei interessiert es uns besonders, ob positive, negative und neutrale Stimuli sich verschieden auf die Körperhaltung (nach vorne oder nach hinten Beugen), sowie auf den Gesichtsausdruck, auswirken. Diese Veränderung in der Körperhaltung kann als ein Indikator einer Vermeidungsreaktion oder einer Annäherungsreaktion in Bezug auf positive Bilder oder Gerüche gesehen werden. Nach einer Pilotphase mit Verhaltensdaten ist auch das Sammeln von neurowissenschaftlichen Daten (EEG) angedacht.

Im Rahmen des Projektes mit visuellen Reizen (emotionale Bilder) habe ich verschiedene Aufgaben übernommen und unterstützt. Zuerst war ich an der Konzeption der Studie zur visuellen Wahrnehmung beteiligt. Diese half ich theoretisch zu planen und implementierte sie, was sowohl den Umgang mit Hardware (Computer, Computer-Ports, Externe Hardware, und deren Kopplung) und Software (in diesem Fall die Experimentalsoftwares E-prime, Labchart, Psychopy und FARMI Framework) bedeutete. Nach Abschluss dieser Phase war ich für die Durchführung der visuellen Wahrnehmungsstudie, einschließlich Datenerfassung, Datenaufbereitung und Datenanalyse mitverantwortlich. Für die Datenanalyse/Vorverarbeitung nutze ich hauptsächlich R und Python. Zudem führte ich eine Literaturrecherche für Wahrnehmungsstudien im Zusammenhang mit Annäherungs- und Vermeidung durch, welche für folgende Publikationen relevant ist.

Im Rahmen des Geruchsprojektes war ich von Beginn an der Entwicklung der Studie beteiligt. Dazu gehörte es Geruchsstimuli im chemischen Labor vorzubereiten, wozu ich das genaue Pipettieren und Mischen von Geruchssubstanzen und Lösungsmitteln erlenen musste. Zudem lernte ich die Installation/Arbeit mit einem Olfaktometer (einem Gerät, mit welchem es möglich ist Gerüche sehr kontrolliert und für Experimentalsettings sinnvoll zu präsentieren, siehe Bild 1). Zum Ende meines Praktikums war diese Studie fertig gestellt, sodass wir mit der Pilotierung des Experimentes mit ersten Proband:innen beginnen konnten.

Zuletzt gehörte zu meinem Praktikum natürlich die Teilnahme an wöchentlichen Laborbesprechungen und monatlichen Abteilungsbesprechungen. Zusätzlich fanden besondere Treffen zum Beispiel im Rahmen des Olfactus Meeting statt. Dieses Treffen findet jährlich statt und dient dem Austausch und der Vernetzung zwischen verschiedenen Geruchsforschungsgruppen. Zuletzt nahm ich an den Gruppeninternen Journal Club-Meetings teil, in denen wir und gegenseitig einschlägige Publikationen aus unserem Feld präsentierten und diskutierten.

Meine Zeit am Department of Clinical Neuroscience in Stockholm war für mich sehr einschlägig und lehrreich. Meinem Ziel mehr über die Geruchsforschung zu lernen konnte das Praktikum voll entsprechen. Ich habe viel zum Umgang mit Geruchsstimuli gelernt, vor allem aber unerwartet viel praktisch gearbeitet; sei es beim Installieren neuer Ports in Computern, Pipettieren oder Schrauben im Olfaktometer. Die praktische Arbeit habe ich hierbei sehr genossen. Interessant war für mich zudem besonders die Forschungskultur und -praxis in einem Land außerhalb von Deutschland kennenzulernen. Das Perception Lab und seine Mitglieder nahm ich hierbei als sehr aufgeschlossen, international, unhierarchisch und unbürokratisch wahr. Für meine weitere Laufbahn in der Forschung konnte ich im Praktikum einschlägige Erfahrungen bezüglich der Entwicklung und Realisierung von Studien gewinnen. Im Herbst beginne ich mein PhD Programm, für das ich mich aufgrund dieser Erfahrung bestärkt fühle.

Tipps für andere Praktikant:innen

Auslands-Bafoeg wird nur für den von der Uni vorgeschriebenen Praktikumsaufenthalt ausgezahlt, was mir leider nicht klar war. Mir fehlten deswegen, weil ich infolge des Auslandsbafoegs kein Inlands-Bafoeg beantragt hatte, eine komplette Monatsrate!! Unbedingt direkt Folgeantrag für reguläres Inlands-Bafoeg stellen.

Praktikumssuche

Über vergangene Kontakte und Praktika. Lieber mehr Stellen anschreiben und nicht scheu sein.  Teilweise reicht auch erstmal eine kurze Anfrage vorzuschicken, ob es überhaupt Sinn macht eine ausführliche Bewerbung hinterherzuschicken.

Wohnungssuche

WGs sind in Schweden sehr untypisch und wenn dann über fb oder blocket zu finden. Der Markt ist sehr umkämpft und deutlich teurer als in Deutschland. Oftmals wohnt man mit älteren Menschen zusammen. Deswegen war für mich die Unterbringung in einem Studentenwohnheim am geeignetsten (dort unbedingt früh bewerben, da oftmals Bewerbungseingang als ein Kriterium für die Priorität der Bewerbung gilt!)

Versicherung

Die DAAD Auslandsversicherung hat bei mir ausgereicht, es ist aber auch nichts vorgefallen. Es ist wohl nicht so enfach in Schweden einen Arzt aufzusuchen weil alles an eine sog. Personennummer geknüpft ist, die man bei kürzeren Aufenthalten nicht bekommt. Wer also schon weiss dass er:sie:they medizinische Unterstützung braucht, sollte sich dringend im Vorhinein informieren, wie das Prozedere ohne Personennummer in Schweden funktioniert.

Formalitäten vor Ort

Telefon-/Internetanschluss:  War vom EU-Tarif abgedeckt, da ich nicht länger als 4 Monate in Schweden war, sonst kann es aber zu Aufpreisen kommen.

Ausgehmöglichkeiten

Stockholm ist auf einem Badesee gelegen und hat viele Möglichkeiten in der Natur zu sein und zu klettern. Ausgehen ist deutlich teurer und begrenzter möglich als in Großstädten in Deutschland. Im Sommer halten sich deswegen viele draussen auf.

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