Mein Auslandspraktikum habe ich in der der Fundación Francsico Giner de los Ríos, auch bekannt als Institución Libre de Ensenañza (ILE) gemacht, die eine traditionsreiche Bildungs- und Kultureinrichtung im Herzens Madrids ist. 1876 gegründet, blickt sie auf eine lange Historie zurück. Dennoch wurde sie erst in den 80er Jahren nach der Diktatur wurden ihre Funktionen sowie Räumlichkeiten gänzlich wieder hergestellt. Bekannter ist ihre Schwesterorganisation die Residencia de Estudiantes, die von der Fundación gegründet wurde.
Dieses Kulturzentrum wurde schon in den 70er Jahren wiederbelebt, weshalb die das kulturelle Projekt der ILE sich noch im Ausbau (noch weniger Events, Personal etc.). Die Fundación Francisco Giner de los Ríos (ILE) verfügt über 5 Festangestellte, wobei je nach Projekten bis zu 10 Personen unter Vertrag sind. Die Fundación Francisco Giner de Los Ríos wurde 1916 im Gedenken an Francisco Giner de los Ríos, der ein Universitätsprofessor und kulturelle Leitfigur in Bezug auf spätere Reformen der Bildung im Spanien des 19. Und 20. Jh. war, gegründet. Inspiriert von der philosophischen Strömung Krausismus (1876 – 1936) modernisierte er das spanische Bildungssystem, indem er die private Bildungseinrichtung Institución Libre de Enseñanza gründetete. Er verteidigte die Freiheit in der Ausführung seiner Professur, ohne sich einem religiösen oder politischen Dogma unterwerfen zu wollen. Seine Reformpädagogik stütze sich auf Ideen des deutschen Philosophen Karl Christian Friedrich Krause: eine integrale Ausbildung mit Gleichberechtigung, Alltagsbezug und dem Fokus auf den SchülerInnen. Mit anderen Leitfiguren dieser Epoche stieß er Institutionen wie die Junta para la Ampliación de estudios, Residencia de Estudiantes und das Museo Pedagógico Nacional an, welche Einrichtungen die Avantgarde der Zeit darstellten z.B. mit Stipendien für das Studium im Ausland oder Ferien Exkursionen für Grundschulkinder. Zur Bewahrung des kulturellen Erbes des Universitätsprofessors wurde die Stiftung Giner de Los Ríos gegründet und erhält noch heute die Grundpfeiler der ILE: den Boletín („Newsletter“) de la Institución Libre Enseñanza und noch heute fungiert sie als Bildungszentrum.
Mein Praktikum habe ich in der Abteilung für Kulturelles bzw. Öffentlichkeitsarbeit absolviert; in Spanien wird das Berufsfeld als „Gestor cultural“ bezeichnet, sozusagen Kulturmanager. Das Büro des Kulturreferats sitzt in der zuvor erwähnten Residencia de Estudiantes, die mit ihrer Eröffnung Anfang des 20 Jh. als erstes Kulturzentrum Spaniens und Prototyp des wissenschaftlichen und künstlerischen Austausches in Europa auf interdisziplinärer Basis zu verstehen ist. Es lernten und lebten dort Persönlichkeiten wie Federico García Lorca, Salvador Dalí, Luis Buñuel. Die Residencia und die ILE sind heute vor allem durch das Portal de la Edad de Plata verbunden. Dies ist ein virtuelles Archiv mit Zeitschriften, Ausstellungen, Publikationen und audiovisuellem Material, das zur Wahrung, Aufbereitung und Verbreitung der Werke der wissenschaftlichen und kulturellen Epoche Spaniens zwischen 1868 bis 1936 („Edad de Plata“) gegründet worden ist.
Die Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit und Kulturelles besteht aus zwei KollegInnen. Dieser Bereich ist zuständig für die Organisation jeglicher kultureller Aktivitäten (Buchvorstellungen, Seminare und Konferenzen zu gesellschafts-politischen Themenfeldern), Besucherservice der Stiftung, Emailkorrespondenzen und für die Vermietung der Stiftungsräumlichkeiten an Firmen und Organisationen. Von letzterem finanziert sich die Stiftung momentan noch, da sich die kulturellen Aktivitäten gerade noch im Ausbau befinden. Das Ziel der Stiftung ist, sich in Zukunft gänzlich über die Einnahmen und Projektfinanzierungen durch die Regierung zu finanzieren. Zu meinen Aufgaben gehörten insbesondere die Emailkorrespondenz vor allem in Bezug auf Anfragen per E-Mail in englischer Sprache aus dem Ausland, Führungen für Architekten über das Stiftungsgelände zu geben, Übersetzungen für die Stiftung und ihre Schwesterorganisation die Residencia de Estudiantes vom Spanischen ins Deutsche oder Englische anzufertigen und die generelle Unterstützung bei der Vorbereitung und Durchführung jeglicher kultureller Veranstaltungen im Rahmen der Stiftung.
Die Kontaktaufnahme mit der Stiftung hat sehr einfach stattgefunden. Per E-Mail habe ich meine Bewerbungsunterlagen an die Fundación Francisco Giner de los Ríos/ ILE und deren Schwesterorganisation die Residencia de Estudiantes geschickt. Letztendlich hat mich die Institución Libre de Ensenañza angenommen, gleichwohl ich ebenfalls Aufgaben im Rahmen der Residencia de Estudiantes übernehme. Das liegt insbesondere daran, dass sich unser Büro ebenfalls in den Räumlichkeiten der Residencia de Estudiantes und nicht selbst auf de Stiftungsgelände befinden.
Insgesamt war es aber dennoch sehr kompliziert und schwierig für mich überhaupt in Spanien einen Praktikumsplatz zu finden. Anfang April 2022 habe ich begonnen, ein Praktikum im Anschluss an mein Auslandssemester an der Universität in Granada (SoSe 2022) zu suchen; spezifisch für den Zeitraum Juli bis Mitte/Ende Oktober 2022. Die Suche war nicht nur aufwändig und nach viel Zeit in Anspruch, sondern war es vor allem schwierig ein seriöses Praktikum zu finden. Unter andere habe ich das Erasmusintern.org Portal genutzt. Die Stellenausschreibungen waren meist nicht passend, gänzlich unbezahlt und wirkten gänzlich unseriös. Deshalb habe ich schnell begonnen im Internet nach sozialen oder politischen Organisationen/ Stiftungen zu suchen und diese direkt mit meinen Bewerbungsunterlagen per E-Mail zu kontaktieren. Auch wenn ich bis zu 50 solcher Mails verschickt habe, bekam ich, wenn überhaupt eine Antwort, nur Absagen – oder dass die Praktikumsplätze für dieses Jahr bereits vergeben sind. Auf die Stiftung Fundación Francisco Giner de los Ríos bin ich über einen Freund meiner Familie gekommen, der mir von der Institution erzählt hatte. Ich begann über die Einrichtung zu recherchieren, die sich als eine der einflussreichsten Bildungseinrichtungen der spanischen Geschichte herausstellte. Neben der ILE hatte ich noch die Möglichkeit entweder an dem CSIC (Consejo Suprior de Investigaciones Científicas, der sogar von der ILE gegründet wurde) ein Praktikum im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit und Erasmus zu machen, sowie einen Praktikumsplatz bei einer deutschsprachigen Zeitung Costa Blanca News in Bernidorm, in Alicante. Letztendlich habe ich mich aus meinem Interesse, sowie aus Gründen des Prakitkumszeitraums und der Aufwandsentschädigung (die anderen Praktika wären gänzlich unvergütet gewesen) für die Institución Libre de Enseñanza entschieden. Insgesamt kann ich nur noch einmal abschließend dazu sagen, dass es wirklich sehr schwer war einen Auslandspraktikum in Spanien zu finden und ich mir auch vorgestellt hatte, dass es von der FU mehr Unterstützung bzw. vielleicht schon Partnerschaften mit Organisationen oder Firmen in Spanien gibt; so wie es der Fall vieler andere Universitäten in Deutschland ist. Gerade in Spanien sind solche Partnerschaften mit Universitäten sehr üblich, solche eine möchte mein Praktikumsgeber gerne mit der FU aufrechterhalten.
Da ich Spanische Philologie mit Lateinamerikanistik neben Politikwissenschaft studiere, wollte ich unbedingt die Möglichkeit nutzen, und ein Praktikum an mein Auslandssemester anschließen. Dies nicht nur zur Verbesserung meines Spanisch, sondern auch um neben der universitären Erfahrung auch einen anderen Einblick in die spanische Gesellschaft bzw. Berufswelt zu erhalten. Meine Erwartungen an ein Praktikum waren, einen realistischen Einblick in den Arbeitsalltag einer Organisation in Spanien zu erhalten und auch erste, tatsächliche vertiefende praktische Erfahrung sammeln zu können.
Vorneweg lässt sich sagen, dass ich insgesamt sehr viel hospitiert habe, z.B bei Führungen auf Spanisch über das Stiftungsgelände, sowie bei Veranstaltungen oder bei der Anfertigung von Emailkorrespondenzen mit GästInnen der Stiftungsaktivitäten (Professoren eingeladen zu Konferenzen etc.,). Auf der anderen Seite erledigte ich viele Rechercheaufgaben z.B. in Hinblick auf Biografien für die Webseite unseres des jährlich stattfindenden politikwissenschaftlichen und philosophischen Konferenz Democracy and Tolerance. Nicht zuletzt waren viele meiner Aufgaben organisatorischer bzw. administrativer Natur, z.B. verteilte ich Flyer bei den Events der Stiftung, verfasste Emails (vor allem in englischer Sprache), oder pflegte unsere Datenbanken (Kontaktdaten von BesucherInnen gesammelt) und organisierte und führte Führungen über das Stiftungsgelände durch. Darüber hinaus durfte ich auch Texte Korrektur lesen (vor allem auf Englisch), z.B. Projektanträge an die Europäische Kommission oder auch bei der Publikation eines Buches über Rainer Maria Rilke der Residencia de Estudiantes. Zu meinen Hauptaufgaben neben dem administrativen Bereich zählten aber insbesondere Übersetzungen von Texten (historischer Einordnung der Stiftung und der Residencia de Estudiantes oder Vorstellung der Aufgabenfelder) in die deutsche oder englische Sprache.
In dem ersten Monat meines Praktikums habe ich mich viel in die Geschichte und die Arbeit der Stiftung eingelesen, wozu mir Dokumente und auch Zusammenfassungen von Ausstellungen, die es über die Stiftung gab, gegeben wurden. Dies diente zum einen dazu, dass ich mir ein konkretes Bild der Stiftung machen konnte, auf der anderen Seite aber vor allem als direkte Vorbereitung für die geführten Touren über das Stiftungsgelände und durch das Gebäude, die ich in den folgenden zwei Monaten vor allem in englischer Sprache gegeben habe. Das Gebäude der Fundación Francisco Giner de los Ríos ist in Madrid und international ein architektonisches Meisterwerk und erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Deshalb erlangt die Stiftung zahlreiche, sowohl nationale als auch internationale, Anfragen zu Besuchsmöglichkeiten. In meiner Hand lag es dann diese Emails (meist von Architektengruppen aus dem Ausland) zu beantworten und Führungen zu koordinieren. Fachkenntnisse aus meinem Studium halfen mir ein wenig, um mich innerhalb der Stiftung historisch und thematisch zu orientieren, da die Stiftung und vor allem die Residencia de Estudiantes eng verbunden mit wissenschaftlicher, literarischer und philosophischer Künstlerschaft im 20 Jh. In Europa verbunden war.
Meine Arbeitszeiten waren von Montag bis Freitag täglich von 9:00 bis 15:00 vorort im Büro. Insgesamt habe ich einen starken Unterschied zu dem Arbeitstempo wahrgenommen, vielleicht lag das aber auch daran, dass ich (eine ausländische) Praktikantin war und weniger an kulturellen Unterschieden. Das Arbeitsklima habe ich als äußerst positiv, kollegial und freundschaftlich wahrgenommen. Meist überwiegend entspannt, konnte bei dringenden Angelegenheiten oder während spezifischen Events die Belastung und Stressniveau dennoch erheblich ansteigen. Auch mit anderen Abteilungen zum Beispiel die Abteilung für Kulturelles der Residencia de Estudiantes oder die der Publikationen beider Institutionen haben oft eng mit uns zusammengearbeitet, (z.B. wie erwähnt in Hinblick auf die Publikation des Buches über Rilke).
Ich habe mich immer sehr gut betreut gefühlt und hatte einen direkten Ansprechpartner, der mir jegliche Fragen oder Zweifel sofort beantwortete. Dennoch muss ich zugeben, dass es sich manchmal komisch anfühlte, vor allem wenn es etwas zu tun gab, mir generelle, oberflächliche Dinge erklären zu lassen, da meine KollegInnen natürlich ihren Aufgaben nachkommen mussten und ich ihnen als Praktikantin vielleicht manchmal auch „zusätzliche“ Arbeit bereitete. Aber das ist denke ich generell das Problem als Praktikantin oder in der Einarbeitungsphase. Manchmal war es deshalb aber so eben auch schwierig Aufgaben zu bekommen. Auf der einen Seite konnte ich mir so oft selbst meine Aufgaben (aus)suchen, auf der anderen Seite wurden so manchmal wenige übertragen. Denn z.B in Hinblick auf Social Media wäre ich gerne mehr eingebunden worden, was zum einen aus technischen Gründen (Für das Programm nur einen Account pro Lizenz) unmöglich war. Insgesamt gab es entweder nicht sehr viele Aufgaben oder viele Dinge, die in einem anderen Unternehmen in unserer Aufgabenbereich fallen würden, wurden von der IT-Abteilung übernommen, z.B. die die Aktualisierung der Webseite (einfache WordPress Seite) oder das Erstellen von Power Point Präsentationen.
Für meine erfüllten Aufgaben wurde ich immer gelobt bzw. bekam Feedback, was ich als sehr positiv anmerken muss. Auf der anderen Seite gab es eine Situation, bei einer Veranstaltung (Buchpräsentation), wurde ich sehr wenig informiert und plötzlich sollte ich eine Gästin mit meiner Chefin kennenlernen. Plötzlich beginnt meine Vorgesetze auf Deutsch zu spreche und ich hatte weder gewusst, dass die Gästin Deutsche war, noch welche Funktion sie bei der Veranstaltung innehatte. Ich hätte mir gewünscht, besser aufgeklärt worden zu sein und schon in den Wochen vorher mehr in die Vorbereitung der Veranstaltung eingebunden gewesen zu sein, anstatt mich generellen (nicht dringlichen) Übersetzungen gewidmet zu haben. Danach habe ich meine Strategie geändert und viel mehr von meiner Seite aufgezeigt, was ich interessant fände,
wo ich Lust hätte mich in Programme einzuarbeiten oder wo ich vielleicht sogar behilflich sein könnte. Obwohl dies in verschiedenen Situationen klargemacht habe, z.B. in Bezug auf Social Media, bestand kein Interesse und ich wurde damit vertröstet, dass ich mir keine Arbeit, keinen unnötigen Stress damit machen sollte. Insgesamt hat mir das Praktikum den Arbeitsalltag in einer kulturellen Einrichtung nähergebracht, sowie im Hinblick auf soziale Situationen, z.B. wie Beziehungen zu Chefs oder Kollegen sind und natürlich nicht zuletzt insbesondere viel Wissen über die spanische Geschichte in Bezug auf politische Entwicklungen sowie die des Bildungssystems erlangt.
Von meinem Praktikum in der Fundación Francisco Giner de los Ríos habe ich mehrere Fazits ziehen können. Zum einen bin ich sehr dankbar für die Zeit in der ILE und in der Residencia de Estudiantes, in der ich vieles lernen durfte und es insgesamt eine große Bereicherung für mich war, erste realistische Berufseinblicke erlangen zu können.
Auf der anderen Seite ist mir dadurch auch klar geworden, dass ich mich wahrscheinlich nicht in einer kulturellen Einrichtung/Stiftung sehe, sondern (auch bzgl. Des Masters) ich mich eher in eine politische (politikwissenschaftliche) Richtung orientieren möchte. Es war zwar sehr spannend und äußerst passend zu meiner Leidenschaft für Kulturelles, Literatur und Kunst, auf der anderen Seite bevorzuge ich eher Themenfelder der Aktualität, sowie politisches Weltgeschehen, als sich historische Fakten zur ILE oder der Residencia de Estudiantes: Das ist mir vor allem im Zuge des Seminars „Democracy and Tolerance“ klargeworden, für welches ich unter anderem Dinge organisieren durfte oder Audios der Konferenzen transkribierte. Das empfinde ich aber auch als sehr positiv, da ich jetzt meine Berufsvorstellungen etwas besser einschränken kann.
Spezifisch in Bezug auf meine Praktikumseinrichtung muss ich leider negativ anmerken, dass ich mich oft unterfordert gefühlt habe. Zum einen weiß ich, ein Auslandspraktikum um in einer anderen Sprache ist natürlich etwas anderes als ein Praktikum in Deutschland. Trotzdem denke ich, ich hätte mit meinen Spanischkenntnissen (C1) auch mehr Aufgaben übernehmen können, seien es wie zuvor angemerkt Social Media oder andere simple organisatorische Dinge. Sie wussten manchmal nicht, welche Aufgaben sie mir überhaupt geben sollen. Trotzdem bin ich froh das Praktikum in der ILE gemacht zu haben, da ich auch mögliche Kontakte in Zukunft in die Residencia de Estudiantes pflegen kann.
Insgesamt würde ich auch das Praktikum definitiv weiterempfehlen, da man einen realistischen Eindruck des Arbeitsalltags einer kulturellen Stiftung bekommt und vor allem das kollegiale Team der Einrichtung zu schätzen ist. Da die Stiftung zum einen sinnbildlich Teil und sogleich Anstoß für die kulturelle und wissenschaftliche Entwicklung Spaniens gewesen ist und zum anderen auch bildungspolitische Arbeit leistet, vereinte ein Praktikum bei der ILE meine Interessen, ebenso wie mein Studium. Dennoch befindet sich die Stiftung gerade noch im Aufbau, weshalb das Angebt der Events und Konferenzen noch sehr überschaubar ist, worüber ich zugegebenermaßen auch etwas enttäuscht war, da es mir vorher angepriesen wurde, dass ich bei vielen Aktivitäten teilhaben könnte.