Während meines Praktikums in Wien erhielt ich einen umfassenden Überblick in alle Bereiche der musealen Arbeitswelt. Es ist aber gar nicht so leicht, die Arbeit von sechs Monaten auf einer A4-Seite zusammenzufassen, daher nenne ich hier nur einige Beispiele, damit die Lesenden sich eine grobe Vorstellung von meinen Aufgaben machen können.
Zum einen unterstützte ich die Kurator*innen und durfte spannende wissenschaftliche Recherchen übernehmen. So bereitete ich beispielsweise zwei Treffen mit einer Gustav Klimt-Expertin vor und nach. Gemeinsam mit ihr und zwei Kurator*innen begutachteten wir mehrere Zeichnungen und schauten, ob sich diese dem Künstler Gustav Klimt zuordnen ließen. Hierbei empfand ich es als besonders bereichernd, Menschen aufmerksam zuzuhören, die in ihren Feldern unglaublich bewandert sind. Ein anderes Mal untersuchte ich mit einer Kuratorin lose Blätter aus diversen Skizzenbüchern Egon Schieles und versuchte gemeinsam mit ihr jene Blätter den korrekten Skizzenbüchern zuzuordnen. Hierfür gingen wir in das Archiv der Albertina, welche viele von Schieles Skizzenbüchern besitzt. Wir stießen bei diesem Termin auch auf seinen Terminkalender aus dem Jahr 1918, also das Jahr, in dem der Künstler verstarb. So konnten wir nachvollziehen, wie er das letzte Jahr seines Lebens verbrachte — mit wem er sich wo traf, wann er arbeitete, welche Modelle er zu sich einlud etc.
Einen anderen Kurator unterstützte ich bei den Vorbereitungen für die im Herbst anstehende Gabriele Münter Retrospektive. Ich lernte, wie man Leihgesuche aufsetzt und andere Museen oder Privatsammler*innen um ihre Werke bittet. Zudem spielte ich ebenfalls für die Münter Ausstellung ca. 100 Werke in die Datenbank Museum Plus ein und kenne mich nun bestens mit dieser aus. Eine solche Datenbank ist das „Herzstück“ des Museums, da jedes Werk dort mit einer Inventarnummer, mit Angaben wie den Maßen, Technik, Leihgeber*in, Versicherungswert, Ort im Depot, Zustand, Provenienz etc. eingespeichert ist und die Mitarbeitenden sämtlicher Abteilungen die ganze Zeit darauf zurückgreifen.
Faszinierend fand ich zudem die Arbeit der Provenienzforschung. Meine Aufgabe hier war es, mithilfe von kunsthistorischer Literatur (zB. Werkverzeichnisse) und elektronischen Ressourcen die Provenienz einiger Werke, die sich als Dauerleihgaben im Museum befanden, zu überprüfen. Zudem durfte ich einem Provenienzforscher bei der Überprüfung des Sammlungsbestands assistieren. Dies war eine überaus spannende Angelegenheit, benötigt die Kunstsammlung von Prof. Dr. Rudolf Leopold, welche er begann ab den 1950er Jahren anzulegen, doch definitiv ein genaues Hinsehen.
Ein anderer Bereich, den ich unterstützen durfte, war die Registratur, die das Management aller Museums Aus- und Eingänge übernimmt. Hier sollte ich zum Beispiel Hängeplane der Ausstellungsräume erstellen oder durfte den Tranchentausch der Grafiken planen. Ein solcher Tausch muss alle drei Monate geschehen, da die Grafiken ansonsten ausbleichen können. Generell gilt, dass Grafiken, die drei Monate ausgestellt wurden, anschließend wieder für drei Jahre im Depot verwahrt werden müssen. Für ein solch großes Museum ist dies also eine andauernde Aufgabe, die ständig mitgedacht werden muss.
Auch die Bibliotheksverwaltung gehörte zu meinen Aufgaben. Besonders interessant fand ich hier die Inventarisierung der Archivalien des Schiele-Peschka-Konvoluts. Dieses Konvolut bestand aus hunderten Briefen, Postkarten, Schulzeugnissen und Zeitungsausschnitten aus dem Besitz der Familien Peschka und Schiele. Diese Archivalien mussten dann von einer Kuratorin und mir gesichtet, korrekt verpackt und benannt werden. Dies nahm tatsächlich einige Zeit in Anspruch, doch es war ziemlich faszinierend jene Objekte zu untersuchen und auf diese Weise mehr zu erfahren über das Leben der beiden Künstler Anton Peschka und Egon Schiele und deren Familien.
Wie zu Anfang beschrieben, würde es den Rahmen sprengen, alle meine Tätigkeiten aufzulisten. Doch ich möchte zusammenfassen, dass meine Arbeit im Leopold Museum immer sehr abwechslungsreich war, mich auf einen Job im Museum gut vorbereitet hat und mir stets viel Verantwortung und Vertrauen geschenkt wurde. Ich kann es jedem/jeder empfehlen, sich dort für ein Praktikum zu bewerben
Tipps für andere Praktikant:innen
Praktikumssuche
Für das Praktikum im Leopold Museum bewarb ich mich bereits im Mai 2022 initiativ. Etwa eine Woche nach dem Versenden der Bewerbung erhielt ich die Einladung zu einem Bewerbungsgespräch, welches über Zoom stattfand. Der Kustos der Sammlung, sowie die Kuratorin und Leiterin des Egon Schiele Dokumentationszentrums, führten das Gespräch mit mir durch. Sie wollten dabei sowohl einige Dinge über mich und meinen bisherigen Werdegang erfahren als auch mein Wissen über die Kunstlandschaft Wiens um 1900 testen. Bereits zwei Stunden nach dem Gespräch erhielt ich glücklicherweise den Anruf mit der Zusage.
Wohnungssuche
Da es bis September noch vier Monate waren, hatte ich genügend Zeit, alles Nötige zu planen. Über WG-Gesucht fand ich eine wunderschöne Wohnung im 9. Bezirk, die genau für den von mir angepeilten Zeitraum frei war. Die Vermieterin, mit der ich mich die ganze Zeit über sehr gut verstand, ging für jene Monate nach Italien gehen und arbeitete dort beim Film. Ich musste mir also keine Gedanken darüber machen, wie ich meine eigenen Möbel nach Wien bekommen würde, da die Wohnung sowieso bezugsfertig war.
Versicherung
Ich versicherte mich über den DAAD, da dieser ein Kombipaket bestehend aus Krankenversicherung, Haftpflichtversicherung und Unfallversicherung anbietet und ich dies für die einfachste Lösung hielt. Im Monat kostet dieses Paket ca. 39 Euro.
Formalitäten vor Ort
Telefon-/Internetanschluss
Ein Festnetztelefon hatte ich nicht und den Internetanschluss konnte ich von meiner Vermieterin nutzen, ich musste mich hier also um nichts kümmern.
Bank/Kontoeröffnung
Für die 6 Monate habe ich kein Bankkonto in Wien eröffnet. Ich habe momentan ein Konto bei der Deutschen Bank, leider gab es in ganz Wien aber keine Automaten der Cash Group. Aus diesem Grund musste ich, immer wenn ich Bargeld haben wollte, ca. 5 Euro Abhebegebühren zahlen. Da man in Wien, ähnlich wie in Berlin, leider nicht überall mit Karte zahlen kann, kam das mit den Abhebegebühren relativ häufig vor. Anderen deutschen Freundinnen ging es ähnlich, weshalb wir irgendwann angefangen haben, nur noch gemeinsam Geld abzuheben und uns die Kosten zu teilen.
Alltag/Freizeit
Ausgehmöglichkeiten
Wien ist einfach wunderschön und ich habe jede Sekunde meiner Zeit dort genutzt. Daher habe ich jetzt auch relativ viele Tipps parat, die ich am Besten einfach aufliste:
Restaurants: Stadt Krems, Skopik & Lohn, Plachutta, Zu den 3 Hacken, Figlmüller, Rebhuhn, Lechner, Miznon, Gasthaus Wolf, Plain Kitchen
Caféhäuser: traditional cafe, Sperl, Cafe Ritter, Schwarzes Kameel, Demel, Prückel, Savoy
Cafés: Coffee house, Café Kafka, Liebling, Schadekgasse 12, Kleines Café, Alt Wien, Palmenhaus
Bars: Prosecco Bar, Neue bar, Espresso bar, Kleinod, Clash, Loos bar/ American bar, Wunderbar, Future garden, Luster Bar, Weidinger, krypt
Aktivitäten: Hofburg, Schloss Schönbrunn, Naschmarkt, Karmelitermarkt, Spaziergang am Donaukanal, Planetarium, Prater, Volkstheater, Volksoper, Burgtheater, Kammerspiele der Josefstadt, Grelle Forelle, Pratersauna, Bootsfahrt über die Donau, Karlskirche, Stephansdom, Museen: Leopold, mumok, Hundertwasser, KHM, Naturhistorisches Museum, Jüdisches Museum, Albertina, Sigmund Freud Museum…
Sonstiges
Ein kleiner Tipp zum Schluss: Ich empfehle jedem, sich die „Ticket Gretchen“-App runterzuladen, da es hier super Rabatte auf Opern, Theaterstücke oder klassische Konzerte gibt. Ich war fast jede Woche bei einer anderen Veranstaltung und habe immer nur zwischen 5 und 10 Euro zahlen müssen.