Für mein 12-wöchiges Erasmuspraktikum im Universitätskrankenhaus in Tromsö (UNN) bewarb ich mich über meine Heimatuniversität an der UiT. Am UNN absolvierte ich mein 3. Tertial des Praktischen Jahres in der Chirurgie.
Eine Zuteilung in zwei chirurgische Abteilungen erfolgt über die Erasmusverantwortliche für Incomings an der Medizinischen Fakultät. Vor Ankunft hatte ich zunächst große Sorge, einen Wohnheimplatz von Samskipnaden zu erhalten, da ich in vorhergehenden Berichten las, dass es lange Wartelisten gäbe. Ich erhielt nach meiner Anfrage direkt am nächsten Tag eine Zusage für meinen Wunschplatz (4er WG in Stakkevollan, fußläufig vom Krankenhaus entfernt). Am ersten Tag stellte ich mich beim Empfang des Haupteingangs vor und erhielt eine Karte, mit der ich Zugang zu den Umkleiden und in den OP bekam. Auf der Station empfing mich der Chef und ich wurde dem Team vorgestellt und umgekehrt. Nach der Morgenbesprechung erhielt ich Arbeitskleidung, ein Diensttelefon und auch ein Platz in einem Arbeitszimmer eines Assistenzarztes wurde für mich organisiert und ich erhielt eine Führung durch das Krankenhaus. Für die Bewerbung wird nur Englisch erwartet, da ich aber bereits ein Erasmussemester in Schweden studierte, fand die Kommunikation auf „Skandinavisch“ statt und ich gewöhnte mich schnell an die norwegische Sprache. Ich kann zukünftigen Bewerbern nur empfehlen die Sprache zu lernen, da es einem mehr Türen öffnet. Von anderen Praktikantinnen im Krankenhaus weiß ich, dass das Personal auf den meisten Stationen bemüht ist, Englisch zu sprechen und dies auch in der Regel kein Problem ist, aber gerade in der Inneren Medizin und nicht-chirurgischen Fächern kann es ohne norwegische Sprachkenntnisse ziemlich langweilig werden. Ich hatte sehr großes Glück mit meinen zwei Stationen: Plastische Chirurgie und Brust-/endokrine Chirurgie. Nach je einer Woche Eingewöhnung konnte ich in beiden Abteilungen im OP viel mitoperieren und nicht nur assistieren. In den 12 Wochen Praktikum erhielt ich eine gute Grundausbildung in Naht- und Fadenkunde, fühle mich sicherer in der Wundbehandlung und kann die Schnittführung für kleinere Hauteingriffe selbstständig planen sowie lokale Anästhesie setzen. Der Arbeitsalltag begann um 7.30 Uhr bzw. 8.00 Uhr und endete für mich früher als für die Ärzt_innen, da für mich die Dokumentation entfiel. Täglich konnte ich für mich entscheiden, wo es am spannendsten ist und wohin ich gehen will. Es gibt keinen festen Rotationsplan, aber nach ein, zwei Wochen, hat man den Überblick, wo was läuft. Die Operationen sind in den Haupt-OP (Innslusa), die Dagkirurgi und für die Plastische Chirurgie zusätzlich in einen kleinen ambulanten OP eingeteilt. Außerdem gibt es die Stationsarbeit, an der ich aber nur wenig teilnahm, da die Bettenanzahl sehr gering ist und die Sprechstunde in der Poliklinik. Zusätzlich verfügt die Plastische Chirurgie über ein mikrochirurgisches Labor, in dem man am Modell unter dem Mikroskop nähen üben kann und im Brustdiagnostischen Zentrum kann man auch die Radiologen bei den Untersuchungen und Befundungen begleiten. In der Regel ist für eine Mittagspause Zeit. Die meisten Norweger bringen sich ihr eigenes Essen mit. Aufwärmmöglichkeiten, eine Kantine und Kioske sind vorhanden. An den Nachmittagen war ich meistens beim Sport bei den Tromsöhallen. Für mich ging es meist in die Kletter- und Boulderhalle oder in das Fitnesscenter. Alle zwei Wochen fand an der Uni ein Stricktreff statt. Ein Platz ist heiß begehrt und es gibt eine lange Warteliste. Für das volle Norwegenerlebnis war eine Teilnahme für mich ein Muss. Von hohem Freizeitwert ist auch das Loipensystem, das die ganze Insel von Nord nach Süd durchzieht. Je nach Wohnlage kann man so sogar mit den Langlaufskiern zur Uni/Arbeit laufen. Alternativ ist vieles zu Fuß, per Rad oder mit dem exzellent ausgebauten Busnetz zu erreichen. Selbst ohne Auto kann man auch mit den Busverbindungen und einer gewissen Planung großartige Ziele in der Umgebung erreichen. Zu empfehlen sind die Apps skispåret (Langlauftracks mit dem Zeitpunkt der letzten Präparierung), ut.no (Tourenvorschläge und DNT-Hütten), yr (Norwegische Wetter-App), varsom (Lawinenwarn-App), Aurora (Nordlicht-Vorhersage), Troms Biljett und Tur für Tickets und Verbindungen. Die drei Monate in Tromsö haben mir außerordentlich gut gefallen. Ich habe sowohl fachlich in der Chirurgie als auch über die Kultur, Sprache und Landschaft Norwegens viel gelernt. Am meisten habe ich mich am Ende darüber gefreut, dass mich beide Teams herzlich eingeladen haben zurück zu kommen.
Tipps für andere Praktikant:innen
Vorbereitung
Beantragung Visum
Entfällt innerhalb der EU
Praktikumssuche
Webseite der Gast- und Heimatuniversität zu Erasmuspraktika
Wohnungssuche
Samskipnaden
Versicherung
Kostenlose Berufshaftpflicht- und Auslandskrankenversicherung über den Marburger Bund/Hartmannbund
Formalitäten vor Ort
Telefon-/Internetanschluss
Internet im Wohnheim über eduroam, norwegische SIM-Karten gibt es ab 30 NOK zu kaufen, die Freischaltung für Ausländer erfolgt im Telia-Store im Nerstranda Shoppingcenter in der Innenstadt
Bank/Kontoeröffnung
Ohne norwegische Personnummer nicht möglich
Alltag/Freizeit
Viele günstige Sportangebote über die Universität (Kraft Fitnesscenter, TSI Sportgruppen), viele unterschiedliche Student Unions, kostenloser Freizeitausrüstungsverleih bei Turbo neben der Stadtbibliothek, insgesamt viele kostenlose Events über Uni-Newsletter
Ausgehmöglichkeiten
Ausreichend in der Stadt, z.B. Driv oder Storgata Camping, einige Bars