Während der Semesterferien absolvierte ich vom 01.06.2023-31.07.2023 ein Praktikum in der Vertretung des Landes Baden-Württemberg bei der Europäischen Union (EU) in Brüssel. Die Landesvertretung dient als Schnittstelle zwischen landespolitischer und europapolitischer Politik. Zum einen informiert sie die Landesregierung in Stuttgart über wichtige politische Entwicklungen oder Gesetzesinitiativen auf EU-Ebene; zum anderen dient sie als Sprachrohr und Vertretung baden-württembergischer Interessen in Brüssel, um auf bestimmte Entwicklungen Einfluss zu nehmen. Zu diesem Zweck entsendet jedes baden-württembergische Ministerium mindestens eine*n Ressortbeauftragte*n nach Brüssel, der*die die für das Ministerium relevanten Themen verfolgt. Außerdem widmet sich ein breit aufgestelltes Veranstaltungsteam zahlreichen internen sowie externen Veranstaltungen, die in den Räumen der Vertretung stattfinden. Organisatorisch ist die Landesvertretung dem Staatsministerium Baden-Württemberg untergeordnet und gliedert sich in „Referat 64: Allgemeine Verwaltung und Veranstaltungen“ sowie „Referat 65: Europapolitische Interessenvertretung“.
Insgesamt waren während meiner Zeit in Brüssel 12-13 Praktikant*innen beschäftigt, die die 34 festangestellten Mitarbeiter*innen in ihrer Arbeit unterstützten. Thematisch war ich sowohl dem Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration (SM) als auch dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK) zugeteilt, für die ich im Auftrag der beiden Ressortbeauftragten vielfältige Aufgaben wahrnahm.
Zu meiner Arbeit für das SM gehörte die tägliche Zusammenstellung und der Versand einer Presseschau für meine Ressortbeauftragte, in der ich insbesondere relevante tagespolitische Meldungen auf EU-, Bundes- und Landesebene recherchierte und zusammenfasste. Außerdem wirkte ich an der Erstellung des alle zwei Wochen veröffentlichten Newsletters der Landesvertretung („Aktuelles aus Brüssel“) mit. Für die thematischen Bereiche des SM verfasste ich hier prägnante, einfach verständliche Texte über aktuelle politische und legislative Initiativen auf EU-Ebene. Durch diese beiden wiederkehrenden Aufgaben bekam ich einen guten Überblick über das politische Geschehen in der EU und konnte mir gleichzeitig zu bestimmten Themen ein fundiertes und detailreiches Wissen erarbeiten, wie zum Beispiel zur Sicherung von Lieferketten in der Arzneimittelproduktion oder dem EU-Datengesetz. Da meine Ressortbeauftragte mich sehr stark in ihre tägliche Arbeit einband, hatte ich die Chance (und das Glück), sie auf zahlreiche Veranstaltungen begleiten zu können. Dazu zählten zum Beispiel eine halbtägige Konferenz zum Thema „Einsamkeit in der Europäischen Union“ der Europäischen Kommission, Sitzungen der länderübergreifenden Arbeitskreise Soziales und Jugend oder diverse Diskussionsrunden, die beispielsweise in anderen Landesvertretungen veranstaltet wurden. Außerdem durfte ich meine Ressortbeauftragte bei Terminen vertreten, wie zum Beispiel bei einem „Breakfast Roundtable“ im Europäischen Parlament zum Thema „Integrative Onkologie“. Besonders spannend war es, die Debriefings der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der EU über die Tagung des Rates der Europäischen Union zu den Themen Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz mitzuerleben und meine Ressortbeauftragte im Nachhinein über die wichtigsten Punkte zu informieren.
Für das MWK nahm ich ebenfalls an Veranstaltungen teil, zum Beispiel an einem Innovationsgipfel zum Thema „Europas innovative Wettbewerbsfähigkeit – Fähigkeitsprofile für disruptive Technologien“. Die Ressortbeauftragte des MWK unterstütze ich jedoch weniger bei ihrer tagtäglichen Arbeit, sondern hauptsächlich mit einer langfristigen Recherchearbeit zum Thema „Künstliche Intelligenz in der EU: Förderinitiativen und Investitionen“. Da mich das für Baden-Württemberg wichtige Thema Künstliche Intelligenz sehr interessiert, war es toll, viel Freiheit bei der Gestaltung und Schwerpunktlegung der Recherche zu haben. Zudem konnte ich so meine Arbeit für beide Ministerien gut miteinander vereinbaren.
Ein weiteres Highlight meines Praktikums waren die Delegationsreisen des SM und des MWK nach Brüssel. Es ist üblich, dass die jeweiligen Fachministerien einmal im Jahr ihren Mitarbeitenden anbieten, die baden-württembergische Vertretung in Brüssel zu besuchen, um so die Zusammenarbeit zwischen den Ministerien und der Landesvertretung zu stärken und den Mitarbeitenden der Ministerien sowohl die Tätigkeiten der Landesvertretung als auch das politische Europa näherzubringen. Ich unterstütze meine Ressortbeauftragten bei der Vorbereitung und Durchführung der Reisen und konnte die Gruppen bei ihrem dreitägigen Programm in Brüssel begleiten. Dabei hatte ich unter anderem die Chance, mit dem Europäischen Parlament, der Europäischen Kommission und dem Rat der Europäischen Union die wichtigsten EU-Institutionen in Brüssel zu besuchen und an diversen Vorträgen zu sozial-, gesundheits-, migrations- und forschungspolitischen Themen mit spannenden Referent*innen teilzunehmen.
Darüber hinaus halfen alle Praktikant*innen der Landesvertretung mit, die Vertretung in ihren täglichen Arbeitsprozessen zu unterstützen. Dazu gehören das Verfolgen und Protokollieren der mittäglichen Pressekonferenz der Europäischen Kommission für den Leiter der Landesvertretung oder die Beobachtung und Protokollierung von Ausschusssitzungen des Europäischen Parlaments. Auch wenn dies manchmal etwas langatmig werden konnte, war es sehr spannend, tiefe Einblicke in die Arbeit der Europäischen Union und ihrer Organe zu gewinnen. Auch der Praktikant*innen-Einsatz bei diversen Veranstaltungen der Landesvertretung, zum Beispiel bei der Begrüßung der Gäste, hat mir viel Spaß gemacht und mir ermöglicht zu verstehen, wie politische Interessenvertretung funktionieren kann.
Das zweimonatige Praktikum in der Landesvertretung Baden-Württemberg war insgesamt eine großartige Möglichkeit, das politische Brüssel aus einer institutionellen Perspektive auf vielfältige Art und Weise kennenzulernen und sich aktiv bei Themen und Veranstaltungen einzubringen, für die man sich besonders interessiert.
Tipps für andere Praktikant:innen
Vorbereitung
Falls die Kenntnisse nicht schon bereits vorhanden sind, ist es sicher hilfreich, sich (nochmals) mit den Institutionen und Prozessen der EU vertraut zu machen.
Beantragung Visum
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Praktikumssuche
Flexibilität bei der inhaltlichen Zuteilung der Ministerien wird helfen, ein Praktikum bei der Landesvertretung Baden-Württemberg machen zu können. Außerdem würde ich empfehlen, das Praktikum im Frühling/Sommer zu machen – hier gibt es sehr viele Veranstaltungen und Brüssel zeigt sich von seiner schönsten Seite.
Wohnungssuche
Die Landesvertretung unterstützt ihre Praktikant*innen mit einer Wohnungsliste, die sich leicht abtelefonieren lässt. Hauptsächlich vermieten die Kontakte der Liste ein oder mehrere Zimmer in Einfamilienhäusern.
Versicherung
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Sonstiges
Das Praktikum ist das, was man daraus macht. Wenn man nicht das Glück hat, Ressortbeauftragten zugeteilt zu sein, die einen stark einbinden, dann kann man entweder versuchen, aktiv auch auf andere Ministerien zuzugehen oder das politische Brüssel „eigenständiger“ durch verschiedene Veranstaltungen kennenzulernen. Auf jeden Fall nicht entmutigen lassen und sich ggf. mit anderen Praktikant*innen zusammen tun, denen es ähnlich geht.
Formalitäten vor Ort
Telefon-/Internetanschluss
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Bank/Kontoeröffnung
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Sonstiges
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Alltag/Freizeit
Ausgehmöglichkeiten
Gibt es in jedem Viertel, vor allem in Ixelles, Saint Gilles, Etterbeek und im Zentrum.
Sonstiges
Für Studierende lohnt es sich, für 17 Euro (12 Euro + 5 Euro für die Karte) ein ÖPNV-Ticket für die Metropolregion Brüssel zu kaufen. Wichtig hierbei: Passfoto und ausgedruckte Immatrikulationsbescheinigung mitbringen!