In den Laboren der Boston University: Forschen und Leben in Boston

Ich habe meinen 6-monatigen Erasmus+ Aufenthalt in Boston, Massachusetts verbracht. Ich habe mich für Boston entschieden, weil ich Familie habe, die dort wohnt und bei denen ich wohnen konnte.

Zudem war ich im Sommer 2021 schon einmal in Boston gewesen und hatte einen guten Eindruck von der Stadt. Zusätzlich gibt es in Boston sehr viele Universitäten, Institute und Bio-Tech Unternehmen, weswegen ich mir sicher war, dass ich dort ein geeignetes Labor für meine Forschungsprojekte finden würde und dass ich viele neue Leute und Studierende aus verschiedenen Teilen der Welt kennenlernen würde.
Nach vielen Bewerbungen habe ich mich das für das Fuxman Bass Labor entschieden, welches Teil des Fachbereich Biologie der Boston University ist. Das Labor beschäftigt sich viel mit Transkriptionsfaktoren und ihren Einfluss auf die Genregulation. Ich entschied mich für das Labor, da ich im Bereich Genetik schon einige Vorkenntnisse hatte und an dem Forschungsfeld viel Interesse habe. Zudem hatte der Arbeitsgruppenleiter, Juan, bereits ein Projekt im Sinn, welches in sechs Monaten zu bewältigen war. Ein weiterer Indikator, dass ich eine gute Entscheidung getroffen hatte, war für mich, dass Juan meine E- Mails und bürokratischen Anfragen sehr schnell beantwortete.

Wenn ich zurückblicke, bin ich sehr froh darüber, mein eigenes Projekt gehabt zu haben, da ich über die ganzen Methoden und Forschung hinaus sehr viel über Projektplanung und Zeitmanagement gelernt habe. Anfangs war ich mit dem Projekt ein wenig überfordert, da ich in meinen vorherigen Laborerfahrungen immer mit Promovierenden zusammengearbeitet hatte und ich jetzt auf mich allein gestellt war. Es hat sich teilweise angefühlt, als ob ich selbst einen PhD anfange. Da ich plane nach meinem Master meinen Doktortitel zu machen, war es für mich eine sehr wichtige Erfahrung, um für mich zu bestätigen, dass es mir Spaß macht, meine eigene Richtung vorgeben zu können. Mir hat es auch sehr geholfen, dass Juan mir so viel Vertrauen geschenkt hat und meine Meinungen in unseren wöchentlichen one- on-one meetings sehr ernst genommen hat.

Generell habe ich entschieden, dass ich nicht in den USA promovieren will, da man länger braucht und die Arbeitsbedingungen schlechter sind als in vielen Teilen Europas. Die Menschen in meinem Labor haben definitiv längere Arbeitszeiten absolviert, als in den deutschen Laboren, in denen ich war.
Während ich hier war, haben die Promovierenden für bessere Arbeitsbedingungen gestreikt, wodurch ich sehr viel von den Problemen mitbekam, die von Seiten der Promovierenden geäußert wurden. Diese waren zum Beispiel unzureichende Bezahlung, schlechte Krankenversicherung und fehlende Anerkennung von Seiten der Universität. Dieses Wissen hat mich darin bestärkt für meine Promotion in Europa zu bleiben.

An meinem ersten Tag lernte ich alle meine Arbeitskollegen kennen und verstand mich auf Anhieb sehr gut mit ihnen. Das Arbeitsklima ist sehr gut gewesen und ich fühlte mich von Beginn an sehr willkommen. Wenn ich mal nicht weiterwusste, konnte ich mich immer an jemanden wenden. Etwa einem Monat nachdem ich angefangen hatte, traten zwei neue Promovierende dem Labor bei, die aus Italien und der Türkei kamen. Wir verstanden uns sehr schnell sehr gut und wir haben in unserer Freizeit viel zusammen unternommen und haben uns über die Skurrilitäten der USA augetauscht. Generell haben wir als Labor viel zusammen unternommen, von gemeinsamen Game-Nights zu Bowling Abenden. Es gab auch während des Frühjahres jeden Freitag einen „Bio-Brunch“, wo ich auch Menschen aus anderen Laboren kennenlernen konnte. Ich verstand mich sehr gut mit einigen und wir trafen uns eine Zeitlang wöchentlich für einen Trivia Abend in einem nahegelegenen Restaurant. Ich war am Anfang meines Aufenthalts ein wenig nervös, dass ich keine Freunde finden würde, was jedoch überhaupt nicht eintrat.

Ich kann Boston als Stadt auch sehr empfehlen. Es gibt sehr viel interessante Orte in den älteren Teilen der Stadt, durch die man sehr viel über die Unabhängigkeitsgeschichte der USA lernt. Die öffentlichen Verkehrsmittel sind sehr unzuverlässig, aber immerhin gibt es sie und man kann sich auch ohne Auto durch die Stadt bewegen, wenn man ein bisschen Pufferzeit einplant. Ich bin sehr viel Fahrrad gefahren, wobei die Fahrradinfrastruktur an manchen Orten besser ist als an anderen. Man muss definitiv viel mehr aufpassen, denn die Autofahrer sind deutlich unaufmerksamer als ich es aus Berlin gewohnt bin. In der Umgebung von Boston gibt es auch sehr viele kleine Küstenorte mit schönen Stränden, die auch mit dem Zug zu erreichen sind, was im Sommer sehr viel Spaß macht. Zudem kann man mit dem Bus oder dem Zug in etwa vier Stunden in New York sein, was ein sehr gutes Wochenendziel sein kann. Es gibt sehr viele großartige Kunstmuseen und wenn man an Sport interessiert ist, hat man eine breite Auswahl an Boston Teams, zu deren Spielen man gehen kann. Die Stadt ist aber leider schon teuer und Essengehen und Ausgehen ist kostet deutlich mehr als in Deutschland.
Letztlich ist mein Tipp an alle, die noch keinen Führerschein haben, ihren Führerschein hier zu machen. Es ist ein bisschen bürokratisch aufwendig, weil man beispielsweise eine Social Security Number benötigt, aber es lohnt sich. Man kann den Führerschein nicht aus allen Staaten eins zu eins in einen Deutschen umschreiben, aber den aus Massachusetts schon, sofern man länger als sechs Monate hier ist. Wenn man über 18 ist, braucht man keine Fahrstunden nehmen, sondern braucht lediglich jemanden über 21, der einen Führerschein besitzt, der einem Fahren beibringt. Ich hatte glücklicherweise, das Auto meiner Tante zur Verfügung, mit dem ich üben konnte. Insgesamt musste ich für Theorie und Praxis Prüfung 150$ bezahlen. Beide Prüfungen waren auch deutlich einfach zu absolvieren als in Deutschland.
Alles in allem hat mir mein Aufenthalt sehr gefallen und ich habe viele tolle Erfahrungen und Eindrücke gesammelt. Ich kann allen nur sehr ans Herz legen, einen Auslandsaufenthalt zu absolvieren und nicht so viele Bedenken zu haben, ob man Menschen kennenlernt und Freunde findet.


Tipps für andere Praktikant:innen

 

Vorbereitung

Da ich in Boston Familie habe, bei denen ich bleiben konnte, war meine Auswahl auf Boston begrenzt. Da mein Master insgesamt drei drei-monatige benotete Forschungsprojekte beinhaltet, habe ich mir vorgenommen zwei in den USA zu absolvieren. Die meiste Vorbereitung bestand darin, ein geeignetes Labor zu finden.

 

Beantragung Visum

Da ich neben der deutschen auch die kanadische Staatsbürgerschaft besitze, war das Visum für mich mit weniger Papierkram und Gebühren verbunden und ich musste auch nicht zur Botschaft. Ich brauchte aber trotzdem ein DS-2019, ein Formular was das Internationale Studierenden Büro (ISSO) der Boston University ausstellen musste. Das war mit sehr viel Papierkram und Wartezeiten verbunden. Insgesamt war der Prozess aber überschaubar und das ISSO war sehr hilfreich.

 

Praktikumssuche

Ich habe sehr viele Initiativ-Bewerbungen geschrieben an Labore an verschiedenen Universitäten. Das war jedoch kein Problem, da es dort sehr viele verschiedene Universitäten und Einrichtungen gibt. Ich habe wenige Antworten auf meine Bewerbungen bekommen und bin dann auf Quantität statt Qualität umgestiegen und habe sehr viele E-Mails an Pis und Post-Docs verschickt, einfach um zu fragen, ob diese Kapazitäten hätten. So wurde ich zu einigen Bewerbungsgesprächen eingeladen und habe einen passenden Platz gefunden.

 

Wohnungssuche

Ich musste mich glücklicherweise nicht um eine Wohnung kümmern, da ich bei meiner Tante wohnen konnte.

Versicherung

Ich habe mich nach einiger Recherche und Preisvergleichen über den DAAD versichern lassen, da ich wusste, dass diese Versicherung alle Kriterien erfüllte und auch vergleichsweise einfach abzuschließen und kostengünstig war.

 

Formalitäten vor Ort

Telefon-/Internetanschluss

Internet hatte ich bei meiner Tante, ohne mich darum kümmern zu müssen. Ich habe mir für mein Handy eine eSIM von MINT Mobile geholt, da man dort für drei Monate einen Vertrag mit 5 GB Internet für 75$ bekommen konnte und viele andere Verträge, die ich gefunden habe teurer waren und mit längerer Laufzeit verbunden waren.

Bank/Kontoeröffnung

Ich habe ein Bankkonto bei derselben Bank eröffnen können, bei der meine Tante ist. Ich musste keine Bankgebühren bezahlen und habe eine Debit-Kreditkarte bekommen. Um mein Geld auf mein Konto zu überweisen habe ich die Dienstleistung von Atlantic Money in Anspruch genommen, was ich sehr empfehlen kann, da es unkompliziert ist.

 

Ausgehmöglichkeiten

In Boston gibt es sehr viele Ausgehmöglichkeiten, die ich wahrgenommen habe. Es gibt sehr viel gutes Essen aus sehr vielen Kulturen. Vor allem das mexikanische und chinesische Essen, ist mir positiv aufgefallen. Ausgehen ist definitiv deutlich teurer als in Berlin und alle gehen viel früher Essen als in Deutschland.

 

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