Im Rahmen meines Masterstudiums sind drei verschiedene Forschungspraktika von jeweils 12 Wochen vorgesehen. Eines dieser Praktika wollte ich dafür nutzen, um ein anderes Land mit seinen Bewohnern und der zugehörigen Kultur kennenzulernen. Außerdem wollte ich meine Englisch-Kenntnisse verbessern, da gerade in der Forschung Englisch die vorrangige Sprache ist. Deswegen plante ich anfangs einen Aufenthalt in England. Da dieser kurzfristig aufgrund der dortigen Corona-Lage abgesagt wurde, habe ich mich für ein Partnerlabor in Grenoble (Frankreich) entschieden. Anfangs hat es mich sehr abgeschreckt, da mein Französisch nur sehr elementar war. Im Nachhinein bin ich für diese Erfahrung aber sehr dankbar. Ich habe gelernt, dass es gar nicht so schlimm ist, aus seiner Komfortzone herauszukommen und bin so über mich hinausgewachsen.
Zwei Wochen bevor mein Laborpraktikum angefangen hat, bin ich bereits nach Grenoble gereist und habe die Zeit genutzt, mich gemütlich in meiner kleinen Wohnung einzurichten (es sind einige Pflanzen bei mir eingezogen), mir ein Fahrrad zuzulegen und die Gegend zu erkunden. Das hat mir sehr geholfen, mich an die neue Situation zu gewöhnen und mich einzuleben.
An meinem ersten Praktikumstag wurde ich von meiner gesamten Arbeitsgruppe empfangen (sogar ein Mitarbeiter im Urlaub kam vorbei, um mich kennenzulernen) und wir haben gemeinsam einen Kaffee getrunken und mir wurde das Projekt erneut erläutert und die Räumlichkeiten gezeigt.
In meiner Arbeitsgruppe wurde ich super freundlich aufgenommen. Jeder war stark bemüht, dass ich mich auf der Arbeit, aber auch in meinem neuen Zuhause wohl fühlte. Bereits in der ersten Woche wurde ich von einem Arbeitskollegen eingeladen, damit ich seine Familie und typisch französisches Essen kennenlerne. Auch meine Chefin lud mich zu sich nach Hause ein, damit wir in gemütlicher Atmosphäre meine Ergebnisse besprechen konnten.
Der Laboralltag entsprach einem normalen Alltag, wie ich ihn bereits aus anderen Laboren kannte. Ich habe aber viel in Richtung Mikroskopie gelernt.
Über eine Facebook-Gruppe für englischsprachige Personen in Grenoble habe ich mehrere nette Menschen kennengelernt. Leider musste dieser Kontakt durch den Lockdown eingestellt werden. Mit einer Person bin ich aber über die sozialen Medien in Kontakt geblieben.
Ganz besonders gefällt mir das Lebensgefühl hier in Grenoble. Ich habe das Gefühl, dass die Menschen hier sehr stark ihr Leben genießen und die Freizeit gerne mit Freunden in Cafés und Bars verbringen. Besonders gefallen hat mir der Wochenmarkt. Dieser findet jeden Tag der Woche, außer montags, statt und bietet eine riesige Auswahl an frischem Obst, Gemüse, Fleisch, Fisch und natürlich auch Wein und Käse. Außerdem wurde ich überall stets freundlich empfangen. Für mich war es eine absolut neue Erfahrung, beim Betreten eines Supermarktes vom Personal freundlich begrüßt zu werden.
Die Anschaffung eines Fahrrads war eine sehr gute Entscheidung. Der Arbeitsweg ist mir dadurch gleich viel einfacher gefallen. In Grenoble hat fast täglich die Sonne geschienen und der Ausblick auf die Berge ist einfach atemberaubend. Ich werde auf jeden Fall wieder nach Grenoble kommen, um nochmal das Leben, die Menschen und besonders auch die Berge außerhalb der Corona-Pandemie kennenzulernen und meine Arbeitskollegen wiederzutreffen.
Mir hat das Leben allein in einem fremden Land, mit einer mir eher fremden Sprache sehr viel Selbstsicherheit und Selbstbewusstsein beschert. Ich kann jedem empfehlen, sich dieser Herausforderung zu stellen!
Tipps für andere Praktikanten
Vorbereitung
Aufgrund der Corona-Pandemie war es mir nicht möglich mein Praktikum in Frankreich langfristig vorzubereiten. Circa 2 Monate vor dem Start bekam ich die Zusage von meiner Praktikumsstelle und danach musste viel Bürokratisches erledigt werden. Da Praktikanten in Frankreich eine Vergütung bekommen, sollte man sich frühzeitig um alles kümmern, da die finanziellen Mittel beantragt werden müssen und Verträge zwischen dem Institut, Fachbereich, der Forschungsgruppenleiterin und dem Praktikanten geschlossen werden müssen. Auf Nachfrage hat mir meine Arbeitsgruppe verschiedene Paper zu meinem Forschungsthema geschickt. Somit konnte ich mich schon einmal in die Thematik einarbeiten.
Praktikumssuche
Durch den Kontakt mit einem anderen Labor, dass sich auch mit dem Toxoplasma gondii Parasiten beschäftigt, wurde mir der Kontakt zu meiner Praktikumsstelle vermittelt. Nachdem ich mich durch die Abstracts verschiedener Paper der Arbeitsgruppe gelesen hatte und ein Skype-Meeting stattgefunden hat, musste sich „nur“ noch um die Formalitäten gekümmert werden.
Wohnungssuche
Die Wohnungssuche ist mir relativ schwergefallen. Da ich ziemlich kurzfristig (2 Monate vorher) angefangen habe, meine Unterkunft zu suchen, war ein Studentenheim schon ausgebucht. Leider kann ich sonst auch die Studentenheime in Grenoble nicht empfehlen, da diese nicht auf ausländische Praktikanten eingestellt sind. Häufig möchten sie französische Bürgen haben oder man muss über eine externe Firma einen Bürgen „kaufen“. Das heißt, man schickt all seine Kontoauszüge und erwarteten Einkünfte an die Firma und die bürgen für einen. Dafür muss man prozentuelle Anteile von der Miete auch an die Firma zahlen. Anderen Studentenheimen war meine Aufenthaltsdauer zu kurz oder ich zu alt. Fündig bin ich bei einem „Apparthotel“ (Privilodges) geworden. Mir war es sehr wichtig mein eigenes Badezimmer zu haben. Dies bekam ich dort und auch eine kleine eigene Küche. In der Miete waren alle Kosten enthalten (z.B. Strom, Wasser und Internet). Somit musste ich mich glücklicherweise nicht damit beschäftigen.
Versicherung
Im Vorfeld habe ich mich um diverse Versicherungen gekümmert. Bei Unterzeichnung des Mietvertrags musste ich eine Hausratsversicherung vorweisen. Außerdem habe ich eine Auslandskrankenversicherung abgeschlossen, die von meiner regulären Krankenkasse angeboten wurde.
Formalitäten vor Ort
Telefon-/Internetanschluss
Durch das Europäische Roaming-Abkommen, konnte ich weiterhin meinen deutschen Handyvertrag nutzen. Das Internet war bereits in meiner Unterkunft vorhanden und wurde monatlich über die Miete abgerechnet.
Bank/Kontoeröffnung
Da in Frankreich auch mit dem Euro bezahlt wird, gibt es keine Probleme mit dem Geldwechsel. Außerdem ist es üblich, mit der Kreditkarte zu bezahlen, z.B. auch auf dem Wochenmarkt.
Sonstiges
Es lohnt sich auf jeden Fall sich ein Fahrrad anzuschaffen. Dadurch ist man viel mobiler und flexibler. Für die Tage mit schlechtem Wetter empfehle ich eine Monatskarte für die öffentlichen Verkehrsmittel zu kaufen. Die Kosten dafür können teilweise von der Praktikumsstelle übernommen werden.
Alltag/Freizeit
Ausgehmöglichkeiten
Zu Anfang meines Aufenthalts war ein unbeschwertes Ausgehen noch möglich. Dafür hat sich das Viertel „Championnet“ sehr gut geeignet. Dort befinden sich viele kleine Bars und Restaurants. Leider hat sich das durch die Corona-Pandemie nach kurzer Zeit geändert, die Bars und Restaurants wurden geschlossen und es herrschte ein Ausgehverbot.
Sonstiges
Es ist auf jeden Fall sehr wichtig, ein paar Brocken Französisch zu sprechen. Gerade beim Bäcker oder im Restaurant wird erwartet, dass man auf Französisch bestellt. Es ist nicht so schlimm, wenn es nicht ganz fehlerfrei ist. Die Franzosen wissen es aber sehr zu schätzen, wenn man sich die Mühe macht. Ich hatte vier Jahre französisch in der Schule. Da das aber schon einige Jahre her ist, hat mir besonders die Fähigkeit für Small Talk gefehlt. Geholfen hat mir eine Sprachlernapp. Außerdem findet man bei Facebook verschiedene Sprachlerngruppen, die sich locker in der Freizeit im Park oder Café treffen und ein wenig auf Französisch reden und somit die Sprachkenntnisse verbessern.