Am 16.03.2022 konnte die Arbeitsstelle für Provenienzforschung an der Freien Universität Berlin (FU Berlin) ein Exemplar aus der ehemaligen Gemeindebibliothek der Jüdische Gemeinde zu Hannover (JGzH) an die 1945 konstituierte Rechtsnachfolgerin, die Jüdische Gemeinde Hannover K.d.ö.R., restituieren.
Die JGzH wurde im Zuge der Novemberpogrome 1938 liquidiert, ihre Institutionen geplündert und geschändet. Die Neue Synagoge in der Bergstraße brannte in der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November komplett aus. Im Anschluss sprengten die Nationalsozialisten das Gebäude und es wurde abgetragen. Für die dabei entstanden Kosten in Höhe von 26.000 RM musste die Jüdische Gemeinde aufkommen. Auch die Gemeindebibliothek schloss zwangsweise ihre Leseräume und die Bibliotheksbestände wurden von den Nationalsozialisten beschlagnahmt.
Viele Gemeindemitglieder verloren in der Shoah ihr Leben, nachdem sie in die Konzentrationslager deportiert wurden. Im Kreis Hannover errichteten die Nationalsozialisten sieben KZ-Außenlager, die dem KZ Neuengamme unterstellt waren.
Im Jahr 1945 gab es nur noch wenige Überlebende. Die Jüdische Gemeinde Hannover gründete sich neu und wählte Norbert Prager (1891-1965) zu ihrem ersten Vorsitzenden. Durch den Zuzug der Überlebenden und nach der Auflösung der DP Camps wuchs das jüdische Leben in Hannover. 1950/1951 zog die Jüdische Gemeinde in die Ellernstraße um, wo die Gemeindeverwaltung, ein Betsaal und eine Religionsschule untergebracht worden waren.
In Hannover gibt es heute vier jüdische Gemeinden, die in Summe etwa 6.200 Mitglieder zählen. Die Jüdische Gemeinde Hannover K.d.ö.R. ist die Rechtsnachfolgerin der 1938 liquidierten JGzH.
Das im Bestand der FU Berlin identifizierte Buch wurde in Israel im Antiquariat „Benjamin“ am 1. Oktober 1971 erworben. Welchen Weg das Buch während der Zeit des Nationalsozialismus genommen hatte, bleibt unbekannt.
Bewertung: NS-Raubgut
Das Buch in der Datenbank Looted Cultural Assets:
https://db.lootedculturalassets.de/index.php/Detail/objects/269028