Nederlands

Beobachtungen zur niederländischen Sprache

Taxiën

Dass man auf Niederländisch zur Arbeit treinen oder fietsen kann, ist inzwischen keine Neuigkeit mehr. Zur Arbeit zu taxiën käme wohl kaum jemanden in den Sinn. Einerseits aus Kostengründen, andererseits der Grammatik wegen. Mit dem Taxi fahren und taxiën sind eben zwei verschiedene Dinge.

Taxiën kann nur ein Flugzeug, nämlich auf dem Weg zwischen Terminal und Start- oder Landebahn. Ein deutsches Verb mit der entsprechenden engen Bedeutung scheint übrigens im allgemeinen Sprachgebrauch kaum üblich, man würde eher schlichtweg rollen oder fahren sagen.

Aber warum ist taxiën eigentlich kein gebräuchlicher Begriff für „mit dem Taxi fahren“? Bei treinen oder fietsen funktioniert es doch einwandfrei. Der Grund liegt wohl darin, dass taxiën gar keine implizite Transposition ist wie bei den anderen Verben. Hintergrund ist nicht direkt de taxi, sondern das englische Verb to taxi. Auch dieses Verb bedeutet in der Regel gerade nicht „mit dem Taxi fahren“, sondern „das Flugzeug über das Rollfeld bewegen“. Taxiën ist also ein Lehnwort, das schon vorher ein Verb war, nun aber die niederländische Verbmorphologie hinzubekommen hat, inklusive Trema in der Schreibweise.

Auch in der Aussprache hat es sich schon recht klar batavisiert. Bei den Durchsagen von KLM-Piloten hörte ich kürzlich verschiedene Vokale im Spektrum vom völlig niederländischen [a] bis zum englischeren [æ]. Noch interessanter ist, dass dabei auch das [s] in der Affrikate [ks] ziemlich Niederlande-typisch eine Tendenz zum [ʃ] hatte.

Die „Paramaribo“ beim Taxiing in Schiphol. (Alf van Beem, CC-zero)

Die Wortherkunft von taxiën wirkt völlig transparent, ist aber auf den zweiten Blick gar nicht so klar. Das Taxi ist ursprünglich vom Taxameter abgeleitet, das die streckenabhängige Gebühr (lat. taxa) berechnet. Aber wie kommt man von da aus zum englischen taxiway bzw. zum taxiën? Verschiedene Erklärungen werden angeboten: Entweder hat man das Flugzeug selbst als „Taxi“ bezeichnet, oder man erkannte im langsamen Rollen das Verhalten eines Taxifahrers wieder, der auf Kundensuche ist. Vielleicht hängt es auch damit zusammen, dass der Vorgang des Hilfstransports von A nach B die Bedeutung von „Taxi“ vererbt hat.

Mit einem Taxameter hat aber das taxiën glücklicherweise nichts mehr zu tun. Streckenabhängige Gebühren auf dem Rollfeld würden die Passagiere sehr ärgern, wenn ihre Maschine die polderbaan in Schiphol oder die neue Südbahn in Berlin-Schönefeld mit einer Taxizeit von bis zu 20 Minuten benutzen müssen.

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Der Beitrag wurde am Freitag, den 12. Juni 2015 um 09:35 Uhr von Philipp Krämer veröffentlicht und wurde unter Etymologie, Wortschatz abgelegt. Sie können die Kommentare zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. Kommentare und Pings sind derzeit nicht erlaubt.

Eine Reaktion zu “Taxiën”

  1. Olf

    Im Forum wordreference.com stieß ich auf eine recht plausible Erklärung für den Ausdruck „to taxi“ für das Rollen von Flugzeugen. Als dieser Begriff vor rund 100 Jahren aufkam, gab es neben von Pferden gezogenen Droschken auch die ersten Kraftdroschken, aus denen sich das „Taxi“ entwickelte. Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal war, dass das Taxi sich aus eigener Kraft bewegte, während die Droschke gezogen wurde. Auf Flugzeuge übertragen bezeichnet „taxi“ die Bewegung aus eigener Kraft im Gegensatz zum „pushback“ mit Hilfe eines Schleppers oder, vermutlich, früher von Hand oder mit Pferdekraft.