„Auch wenn das für Erwachsene etwas absurd klingt, motivierte das die Kinder, leise an ihren Plätzen zu arbeiten …“

Ein Beitrag von Rahel G.

Es klingelt zur ersten Schulstunde und alle Kinder setzen sich auf ihren Platz und schauen nach vorne zur Lehrerin. Nachdem ein Begrüßungslied zusammen gesungen wurde, soll jede/r Schüler/in an seinen/ihren individuellen Aufgaben arbeiten. Nachdem dieser Arbeitsauftrag von der Lehrerin verkündet wurde, machen sich die Schülerinnen und Schüler an die Arbeit und fangen an, still an ihren Plätzen zu arbeiten. Schnell fällt mit auf, dass der Schüler P. versucht, mit anderen Kindern ins Gespräch zu kommen und sie somit von ihrer Arbeit ablenkt und selbst mit seiner Arbeit nicht einmal angefangen hat.

Nachdem die Lehrerin das bemerkte, forderte sie ihn ruhig und liebevoll auf, dass er bitte an seinen eigenen Aufgaben arbeiten soll und bitte auf seinen Platz sitzen bleiben möge. Nach ca. 10 Minuten stiller Arbeitszeit steht P. jedoch wieder auf und geht zu einem anderen Mitschüler, um ihm wohl etwas mitzuteilen. Der Mitschüler lässt sich in das Gespräch verwickeln und andere Kinder finden Interesse, auch daran teilzunehmen. Schnell entstand eine Unruhe, die die Kinder, die leise arbeiteten, ablenkte. Als die Lehrerin das bemerkte, bat sie mich zu ihr und erklärte mir ein Ritual, das sie manchmal bei solchen Situationen anwandte. Das Ritual bestand lediglich aus einem kleinen Kuscheltierigel, der sich neben einen setzen durfte, wenn man leise an seinem Platz arbeitete. Auch wenn das für Erwachsene etwas absurd klingt, motivierte das die Kinder, leise an ihren Plätzen zu arbeiten, da dies auch eine Ehre bzw. Bestätigung von Seiten der Lehrkraft war, dass sie vorbildlich arbeiten. Meine Aufgabe bestand nun darin, dass ich zu P. gehen sollte und ihn zur Seite nehmen soll, um ihm zu sagen, dass er den Igel bekäme, wenn er nun auf seinen Platz zurückgehe und dort ruhig weiterarbeiten würde. In Windeseile ging er ohne etwas zu sagen zu seinem Platz und arbeitete weiter. Nach wenigen Minuten setzte ich den kleinen Igel neben ihn und ich konnte sehen, wie er vor Freude strahlte. Auch im Verlauf der Stunde bemühte er sich stets konzentriert weiterzuarbeiten. Nach ca. 30 Minuten durfte er dann wiederum eine/n Schüler/in aussuchen, der/die den Igel bekommen sollte. Dadurch, dass die anderen Kinder das auch wussten, herrschte eine angenehme Arbeitsatmosphäre im Klassenraum.

Meine Einsichten

Meiner Meinung nach sind Rituale sehr wichtig für Kinder, da sie ihrem Alltag Struktur verleihen und in diesem Fall auch Motivation und Freude bereiten. Das Ritual mit dem Igel erfordert wenig Aufwand für die Lehrkraft und ist dennoch zielführend. Auch, dass der/die Schüler/in den Igel dann an andere Kinder weitergeben darf, die leise arbeiten, finde ich eine schöne Ausgestaltung des Rituals.

Meine Folgerungen

Seit diesem Praktikum bin ich eine große Befürworterin bezüglich der Einführung von Ritualen. Es verleiht sowohl für die Lehrkraft als auch für die Schülerschaft eine Struktur im Schulalltag und führt zu einem angenehmen Arbeitsklima. Ich persönlich nehme mir als zukünftige Lehrerin vor, dass ich mich mit diesem Thema noch intensiv beschäftigen werde, um später auch schöne, sinnvolle Rituale einführen zu können. Auch, dass die Schülerinnen und Schüler miteinbezogen werden bei der Suche nach Ritualen, fände ich eine schöne Idee.

Meine Anschlussfragen

Ich hatte mich jedoch gefragt, inwiefern es pädagogisch sinnvoll ist, Fehlverhalten zu belohnen?

Auch in Bezug auf die anderen Schülerinnen und Schüler, die sich von Anfang an ruhig und leise verhalten haben: Würden sie das nicht als ungerecht von Seiten der Lehrkraft empfinden, wenn ein/e Schüler/in den Igel bekommt, obwohl er/sie gestört hat?

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