Eigentlich wollte ich ein Auslandssemester an Instituto Superior Tecnico in Lissabon machen. Jedoch ist aufgrund eines Kommunikationsfehlers mit eben dieser Universität meine Bewerbung fehlgeschlagen. Da ich bereits meine Unterkunft und Hinflug gebucht hatte, habe ich mich entschlossen trotzdem nach Lissabon zu fahren und mir ein Praktikum zu suchen.
Meine Unterkunft hatte ich über Erasmus Life Lisboa gebucht. Auf deren Website sah ich dann auch die Möglichkeit ein Praktikum zu absolvieren. Erasmus Life Lisboa ist die zentrale Anlaufstelle für alle Events in Lissabon für Erasmus Studierende und ich habe gehofft, dadurch Teil der Erasmus Bubble zu werden. Nach der Bewerbung hat man erstmal ein sehr kurzes Bewerbungsgespräch mit Placement in Portugal, welche Vermittler für die Praktikumsstellen sind. Während des Prozesses habe ich mich dann für die Stelle als WordPress Entwickler entschieden und hatte dann ein Bewerbungsgespräch mit dem Manger des Housing Departments. Zwei Wochen später habe ich bereits angefangen mit dem Praktikum. Mein Ansprechpartner an der FU Berlin waren sehr hilfsbereit und haben es mir trotz der kurzfristigen Zusage zum Praktikum ermöglicht die Erasmus+ Förderung zu erhalten.
An meinem ersten Arbeitstag habe ich meine Entscheidung für das Praktikum kurzzeitig bereut. Meine Kollegen arbeiteten von 10 bis 18 Uhr, was für mich bedeutete, dass ich auch nicht früher ins Büro gehen konnte, weil das Büro erst ab 10 Uhr geöffnet ist. Im Vergleich zu meinen deutschen Arbeitszeiten ist 10-18 Uhr mitten im Tag und sowohl davor als auch danach hätte man nicht mehr viel vom Tag gehabt. Nach Rücksprache mit meinem Chef hat er mir glücklicherweise den Freiraum gegeben montags und freitags im Home Office zu arbeiten. Außerdem konnte ich vormittags im Home Office bleiben und meine Arbeitszeit war von 8-15 Uhr. Das hat mir ermöglicht an mehr Erasmus Veranstaltungen teilnehmen zu können und das Leben hier richtig zu genießen. Das Department Housing dient als Vermittler von Wohnungen an Erasmus Studierende. Meine Hauptaufgabe war neue Wohnungen auf die Website zu stellen und Informationen zu pflegen. Leider gehörte diese Aufgabe zu den weniger spannenden Aufgaben, weil das weder intellektuell herausfordernd ist noch man dafür tiefe IT-Kenntnisse benötigt. Nichtsdestotrotz habe ich das Buchungssystem auf der Website weiterentwickelt und ermöglicht, dass Benutzer die Sprache auf der Website ändern können. Das Team ist bewusst sehr jung zusammengestellt, sodass die Arbeitsatmosphäre dementsprechend entspannt ist. Mit den Kollegen kann man auch nach der Arbeit ein oder mehrere Bier trinken und Ausflüge unternehmen. Außerdem ist das Event Department in den gleichen Räumlichkeiten, wodurch man ständig von unterschiedlichen Veranstaltungen erfährt, zu denen man hingehen kann.
Ich wohnte in Lissabon in einer 10er WG nahe der Metro Station Arroios. Der Teil der Stadt ist eher eine Wohngegend, in der auch viele Portugiesen wohnen. Letztendlich haben wir zu elft in der Wohnung gewohnt, weil ein Pärchen in einem der Zimmer mit Einzelbett gewohnt hat. Bei so vielen Personen ist es natürlich eine Herausforderung die Wohnung und besonders die Küche sauber zu halten. Auch wenn Reinigungskräfte jeden Montag, Mittwoch und Freitag kommen, haben wir es trotzdem geschafft die Küche schnell sehr unordentlich werden zu lassen, auch weil nicht alle das Abwaschen und Wegräumen von benutztem Geschirr als wichtig empfinden. Bei 11 Leuten ist es erwartbar, dass unterschiedliche Persönlichkeiten aufeinandertreffen und deswegen nicht jeder mit jedem beste Freunde werden. Es hat sich bei uns in zwei Gruppen aufgeteilt. Auch wenn wir uns alle insgesamt gut verstanden haben, vermisst man am Ende des Semesters nicht jeden. Nichtsdestotrotz hatten wir viele gemeinsame Kochabende, Ausflüge und haben zusammen Partys gefeiert. Innerhalb der kleineren Gruppen haben sich tolle Freundschaften gebildet, die den Auslandsaufenthalt zu einem besonderen Ereignis gemacht haben. Als wir die ersten Leute zum Flughafen bringen mussten, weil sie wieder nach Hause gefahren sind, lagen wir uns teilweise mit Tränen in den Armen, weil wir so eine schöne gemeinsame Zeit hatten. Auch wenn sich das so kurz nach dem Auslandsaufenthalt leicht sagen lässt, fühlen sich einige der hier geschlossen Freundschaften, wie Freundschaften fürs Leben an.
Lissabon als Wahl für einen Auslandsaufenthalt war eine fantastische Wahl und hat meine Erwartungen noch übertroffen. Mit der sehr ausgebauten Metro ist man überall sehr schnell und die Züge fahren von Cais do Sodre an sehr vielen Stränden vorbei. Lissabon ist über die letzten Jahre zu einer der Surfhochburgen geworden, auch weil Nazare in der Nähe ist. Es gibt zahlreiche Surfschulen, in denen man als Erasmus Student*in zusätzlich Rabatte bekommt. Auch wenn Lissabon durch die sehr bergige Landschaft, das viele hupen der Autos und die schmalen Fußgängerwege teilweise etwas herausfordernd ist, wächst einem die Stadt sehr ans Herz. Es gibt zahlreiche Plätze und Cafes in denen man mit einem Pastel de Nata als Snack lernen kann und mit den anderen Studierenden Zeit verbringen kann. In Bairro Alto, dem Barviertel Lissabons, gibt es eine Bar namens „Erasmus Corner“ zu der man sich besonders am Anfang des Semesters einfach nur hinstellen muss und nach wenigen Minuten hat man bereits 100 neue Freunde gefunden. Mit 2€ für ein großes Bier + Shot deiner Wahl ist es auch wirtschaftlich sehr empfehlenswert. In Lissabon und im Umland sind so viele Ausflugmöglichkeiten, dass man jedes Wochenende etwas unternehmen kann.