Praktikum in einem Universitätsklinikum in Norwegen

Nachdem ich aufgrund von Corona nicht die Möglichkeit hatte, ein normales Erasmussemester in Norwegen zu absolvieren, war für mich relativ schnell klar, wenigstens einen Teil meines Praktischen Jahres in Norwegen zu verbringen. Bergen war für zu diesem Zeitpunkt definitiv nicht mein Wunschort, nachdem ich auf meiner Rundreise durch Norwegen 2019 das typische Bergenwetter mit ganz viel Regen erfahren hatte. Bergen war jedoch die einzige Universität, die mir zusicherte, mir alle erforderlichen Dokumente für meinen Aufenthalt und die Anerkennung an meiner Heimatuniversität auszustellen. Und direkt vor ab – Bergen hat sich während meines Aufenthalts von seiner besten Seite gezeigt. Von -12 Grad und Schnee über Regen bis zu Sonne und 30 Grad war in meinen knapp 4 Monaten alles dabei. Und auch die Arbeitsbedingungen bestätigten, dass Bergen trotz meinen Vorurteilen über die regenreichste Stadt Europas eine perfekte Wahl für meinen Auslandsaufenthalt waren. Mein Praktikum am Universitätsklinikum in Bergen war Teil meines praktischen Jahres.

Ich habe mein Tertial der Inneren Medizin hier absolviert. Ab dem ersten Tag an wurde ich sofort als Teil des Teams gesehen und habe eine Einarbeitung in alle verwendeten Computerprogramme und den Arbeitsablauf bekommen. Mein Arbeitsalltag begann morgens um 8 Uhr mit einer Frühbesprechung gefolgt von einer weiteren Besprechung aller Patienten auf Station. Besonders beeindruckt hat mich, dass sich jeden morgen die Zeit für eine 15 minütige Fortbildung gefunden hat, an der alle internistischen Abteilung gemeinsam über Teams oder im Hörsaal teilgenommen haben. Im Anschluss ging der Klinikalltag mit Prävisite und Visite beim Patienten weiter. Mit der Zeit konnte ich hier eigene Patientengespräche übernehmen und diese auch selbstständig dokumentieren sowie weitere notwendige Untersuchungen anfordern. Auch die geplanten Patientenaufnahmen habe ich nach einiger Zeit ohne Probleme durchführen können. Auch wenn ich zu Beginn noch Probleme mit der norwegischen Sprache hatte (es gibt einfach viel zu viele verschiedene Dialekte), stellte dies am Ende meines Aufenthaltes keine Probleme mehr da, so dass ich auch in der Notaufnahme unter Aufsicht eigenständig Patienten aufnehmen konnte. Da ich nicht fest in den Dienstplan eingeteilt war, hatte ich die Möglichkeit mir alle verschiedenen Unterabteilungen der Gastroenterologie anzugucken. Neben der Funktionsdiagnostik (Magen- und Darmspiegelungen sowie Ultraschall) konnte ich auch in den Sprechstunden dabei sein oder eben in der Notaufnahme spannende Fälle verfolgen oder eigenständig Patienten untersuchen. Dienstschluss war spätestens um 16 Uhr, wenn man vorher seine Aufgaben erledigt hatte, konnte man aber auch direkt nach der Nachmittagsbesprechung, welche um 15 Uhr begann, den Feierabend einläuten. Überstunden gibt es in Norwegen so gut wie nie. Und auch das Arbeitsklima war ganz anders als in Deutschland. Egal ob Oberarzt, Pflege oder Assistenzarzt, alle sind einem auf Augenhöhe begegnet und haben einem gerne alle Fragen beantwortet oder auch selbstständig medizinische Fragestellungen erklärt. Doch das wichtigste, auch die noch so kleine Unterstützung wurde wertgeschätzt! Eine Wohnung findet ihr entweder über Sammen (Studentenwohnheim, teils deutlich günstiger als ein WG-Zimmer) oder über hybel.no (die norwegische Website für Wohnungssuchen). Ich habe mit einer norwegischen Krankenschwester zusammengewohnt, wodurch sich mein Norwegisch ebenfalls deutlich verbessert hat. Durch unsere unterschiedlichen Schichten hatten wir aber leider nicht die Möglichkeit viel gemeinsam zu unternehmen. Doch dies hat nicht dazu geführt, dass ich mich in meiner Freizeit gelangweilt habe. Dafür gab es nämlich BSI, Sammen Trening und Freundschaften die darüber entstanden sind. Eines meiner schönsten Erlebnisse in Norwegen hatte ich relativ früh nach meiner Ankunft. Mit der BSI hatte ich die Möglichkeit nach Hoddevikka zu fahren um dort bei 4 Grad Außentemperatur, Schneeresten und ganz viel Sonne einen Surfkurs zu absolvieren. Dick eingepackt in Wollunterwäsche, Wollsocken, Neoprenanzug, -handschuhen und -schuhen haben auch die Wassertemperaturen nicht gestört und wir haben gemeinsam die Wellen bezwungen. Das Panorama war einfach atemberaubend und ich kann wirklich jedem empfehlen, diesen Surfkurs mitzunehmen, der einmal pro Semester organisiert wird. Denn neben dem Spaß am Surfen hatte man hier auch die Möglichkeit neue Freundschaften zu knüpfen, mit denen man dann zurück in Bergen die 7 Berge der Stadt erklimmen konnte. So kam es, dass wir gegen Ende des Semesters den Vidden (Hochebene vom Ulriken zum Floyen) über Nacht gelaufen sind. Auch dies war eine einzigartige Erfahrung, denn dunkel wurde es nicht. Die Abenddämmerung ist direkt in die Morgendämmerung übergegangen, sodass wir ca. 5h lang einen rot-orange gefärbten Himmel bewundern konnten. Aber Achtung beim Wandern, es springen gerne kleine Frösche über den Weg, also nicht erschrecken! Doch neben den schönen Wanderungen sollte auch das Schwimmen im Fjord oder Meer nicht zu kurz kommen. Passend dazu wird von Norwegern gerne der Einwegsgrill ausgepackt und Würstchen gegrillt – neben dem Taco-Friday eine typische Essgewohnheit der Norweger. Auch eine Kayaktour durch einen der Fjorde (West-)Norwegens kann ich euch bei schönem Wetter nur empfehlen. Aber eigentlich ist es komplett egal, wo ihr euch in und um Bergen aufhaltet, jeder Ort ist einfach atemberaubend! Wer kein eigenes Auto hat, kann auch gut mit dem Zug, Bus oder sogar den Speed-Fähren einen großen Teil von Norwegens Natur erkunden. Nach meinen knapp 4 Monaten in Norwegen kann euch sagen, mit fehlt Bergen nach weniger als einem Monat zurück in Berlin jetzt schon. Die Menschen wirkten einfach viel entspannter und weniger gestresst. Und auch wenn ich nie ein Wandermensch war und ohne jegliche Wanderausstattung nach Bergen gegangen bin, fehlen mir tatsächlich auch die Berge mit ihrem Ausblick über das Meer. Daher gilt: Norwegen – wir werden uns wieder sehen! Ob zum Arbeiten oder zum Urlaub machen, spielt dabei erstmal keine Rolle.

Tipps für andere Praktikant:innen

Vorbereitung
Sprachkurs an der VHS

Beantragung Visum
nicht notwendig

Praktikumssuche
Per Email bei der Eramuskoordination angefragt
Wohnungssuche
Über hybel.no

Versicherung
Vor Antritt selber abgeschlossen über die deutsche Ärztefinanz bzw. schon gehabt.

Formalitäten vor Ort

Telefon-/Internetanschluss
Handy-Simkarten bei Narvesen günstig zu erwerben, nur für Rabatte in Supermärkten, Zustellung von Paketen notwendig. An sich ist der deutsche Handyvertrag meist auch in Norwegen gültig. Internet meist in Wohnung inkludiert.

Bank/Kontoeröffnung
Nicht erforderlich

Alltag/Freizeit

Ausgehmöglichkeiten
Mehrere Bars in der Innenstadt, aber bedenkt die hohen Preise für Alkohol. Im Supermarkt kein Alkoholverkauf nach 18/20 Uhr
Sonstiges

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