Forschungspraktikum in Leicester

Für mich war schon während des ersten Semesters im Studium klar, dass ich die Zeit nutzen möchte, um eine Auslandserfahrung zu machen. Einerseits, um mein Fachenglisch zu verbessern und praktische Erfahrung zu sammeln. Andererseits, zum Kontakte knüpfen und, seien wir mal ehrlich, Auslandsaufenthalte sind heutzutage in den meisten Bereichen in der Arbeitswelt ein Muss. Daher empfand ich ein Praktikum persönlich sinnvoller, als die vermutlich beliebtere Variante eines Auslandssemesters. Während meines Bachelors in Berlin hatte ich mich bereits für ein finanziertes Programm für Auslandspraktika beworben, Rise weltweit von der DAAD. Ich hatte damals leider nicht das Glück unter den ausgewählten Stipendiatinnen zu sein. Zu der Zeit erfuhr ich von einem Professor, dass es eine weitere Möglichkeit gibt mit einer finanziellen Unterstützung ein Praktikum im Ausland zu absolvieren. Zudem eine Möglichkeit mit offeneren Richtlinien, da man sich nicht wie im DAAD Programm das Praktikum aus einer bestehenden Liste auswählt, sondern sich die Arbeitsstelle frei selbst in Europa sucht. Daher kam ich auf ERASMUS+ für Praktika.
Da mir die freie Suche im Internet nach Plätzen zu willkürlich erschien, fragte ich erstmal bei einer Professorin um Rat für ein geeignetes Praktikum. Mit ihrer Hilfe und Kontakten fand ich eine Stelle in einer Arbeitsgruppe in Leicester, UK. Nach der Zusage begann ich alle benötigten Unterlagen zusammenzusuchen. Dabei war Website der FU hilfreich, aber auch ein Gang ins ERASMUS Büro hat alle Fragen beseitigt. Mit diesem Schritt würde ich sofort beginnen, da sich das Zusammensuchen der Unterschriften für die Unterlagen des ERAMUS Antrags doch recht lange hinzog. Nebenbei begann ich meine Suche nach einer Unterkunft, buchte meine Zugtickets und die Vorfreude begann. (Genaueres dazu steht in den Tipps für andere Praktikanten weiter unten).
Ich fuhr drei Tage vor meines ersten Arbeitstages nach Leicester, um mir schon einmal die Stadt ansehen zu können und mich etwas einzuleben. Die Stadt ist eine typische englische Kleinstadt mit vielen alten sehr schönen viktorianischen Gebäude, Kirchen und Pubs. Ich hatte das Glück direkt am zweiten Tag über Facebook Marketplace einer netten Dame ein Fahrrad, für vergleichsweise wenig Geld, abkaufen zu können. Das habe ich auch tagtäglich gebraucht, da die öffentlichen Verkehrsmittel sehr zu wünschen übriglassen. Das ist leider kein Vergleich mit den Londoner oder Berliner Verhältnissen.
Am Montag begann dann mein erster Arbeitstag, an dem ich vor allem bürokratische Dinge erledigen mussten, wie das Beantragen eines Mitarbeiterausweises und meiner Einloggdaten. Ich fand mich sehr schnell in meine Aufgaben ein, was am guten Arbeitsklima und an meinen offenen und hilfsbereiten Arbeitskollegen lag. Zu beginn war noch nicht ganz klar, welche Aufgaben ich übernehmen werde, jedoch welche Methoden ich erlernen wollte. Die Arbeitsgruppe erforscht Calcium Kanäle im auditorischen Gehirn von Mäusen mit dem Fokus auf Elektrophysiologie, in meinem Fall „whole-cell patch clamping“ und anschließend auch noch ATP-imaging. Da ich mir die Methode sehr schnell aneignete, konnte ich beim Erheben und Auswerten von Daten für das nächste Wissenschaftspaper einer Doktorandin beitragen.
An den Wochenenden hatte ich frei und nutze die Tage, um mir England anzusehen. Leicester hat eine ideale Lage für Tagesausflüge in die nächstgelegenen Städte, aber auch in Leicester selber finden immer wieder interessante Feste statt. So war ich z.B. auf dem Diwali Fest und beim sehr hoch angepriesenem Christmas Light Switch on. Die Stadt selber hat schon vieles zu bieten und über ERASMUS Veranstaltungen der Universität fand ich auch außerhalb der Arbeit Anschluss zu anderen internationalen und einheimischen Studenten.
Die Stadt und das Land kann ich allen nur empfehlen, die mit den Gedanken spielen ein Praktikum in Leicester zu machen.

Das Foto zeigt das Setup, an dem ich hauptsächlich im Labor gearbeitet habe.

Tipps für andere Praktikanten

Vorbereitung
Wenn man mit dem Gedanken spielt, während des Studiums ins Ausland zu wollen, sollte man die Möglichkeit auf jeden Fall nutzen. Selbst wenn man sich unsicher ist, gibt es über das ERASMUS+ Programm auch für Studierende mit Zweifeln und weniger finanziellen Mitteln eine hervorragende Möglichkeit, da man Unterstützung erhält und jeder sich den Ort, die Stelle und vor allem die Länge des Praktikums selbst aussuchen kann. Es gibt allerdings zuvor einiges zu organisieren und besonders mit der Wohnungssuche und der Beantragung der ERASMUS Unterstützung sollte man möglichst sofort beginnen.

Praktikumssuche
Bevor ich anfing wild im Internet zu suchen, fragte ich meine Professorin an der Universität im gewünschten Fachbereich um Tipps und mögliche Praktikumsstellen. Sie suchte mir Arbeitsgruppen in Forschungsbereichen heraus, mit denen sie schon einmal gearbeitet hatte und die auf mein Interessengebiet zutrafen. Daraufhin nannte sie mir drei verschiedene Professoren verteilt in Europa, an die ich meine Bewerbungen schickte und das Glück einer Zusage hatte.

Wohnungssuche
Die Wohnungssuche erwies sich zu Beginn als eher schwer, da die meisten Unterkünfte, die ich fand für Langzeitaufenthalte bzw. für Studierende ausgeschrieben waren, die mindestens ein gesamtes Semester in der Stadt blieben. Allerdings gibt es von der Universität von Leicester Unterkünfte für nicht immatrikulierten Praktikanten oder Mitarbeitern auf dem Campus. Diese sind preislich recht hoch angesetzt, weshalb ich eine Suche über Airbnb, worüber ich eine schöne Unterkunft fand, oder privat über Facebook empfehlen kann.

Versicherung
Versichert habe ich mich über den ADAC Auslandskrankenschutz. Eine Langzeitauslandskrankenversicherung, die genau für meine drei Monate in England lief. Man muss mit einer Selbstbeteiligung von 50€ rechnen, allerdings ist sie vergleichsweise günstiger als andere Versicherungen zu dem Zeitpunkt.

Formalitäten vor Ort
Telefon-/Internetanschluss
Ich konnte meinen Mobilen Handyvertrag von Zuhause ohne Probleme weiter nutzen, da ich innerhalb der EU blieb, begrenzt auf drei Monate.

Bank/Kontoeröffnung
Ich hatte bereits zuvor ein Bankkonto bei der DKB. Hier kann man als Aktivkunde mit der Kreditkarte weltweit kostenlos Geld abheben und bezahlen.

Alltag/Freizeit
Ausgehmöglichkeiten
Ich wohnte in der Nähe des Stadtzentrums, hatte daher gute Anbindungen zum Stadtgeschehen. Mein Mitbewohner der Airbnb Wohnung, zeigte mir zudem vieles in der Innenstadt und gab mir Tipps für Ausgehmöglichkeiten. Zudem hilft es immer, auf ausgeschriebene Events der Universität oder des Arbeitsplatzes zu gehen und über Facebook Veranstaltungen fand ich auch viele lokale Events.

Sonstiges
Außerdem kaufte ich mir am zweiten Tag nach meiner Anreise ein Fahrrad über Facebook Marketplace, um weiterhin mobil zu sein, da die Öffentlichen Verkehrsmittel in Leicester nicht die hervorragendsten sind.

Bildquelle: privat

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